Reisetagebücher

Bernd Runde

1990 - Bei einer Tour im Mietwagen durch den Südosten Australiens folgen wir der Küste von NSW, Victoria und Südaustralien und besuchen die Hauptstädte Sydney, Melbourne und Adelaide. Zum zweiten Teil der Reise fliegen wir weiter nach Neuseeland.

Beginnend in Sydney umrunden wir im Pkw den Südosten des 'Roten Kontinent' küstennah von Sydney in New South Wales (NSW) über Victorias Hauptstadt Melbourne bis nach Adelaide in Süd-Australien. Anschließend fliegen wir weiter nach Neuseeland.


[Alle Fotos haben GEO-Daten]

Drei-Länder-Tour im Südosten Australiens

Zwanglos und ungeplant wollen wir unseren zweiten Australienaufenthalt in Angriff nehmen. Wir werden der süd-östlichen Küste folgen und die drei Hauptstädte Sydney, Melbourne und Adelaide besuchen. In Sydney ist ein Opernbesuch geplant. Mit zwei Ehepaaren hatten wir auf unsere 1986er-Tour besonderen Kontakt gepflegt, deren Besuch in Newcastle bzw. Adelaide ist auch vorgesehen. Zum Abschluss dieser Reise, wer weiß, wann wir wieder ans andere Ende der Welt kommen, werden wir auch Neuseeland einen Besuch abstatten.


Im Linksverkehr durch New South Wales, Victoria und Süd-Australien

01.11.1990 Donnerstag Reisetag Auf dem Flugticket steht: LH 796, von Frankfurt nach Sydney, Abflug 13:40 Uhr. Die Anfahrt zum Flughafen verläuft reibungslos, und überpünktlich sind wir an der Gepäckabfertigung. Mit einer Stunde Verspätung starten wir zu unserem zweiten Aufenthalt auf dem fünften Kontinent. Die Platzreservierung hat ausgezeichnet geklappt. Wir sitzen in der letzten Reihe, dadurch haben wir sehr viel Platz für Handgepäck und Beine, denn diese Reihe hat nur 2 Sitze. Als störend stellt sich allerdings hier hinten bald der viele Betrieb der im Gang stehenden Raucher (bei der Lufthansa geduldet) und die Warteschlange vor der Toilette heraus. Über Indien wird der Flug sehr unruhig. Wir durchfliegen eine gewaltige Gewitterzone. Beim Zwischenaufenthalt in Bangkok herrscht drückende Schwüle. Eine Stunde reicht auch gerade für einen kleinen Bummel durchs Flughafengebäude, um wenigstens den Kreislauf wieder etwas in Schwung zu bringen. Übernachtung im Flugzeug

Wir überfliegen den Mount Connor im Zentrum Australiens Wir überfliegen den Mount Connor im Zentrum Australiens © 1990-2016 Bernd Runde

02.11.1990 Freitag Reisetag Rote Inseln im tiefblauen Meer unter uns kündigen das nahe Festland an. Wir haben Australien erreicht. Einige Stunden lang überfliegen wir eintöniges und lebensfeindlich wirkendes rotes Wüstenland. Optische Abwechslung schaffen nur die weißen Flecken ausgetrockneter Salzseen, die tiefen Einschnitte zur Zeit ausgetrockneter Flüsse und weite Gebiete sandigen Schwemmlandes. Erst gegen Ende der Reise schimmert es etwas grün zu uns herauf. Nach über 18 Stunden Flug landen wir in Sydney. Es ist 20:00 Uhr Ortszeit, denn inzwischen wurden die Uhren um 10 Stunden vorgestellt. Mit dem Taxi geht’s direkt zum Hotel. Bei einem kleinen Abendbummel im Hydepark, nicht weit von unserem Hotel entfernt, vertreten wir uns die Beine und genießen die laue Abendluft. Übernachtung im Cambridge Inn

Reisedaten ‘An der Ost-Küste südwärts von Sydney bis Adelaide’

Von Sydney an New South Wales Küste südwärts (7 Tage)

03.11.1990 Sonnabend Sydney Extra viel Zeit haben wir diesmal für Sydney eingeplant, um diese Stadt, die uns schon bei unserem ersten Besuch so gereizt und fasziniert hat, etwas ausführlicher kennenzulernen. Kennenlernen heißt aber auch, genauer hinschauen und mittendrin sein, und so ziehen wir heute zu Fuß los.

Darling Harbour im neuen Glanz Darling Harbour im neuen Glanz © 1990-2016 Bernd Runde

Viel hat sich verändert seit unserem letzten Besuch. Die 200-Jahrfeier hat ihre positiven Spuren hinterlassen. Zunächst geht es durch die Liverpool Street zum Darling Harbour. Aus Glas und Stahl ist hier ein überdachtes Einkaufs- und Restaurant-Zentrum entstanden, in dem sich gemütlich bummeln lässt. Es ist schwierig, in Australien überhaupt Hektik zu verspüren, aber die morgendliche Ruhe in diesem Komplex verbreitet eine besonders anheimelnde Atmosphäre. Es ist so angenehm hier, dass wir uns, nach einem Bummel durch Geschäfte und Passagen, zu einem zweiten Frühstück entschließen.

Eine Einschienenbahn erschließt die City Eine Einschienenbahn erschließt die City © 1990-2016 Bernd Runde

Zurück in die Innenstadt folgen wir der Streckenführung der Einschienenbahn, auch sie eine Neuerung aus dem vorigen Jahr. Das Victoria-Building mit seiner imposanten alten Fassade hat es uns angetan. In diesem historischen, sehr gut restaurierten Gebäude sind alle Arten von Geschäften in einer angenehmen Atmosphäre vereint. Auf der Suche nach der Mall stoßen wir dann in der Martin Street auf ein gut frequentiertes Restaurant mit Sitzplätzen im Freien unter bunten Sonnenschirmen. Ein zünftiges Pie zum Lunch unter freiem Himmel, und der anschließende Bummel in der Ruhe des Botanischen Gartens geben wieder neue Kräfte.

Altes Gebäude schick hergerichtet - Das Victoria Building Altes Gebäude schick hergerichtet - Das Victoria Building © 1990-2016 Bernd Runde

Etwas von der besonderen Atmosphäre Sydneys spüren wir immer hier in der Natur des Botanischen Gartens. Ruhe und Gelassenheit, die Nähe des Wassers, die nur gedämpft aus der Ferne herein dringenden Großstadtgeräusche, das alles übt auf uns eine magische Anziehungskraft aus. Irgendwann bin ich dann sogar im Sitzen auf einer Parkbank eingenickt.

Vorbei an der Oper, die noch nichts von ihrer Anziehungskraft verloren hat, wandern wir in das Altstadtviertel ‘The Rocks’. Rund um den Hafen herrscht immer rege Betriebsamkeit, gehen doch von hier auch die Fähren in all die über das Wasser zu erreichenden Stadtteile. Im Zentrum einer Menschentraube verschleudert ein Gammelbruder die teuersten französischen Parfums. Quer durch die City führt unser Weg dann zurück zum Hotel.

Schriftlich hatten wir für heute abend Opernkarten bestellt. Dieses Gebäude mit seiner exponierten Lage direkt am Wasser verlangt einfach danach, es auch einmal von innen wahrgenommen zu haben.

Als wir mit dem Taxi an der Oper ankommen, hält Australien seine erste große Überraschung für uns bereit: Regen. Durch die vielen Dächer und Vorsprünge erreichen wir aber doch recht trocken das Restaurant auf der dem Wasser zugewandten Seite des Gebäudes. Auch das Dinner war von uns, zusammen mit den Opernkarten, als Arrangement aus Deutschland vorbestellt. Die kühle sachliche Atmosphäre des Restaurants passt zwar zum Stil des ganzen Gebäudekomplexes, aber nicht so recht zu unserer Vorstellung über das Fluidum einer Oper. Nach dem Essen geleitet uns unsere Bedienung durch die Katakomben des Opernhauses zum Künstlerlift. Das Ballett ‘King Roger’ steht auf dem Programm. Es ist schon ein besonderes Erlebnis, in diesem herrlichen Bau an der Premiere einer Ballettinszenierung teilzunehmen. Den Abend beschließen wir bei einem Schoppen Rotwein in der gemütlichen Hausbar unseres Hotels. Es ist Mitternacht, als wir ins Bett gehen. Anpassungsschwierigkeiten? Noch ist nichts zu spüren. Übernachtung im Cambridge Inn

04.11.1990 Sonntag Sydney Nach Abschätzung auf dem Stadtplan dürfte es keine Strapaze werden, zu Fuß nach Paddington zu gehen. Die stadtauswärts führende Oxford Street ist allein schon wegen ihrer zum Teil recht alten Bebauung einen Spaziergang wert, rechtfertigen wir nachträglich den Entschluss, zu Fuß gegangen zu sein. Viele alte Häuser mit ihren Kolonnaden, Vordächern und aufgesetzten Giebelwänden schaffen eine besondere und vertrauliche Atmosphäre. Die alten verwitterten Inschriften und Schilder tun ein Übriges, um alte Zeiten lebendig werden zu lassen.

Alt und Neu harmonisch vereint Alt und Neu harmonisch vereint © 1990-2016 Bernd Runde

In Paddington scheint die Zeit seit der Kolonialisierung wirklich stehengeblieben zu sein. Alte Bürgerhäuser reihen sich dicht gedrängt aneinander, verziert mit herrlichen Vordächern und eisernen Balkonbrüstungen, an denen blühende Pflanzen empor ranken und damit die farbenfrohen Hausanstriche noch betonen.

Schick renoviert Schick renoviert © 1990-2016 Bernd Runde

Zurück führt uns die Verlängerung der Oxford Street direkt in die Stadtmitte. Das Verlangen nach Kaffee und Kuchen treibt uns noch einmal ‘downtown’. Die Saint Andrews Kathedrale, eine der ältesten Kirchen Australiens, fasziniert uns mit ihren einmaligen Glasfenstern und einem geschnitzten Altarbild. In einer Ecke des Altars der reservierte Stuhl für die englische Königin, geschmückt mit den königlichen Insignien ‘ER II’.

Vorbei an der eingerüsteten Townhall landen wir wieder im Victoria Building, wo uns eine Cafeteria Erfüllung unserer Wünsche verspricht. Kuchen scheinen die Australier auch zu mögen, denn die Größe der Tortenstücke lässt darauf schließen. Der Zufall spielt mit, dass wir beim Weiterschlendern dann plötzlich in der Pitt Street Mall, der großen Fußgängerzone landen, die wir gestern vergeblich gesucht haben, obwohl wir immer drumherum gelaufen sind. Die weihnachtliche Dekoration der Schaufenster und Fassaden und dazwischen sommerlich gekleidete Menschen, verstärken in einer angenehmen Weise den Eindruck, in der Fremde zu sein.

Von hier ist es nur ein Katzensprung, um in den Kakteengarten, einen separaten Teil des Botanischen Gartens, zu gelangen, wo wir den hereinbrechenden Abend genießen.

Im ‘Imperial Peking’ den Tag ausklingen zu lassen, ist für uns Höhepunkt und Abschluss eines Tages in Sydney. Dieses China-Restaurant mit seinen vorzüglich zubereiteten Meeresfrüchten ist unübertroffen. Auch diesmal ist das Dinner wieder hervorragend. Unbeschreiblich die Stimmung, hier weit weg von Alltag und Stress zu sitzen, zu plaudern und den nächsten Tag zu planen. Nach einem Bummel um den Circular Quai, im Wasser des Hafens spiegeln sich die Lichter der nächtlichen City, lassen wir uns im Taxi durch die hell erleuchtete Stadt ins Hotel zurückfahren. Übernachtung im Cambridge Inn

Sydney-Oper bei Nacht Sydney-Oper bei Nacht © 1990-2016 Bernd Runde

05.11.1990 Montag Sydney - Newcastle (200 km) Um 09:00 Uhr, wir können es gar nicht erwarten, sind wir bei Budget, um den bestellten Pkw abzuholen (unbegrenzte km, keine Selbstbeteiligung). Meine Frau lässt sich auch als Fahrer eintragen. Schon um 09:30 Uhr ist das Gepäck am Hotel verstaut, und wir sind mit einem japanischen Auto mit Rechtssteuerung und Automatik im Linksverkehr von Sydney in Richtung Norden unterwegs.

Was könnte besser sein, als im Getümmel einer Großstadt den Linksverkehr zu üben. Überraschenderweise gibt es überhaupt keine Probleme mit dem fremden Pkw, nur heißt es zunächst volle Konzentration auf Verkehr und Auto. Wir schwimmen im dichten Verkehr mit, Straßen-Nr. und Ortsnamen zur Ausfallstraße nach Norden hatten wir uns vorher gut eingeprägt, und auf den Schnellstraßen ist es eigentlich nur noch das Überholen, das bewusstes Handeln erfordert. Dass beim Blinken immer der Scheibenwischer anspringt, ist zwar störend, aber auch eine ständige Erinnerung, dass noch nicht alles perfekt klappt.

Bei unserem gestrigen Telefonat mit unseren Bekannten hatten wir versprochen, zügig nach Newcastle zu fahren. Es bleibt also wenig Zeit, etwas Besonderes zum Lunch zu suchen, und so steuern wir den erstbesten ‘take-away’-Schnellimbiss direkt neben der Schnellstraße an. Im Auto eine problemlose Mahlzeit: fish’n ships.

Nach 200 Kilometern Fahrt ohne Zwischenfälle, nur die richtige Ausfahrt haben wir nicht auf Anhieb erwischt, erreichen wir um 12:40 Uhr Newcastle-Kotara. Kotara ist eine ruhige Vorstadtsiedlung im Grünen. Groß ist die Wiedersehensfreude. Es gibt viel zu erzählen. Unsere Bekannte hat sich nach einem schweren Verkehrsunfall sehr gut erholt und versucht schon, zumindest im Haus, einige Schritte ohne Stock zu gehen. Nachmittags zeigen uns die Beiden Newcastle und seine Umgebung. Abends sind wir zu einem festlichen Dinner im ‘Western Suburbs Leagues Club’ eingeladen. Natürlich müssen wir vorher unsere Clubmitgliedschaft beantragen, als ‘vorübergehendes Mitglied’. Es ist eine herzliche Atmosphäre. Wir fühlen uns wie bei alten Freunden. Übernachtung bei unseren Freunden

06.11.1990 Dienstag Newcastle Nach einem verplauderten Morgen, wir haben uns schnell wieder ans ‘australische Englisch’ gewöhnt, brechen wir mittags zu einer Fahrt ins Hunter Valley auf. Direkt vor dem Weingut ‘Whynham Estate’, inmitten gepflegter Weinfelder, befindet sich ein kleiner Picknickplatz. Wir beschließen, zunächst zu lunchen, um dann mit gefülltem Magen die Weinprobe besser durchstehen zu können.

Langsam ‘proben’ wir uns durch die verschiedenen Weinsorten. Leider wird es wegen unserer langen Flugreise nicht möglich sein, groß einzukaufen. Jack meint allerdings auch so ganz beiläufig: ‘Hier probiert man sowieso nur, gekauft wird im Supermarkt. Dort kostet der Wein nur die Hälfte’. Mitten in der Weinprobe bittet der Verkäufer uns, in Ruhe ohne ihn weiter zu machen, wenn wir noch mögen, er müsse jetzt für einige Minuten weg. Natürlich wissen wir inzwischen warum.

Es ist 14:45 Uhr, und in Melbourne startet das Hauptrennen des Melbourne Cup. Für die nächsten 5 Minuten ruht in ganz Australien die Arbeit. Für dieses Pferderennen gibt jeder Australier irgendwo seine Wette ab und hofft, je nach Einsatz, danach etwas reicher zu sein. Da wir ja noch weiter wollen, brechen wir ab und gehen kurz mit hinaus, wo in einer Weinlaube der Fernseher läuft. Nach dem Einlauf für das Hauptrennen breitet sich auf vielen Gesichtern tiefe Enttäuschung aus.

Unser nächstes Ziel heißt Pokolbin. Den ‘Hungerford Hill’ hatte ich schon beim Dinner in Sydney probiert. Das ist genau meine Geschmacksrichtung. Dieser Eindruck bleibt auch, obwohl mich der Weinbauer von diversen anderen Sorten überzeugen will. Da ist nur noch ein Wein, der mich überzeugen kann: Roter aus Coonawara! Leider liegt das nicht auf unserer Strecke.

Über verschiedene kleine Dörfer und Städtchen fahren wir zurück. Zuhause angekommen, spielt Jack die Videoaufnahme des Melbourne-Cup ab, nicht ohne vorher jedem ein Los mit vorgedruckten Einlaufziffern auszuhändigen. Wetten muss hier jeder, Melbourne Cup heißt gleichzeitig Wettfieber. Die auf unseren Losen vorgedruckten Einläufe sind leider nicht die richtigen, und so wird nichts daraus, unsere Reisekasse um 3.000 oder doch wenigstens 50 A$ aufzubessern.

Direkt am Strand von Newcastle liegt das typische Fischrestaurant ‘Clams Café’, dorthin haben uns unsere Gastgeber für den Abend eingeladen. Den passenden Wein hatte Jack aus seinen Vorräten ausgesucht, denn ‘Clams Cafe’ ist ein BYO-Restaurant (BYO: bring your own). Es gibt vorzüglichen Fisch in einer anheimelnden Atmosphäre. Übernachtung bei unseren Freunden

07.11.1990 Mittwoch Newcastle - Nowra (360 km) Station in: Stanwell Park, Mt. Keira, Minnamura, Kiama Heute heißt es Abschied nehmen. Mit vielen guten Ratschlägen ausgestattet, und mit dem Versprechen, ‘See you again in Germany’, verlassen wir unsere australischen Freunde, die uns zwei wunderbare Tage bereitet haben.

Noch einmal müssen wir durch Sydney. Da wir möglichst viele unterschiedliche Eindrücke sammeln wollen, nehmen wir den Weg im Westen um die Stadt herum. Fürchterliche Geräusche im Auto lassen Schlimmes erwarten, als wir gerade das Weichbild der Stadt in Richtung Süden bei Liverpool passieren. Dreimal halte ich an, ohne etwas zu finden, bis mir aufgeht, dass das Geräusch auch noch da ist, wenn der Wagen steht. Jetzt klärt sich zu unserer Erleichterung alles auf. Es sind nur die singenden Hochspannungsleitungen, die bei uns Panik ausgelöst haben. Ein Geräusch, das ich in Deutschland zuletzt vor Jahrzehnten gehört habe.

Wir fahren über Parramatta und Liverpool. Als wir von der Schnellstraße das erstemal freien Blick auf die Küste unter uns haben, lockt es uns ans Wasser. Erste Station ist Stanwell Park. An einer einsamen Bucht machen wir Rast. Die Suche nach einem Restaurant ist allerdings ergebnislos. Wer hier wohnt oder hierher kommt, der ist Selbstversorger. Am Mount Keira Hill mit Blick auf Wollongong finden wir dann, was wir suchen. Hier legen wir unsere erste Lunchpause ein. Zwei alte Damen bewirtschaften ein Ausflugslokal auf dem Hügel.

Bei einem Spaziergang in Minnamura beobachten wir einen einsamen Pelikan, wie er sich mit wenigen Flügelschlägen aus dem klaren Wasser in die Lüfte erhebt. Die steife Brise von Osten nutzen die Surfer, um mit rasantem Tempo eine kleine Bucht in eine Rennstrecke zu verwandeln. Wir lassen uns den Wind um die Nase blasen und wandern bis in die Dünen an einem breiten Sandstrand. Es ist nicht Saison, und so haben wir überall das Gefühl der unendlichen Einsamkeit. Sicher wird hier, noch im Einflussbereich von Sydney, im Sommer mehr los sein.

Auf dem Lande - das sind Briefkästen Auf dem Lande - das sind Briefkästen © 1990-2016 Bernd Runde

Der Wind bläst zwar recht kräftig, aber wohl nicht genug, um im Zusammenspiel mit dem richtigen Wasserstand die Attraktion von Kiama zu aktivieren. Das im Stadtprospekt versprochene Ereignis des wasserspeienden Küstenfelsens (Blowhole) findet zur Zeit nicht statt.

In Nowra kommen wir um 17:30 Uhr an, machen einen kleinen Stadtbummel und beschließen, am nächsten Morgen noch ein paar Einkäufe in der Stadt zu erledigen. Jack hatte uns die Empfehlung mitgegeben, überall wo wir in New South Wales einkehren, einem Club beizutreten. Die Clubmitgliedschaft kostet nichts, ist vorübergehend durch Eintragung in das Mitgliederverzeichnis zu erwerben und berechtigt zum Betreten des dem Club angeschlossenen lizenzierten Restaurants. Der dem Hotel gegenüberliegende Club hat heute aber eine geschlossene Gesellschaft. Das Restaurant ist belegt. Diese Clubmitgliedschaft im ‘Bomaderry Leagues Club’ nutzen wir also nicht aus und verzichten auf das Clubessen in der uns alternativ angebotenen Spielhalle.

Lieber gehen wir noch einmal in die Stadt zurück. Dort hatten wir beim ersten Spaziergang einen Chinesen entdeckt. Diese Wahl brauchen wir nicht zu bereuen. Es gibt Meeresfrüchte mit den pikantesten Soßen und Beilagen. Und wieder wird es spät, ehe wir zum Hotel zurückgehen. Übernachtung im Hotel Pleasant Way Motor Inn

08.11.1990 Donnerstag Nowra - Eden (400 km) Station in: Callala Bay, Huskisson, Jervey’s Bay, Vincentia, Pebbly Beach Frühstück haben wir uns aufs Zimmer bestellt. Um 08:00 Uhr geht neben der Zimmer-Eingangstür eine Klappe auf, und unser Frühstück wird in die Küche geschoben. Praktisch, praktisch. Der Tag kann beginnen. Das Hotel liegt direkt am Fluss. Während der morgendlichen Abrechnung plauschen wir noch etwas mit dem Hotelier, der sich anbietet, telefonisch ein Hotelzimmer in Eden, unserer nächsten Station, zu reservieren. Er empfiehlt uns auch einen Spaziergang auf dem ‘Ben Walk’.

So wandern wir dann 1,5 Stunden lang durch eine herrlichen Landschaft, zum Teil auf Steilklippen über dem Fluss und entlang dem Lauf eines kleinen Nebenflusses, begleitet von ungezählten uns fremden Vogelstimmen.

Bevor wir Nowra verlassen, geht’s noch einmal in die City zum Shopping (Freizeithemd). Unsere Tagestour führt uns zunächst nach Callala Bay. Die flache Landschaft im trockengelegten Schwemmland erinnert sehr an die Camargue. Einsamkeit, Einsamkeit. Die Callala Bay gehört uns allein. Weiter Sandstrand und kristallklares Wasser bei strahlendem Sonnenschein, wir sind drauf und dran, schon hier einen weiteren Tag Pause einzulegen. Die Ruhe dieser Zeit außerhalb der Saison hat aber auch ihre Nachteile. In Huskisson finden wir schon wieder keine Möglichkeit, unserer Stimmung entsprechend gemütlich zu essen. So gibt’s schon wieder Fish’n ships-Lunch aus der Tüte, allerdings in schöner Umgebung direkt am Hafen. Es ist frisch und schmeckt vorzüglich. Die Möwen müssen das auch wissen. Sie geben erst Ruhe, als wir die Papiertüten im Mülleimer versenken.

Wir kommen gar nicht voran, dabei sollte die heutige Etappe nur der Einstimmung dienen. Unsere Route führt von einem kleinen Küstenort zum nächsten. Wo immer auf der Landkarte ein Strand oder eine Bucht verzeichnet ist, stoßen wir zur Küste vor. Vincentia und Jervey’s Bay sind die nächsten Stationen. Auf einer Klippe mit wunderbarer Aussicht auf die Bucht und die auf den Strand auflaufenden Wellen lassen wir uns erneut viel Zeit, wandern durch den Wald und beobachten und photographieren Kookaburras [deutsch ‘Jägerliest, Lachender Hans - lat. Dacelo novaeguineae].

Angestrengt halte ich Ausschau nach einem bestimmten Wegweiser. Irgendwo auf der Strecke soll links ein kleiner Weg abzweigen. Auf meiner Karte ist nichts verzeichnet, und den Namen der Bucht, die ich ansteuern will, habe ich inzwischen auch vergessen. Ein kleines unscheinbares Holzschild mit verwitterter Schrift ‘Pebbly Beach’ weist auf einen unbefestigten Waldweg. Das muss es sein, wonach ich suche. Durch dichten Eukalyptuswald in allen Vegetationsstufen mit noch dichterem Unterholz und undurchdringlich scheinenden Farnen führt der Weg in Richtung Küste.

Friedvolle Einsamkeit abseits der Straße Friedvolle Einsamkeit abseits der Straße © 1990-2016 Bernd Runde

Als sich der Wald lichtet und den Blick auf das Meer freigibt, wissen wir, dass sich dieser Abstecher gelohnt hat. Allein die Landschaft und die Einsamkeit dieses Küstenabschnitts sind ein Genuss. Auf der Lichtung - direkt vor dem Strand - äsen Kängurus. Zutraulich lassen sie sich ganz aus der Nähe beobachten. Wir können uns kaum wieder trennen.

Ab 18:00 Uhr, wir passieren gerade Namoora am südlichsten Ende von New South Wales, fängt es an zu regnen. Hoffentlich ist das nicht die übliche Begrüßung für Besucher in Victoria. Als wir in der Dunkelheit Merimbula passieren, haben wir den Eindruck, etwas ganz Tolles zu verpassen. Die ganze Stadt erstrahlt in hellstem Licht, über den Straßen Lichterketten, überall blinken die Neonreklamen, und wir haben das Gefühl, dass hier im Bereich der Grenze zwischen New South Wales und Victoria etwas ganz Besonderes los sein muss. Da wir in Eden das Hotel vorbestellt haben und der Abend schon fortgeschritten ist, beschließen wir, am nächsten Morgen zurückzufahren. Ankunft 20:00 Uhr im Hotel in Eden. Es sind nur wenige Gäste im Restaurant, als wir dort in uriger Umgebung mit einem wunderbaren Fischgericht den Tag beschließen. Übernachtung im Coachman’s Rest Motor Inn

Victorias Küste bis Apollo Bay und das Wanderparadies ‘The Grampians’ (7 Tage)

09.11.1990 Freitag (wir passieren wir die Grenze nach Victoria) Eden - Lakes Entrance (391 km) Station in: Mallacoota, Cap Conran, Marlo, Orbost Die wenigen Kilometer zurück nach Merimbulla sind doch vergebens. Der abendliche Glanz hat getäuscht. Es ist eine australische Kleinstadt, wie viele andere auch. Es fängt schon wieder an zu regnen, und so beschließen wir weiterzufahren.

Auch als wir an der Küste bei Mallacoota den südöstlichsten Zipfel von Australien erreichen, regnet es immer noch. Es ist grau und trüb, und nach Besserung sieht es auch nicht aus. Gerade hier, in der phantastischen Wildnis, könnte man sich stunden-, wenn nicht tagelang aufhalten. Die Prospekte vom örtlichen Informations-Zentrum enthalten vielversprechende Wandervorschläge und Bootstouren. Das ist ein Fleckchen Erde, an den es sich lohnt, zurückzukehren. So aber heißt es: ‘Nach dem Lunch weiter’. Nur erst einmal Lunch kriegen. Alle Restaurants sind geschlossen oder machen erst am Abend auf. Auch hier ist zu merken, dass die Saison noch nicht begonnen hat.

Nach 90…100 Meilen ostwärts auf dem ‘Princes Highway’ biegen wir bei Cabbage Tree Creek in eine unbefestigte Straße ein, um südwärts wieder an die Küste zu gelangen. Der Feldweg führt durch Eukalyptuswälder mit undurchdringlichem Unterholz. Die Natur mit ihrer uns überwiegend unbekannten Blütenpracht reizt immer wieder zu Photostops. Der Weg ist schier endlos. Nach *ca. 1 Stunde, wir sind erst 12 km *vorangekommen, lichtet sich der Wald, und wir kommen an einer Farm vorbei. Der Straßenzustand wird immer schlechter, so dass die ersten Gedanken an Rückkehr auftauchen, zumal wir im Vertrag für den Mietwagen unterschrieben haben, nur asphaltierte Straßen zu befahren. Endlich erreichen wir dann aber die befestigte Straße von Marlo zum Cape Conran. Jetzt reißt auch der Himmel wieder auf, und die Sonne strahlt. Kein Mensch, kein Auto weit und breit. Der Südpazifik donnert mit ohrenbetäubendem Getose gegen die Felsbrocken der Küste. Angestrengt halten wir Ausschau nach Seelöwen und Robben, leider vergebens.

Unwetter über den zahlreichen Seen bei Lakes Entrance Unwetter über den zahlreichen Seen bei Lakes Entrance © 1990-2016 Bernd Runde

Es geht weiter über Marlo und Orbost. Bei unserer Ankunft in Lakes Entrance um 17:30 Uhr geht ein Wolkenbruch nieder, wie wir ihn noch nicht erlebt haben. Die Straße wird zum reißenden Wildbach und ist zeitweilig nicht befahrbar. Aber schon nach wenigen Minuten sind wir wieder auf Photosafari, um diese einmalige Stimmung mit der durch tiefschwarze Wolken brechenden Sonne und den Reflexionen auf den Wassern der Seenplatte festzuhalten. Ein riesiges Seengebiet von ca. 60 km Länge wird von einem schmalen Dünengürtel vom Meer getrennt und hat hier bei Lakes Entrance seine einzige Verbindung zum Meer. Ein Paradies für Wassersportler. * Übernachtung im Hotel George Bass Motor Inn*

10.11.1990 Sonnabend Lakes Entrance - Foster (355 km) Station in: Bairnsdale, Paynesville, Stratfort, Yarram, Port Welshpool Bevor wir unsere Tour fortsetzen, strolchen wir durch Hafen und Stadt Lakes Entrance und genießen die Stille des Morgens. Nur einige Bootsbesatzungen machen schon ihre Boote zum Auslaufen klar, sonst ist noch nichts los im Städtchen.

Ein Morgen in Lakes Entrance Ein Morgen in Lakes Entrance © 1990-2016 Bernd Runde

Durch Sumpflandschaft und Weideland erreichen wir Paynesville und Eagle Point. Wir beobachten dort Seevögel bei ihrem Kampf mit dem stürmischen Wind und haben selbst Schwierigkeiten, die Kamera ruhig zu halten. Wegen des doch sehr unbeständigen Wetters verzichten wir auf eine Bootsfahrt auf eine der der Küste vorgelagerten Inseln. Über Bairnsdale, wo wir endlich in einem gut bestückten Elektrogeschäft auch einen Adapter für unsere Elektrogeräte erstehen, geht es weiter über Stratford (kleiner Park) und Sales.

Bei Longford verlassen wir noch einmal den ‘Highway’. Ein 150 km langer Strand, so steht es in unseren Unterlagen, ist schließlich etwas, um unser Interesse zu wecken. Der ‘Ninty Miles Beach’ wird durch eine hohe Düne, auf der die Straße verläuft, vom sumpfigen Hinterland getrennt. Kein Hotel, kein Kiosk, oder was es sonst an touristischen Errungenschaften gibt, verunstaltet hier die Landschaft. Zwischen Golden Beach und Seaspray tummeln sich Hunderte von schwarzen Schwänen auf den silbern in der Sonne glitzernden Seen.

Wie alt mögen diese Zedern sein? Wie alt mögen diese Zedern sein? © 1990-2016 Bernd Runde

Das weite flache Land mit seinen schmalen Straßen, auf denen uns nur hin und wieder ein Auto begegnet, lädt zum Verweilen ein. Wir vermeiden es, auf kürzestem Weg wieder auf den ‘Highway’ zurückzukehren und wählen immer wieder kleine Nebenstraßen. Unerklärlich sind die langen Zedern-Alleen mit Baumstämmen, die weit über einen Meter Durchmesser aufweisen. Sie müssen von Siedlern angelegt worden sein, was maximal vor 200 Jahren geschehen konnte; wachsen Zedern so schnell?

Über Giffard, das inmitten riesiger Schaffarmen liegt, stoßen wir erst bei Darriman auf den ‘Gippsland Highway’. Ein kurzer Abstecher nach Port Welshpool bringt keine neuen, unser bisheriges Bild von Natur und Wildnis bereichernden Eindrücke. Hier entsteht ein riesiges Ölterminal. Die gesamte Küste ist durch künstliche Landanschwemmungen und Rohre für die Pipeline verschandelt. Also schnell weiter.

Foster, unser heutiges Etappenziel, erreichen wir gerade, als ein plötzlicher Hagelschlag niedergeht. Na, das sind ja schöne Aussichten für den morgigen Nationalpark-Tag. Zum gemütlichen Abendessen holen wir aus dem Bottleshop im nahegelegenen Dorf, einer alten Goldgräber-Town, vorsichtshalber noch ein Fläschchen BYO-Wein. Man weiß ja nie, ob man nicht in einem unlizenzierten Restaurant landet. Die gemütliche Atmosphäre im Restaurant unseres Hotels war aber so vielversprechend, dass wir letztlich doch dorthin zurückkehren und den Wein für einen späteren Anlass einlagern. Von der Ungewissheit, ob der für morgen geplante Tag im Nationalpark buchstäblich ins Wasser fällt, lassen wir uns die Stimmung nicht vermiesen, und so wird es ein unvergesslicher lauschiger Abend. Übernachtung im (vorbestellten) Foster Motel

11.11.1990 Sonntag Foster - Cowes (244 km) Station in: Leongatha Ein strahlender Morgen begrüßt uns, als wir sehr früh nach dem Frühstück aufbrechen. Foster liegt unmittelbar am Eingang zum Wilsons Promontory Nationalpark. Wir haben das Gefühl, die ersten Besucher zu sein, als wir nach wenigen Kilometern den Eingang zum Park passieren. Ein Hinweisschild verweist jeden Besucher zum Lösen einer Eintrittskarte an das Besucherzentrum im Park.

Pennantsittich [platycerus elegans] Pennantsittich [platycerus elegans] © 1990-2016 Bernd Runde

Jäh wird die morgendliche Stille durch das Gekrächze und Gezeter von Papageien unterbrochen, die sich aus den Büschen am Straßenrand erheben. In der Ferne, nur durch den Feldstecher zu beobachten, stiebt eine Herde Kängurus davon. Bevor wir uns im Park-Zentrum mit dem nötigen Informationsmaterial eindecken, bewundern und photographieren wir die unzähligen, in Büschen und Bäumen herumtobenden roten, grünen und rosafarbenen Papageien.

Voller Spannung starten wir dann zu einer 2 12-stündigen Wanderung vom ‘Lilly Pilly’-Parkplatz durch eine einmalige Wildnis, in der Hoffnung, Natur pur erleben zu können. Der besondere Reiz dieser Tour liegt darin, dass sie durch ein Gebiet führt, in dem Koalas vorkommen sollen. Nur sehr langsam kommen wir voran, bewundern die fremde Flora am Wegesrand, halten Ausschau nach Eukalyptusbäumen, in denen sich die Koalas verbergen könnten und genießen ganz einfach die himmlische Ruhe der Einsamkeit.

Am Wendepunkt des Weges, bevor er in leichtes Hügelland übergeht, landen wir in einer tropischen Wildnis aus Baumfarnen und Schlinggewächsen. Das Sonnenlicht fällt nur in schmalen Streifen auf den Waldboden, der Weg ist von umgefallenen Baumriesen versperrt, und hier entdecken wir ihn endlich, den ersten Koala in freier Natur. Hoch über uns, eng an den grauen Stamm des Eukalyptusbaumes gepresst, ist er in seinem grauen Fell fast nicht auszumachen. Wer weiß, wieviele wir schon übersehen haben. Jetzt tauchen auch vereinzelt wieder Papageien auf, die mit ihrem ohrenbetäubenden Geschrei sicher alle anderen Waldbewohner vor den Eindringlingen warnen. Trotz angestrengtem Suchen entdecken wir nur noch zweimal schlafende Koalas in den Baumwipfeln. Nach der Rückkehr gibt es ‘Kekslunch’ auf dem Parkplatz, dann starten wir Richtung Parkausgang.

Bei der Hinfahrt hatten wir eine Stelle passiert, wo in der Ferne die Gischt einer tosenden Brandung die Felsen mit einem weißen Schleier einhüllte. Hier biege ich noch ab, um das Naturschauspiel etwas näher zu erleben. Von einem Parkplatz aus geht es durch dichtes Unterholz hinunter zur Whisky Bay. Was für ein Platz! Eingerahmt von riesigen, vom Wasser rundgeschliffenen Felsen, liegt eine kleine Sandbucht. Eine weiter draußen im offenen Meer liegende Insel verschwindet immer wieder am Horizont hinter den Kämmen der mächtigen Brecher. Wenige Meter vom Ufer entfernt überschlagen sich die Wellen des vom Westwind herangetriebenen Meeres und hüllen sich in weiße Gischt, um dann sanft auf dem flachen Sandstrand auszulaufen. Austernfischer und andere Stelzenvögel stochern im Sand nach Nahrung. Es ist nicht leicht, diesem wildromantischen Platz wieder den Rücken zu kehren.

Emus ganz nah [dromaius novaehollandiae] Emus ganz nah [dromaius novaehollandiae] © 1990-2016 Bernd Runde

Während der Weiterfahrt halten wir allerdings immer noch Ausschau nach Bewegung auf den weiten Grassteppen links und rechts der Straße, und plötzlich sind sie da, kaum auszumachen zwischen den braunen Büschen und den hohen Grasbüscheln, - Emus. Auf einem Seitenweg lassen wir den Wagen stehen und pirschen uns tief gebückt an. Die Dornen des niedrigen Steppenbewuchses stechen durch die Jeans und zerkratzen die Arme. Flach auf dem Boden liegend, Kopf und Kamera über den niedrigen Bewuchs erhebend, werden die ersten Photos geschossen. Die Jagdleidenschaft hat uns gepackt, Meter um Meter robben wir weiter, bis die Tiere formatfüllend im Sucher erscheinen. Die Jagd hat sich gelohnt. Auch ein paar rosa Kakadus sind uns dabei recht nahe vors Objektiv gekommen.

Galah oder Rosakakadu [Eolophus roseicapillus] Galah oder Rosakakadu [Eolophus roseicapillus] © 1990-2016 Bernd Runde

Als wir dann endlich endgültig den Rückweg antreten, haben wir das Gefühl, die schönste und interessanteste Stelle von ganz Australien verlassen zu müssen.

In Leongatha legen wir eine kleine Kaffeepause ein, so richtig mit Kaffee und Kuchen. Über Inverloch und Wonthaggi erreichen wir Cowes auf Phillip Island. Ohne richtiges Abendessen müssen wir los zur Pinguin-Parade, dabei war heute wieder Prawn eingeplant, denn es ist doch später geworden, als ursprünglich vorgesehen. In einem kleinen Restaurant an der Hauptstraße des anheimelnden kleinen Ferienortes ‘gönnen’ wir uns dafür eine schnelle Portion fish’n ships.

An einem bestimmten Punkt der Insel erscheinen mit Einbruch der Dämmerung tausende von Pinguinen, um ihre in den Dünen der Küste versteckten Übernachtungsplätze aufzusuchen. Ein Schauspiel, das in zweierlei Hinsicht beeindruckend ist. In kleinen Gruppen tauchen die possierlichen Kerlchen im flachen Wasser der Bucht auf, um dann zielstrebig über den breiten Sandstrand zu watscheln und unter Aufbietung aller Kräfte an den unmöglichsten Stellen die steilen, sandigen und rutschigen Dünen zu erklimmen. Im dichten Dünengras verschwinden sie, um sich von einem anstrengenden Tag draußen auf dem Meer zu erholen.

Zwergpinguin [eudyptula minor novaehollandiae] Zwergpinguin [eudyptula minor novaehollandiae] © 1990-2016 Bernd Runde

Natürlich ist das ein Naturschauspiel ganz besonderer Art, was aber der Mensch daraus gemacht hat, ist auch ein Schauspiel, aber leider ein trauriges. Der Strand wird von Scheinwerfern angestrahlt. In die Dünen eingebaut ist ein riesiges Amphietheater für einige tausend (!!) Besucher, das den Tieren auf ihrem vom Instinkt vorgegebenen Marsch den Weg versperrt. Durch die Dünen führen lange Holzstege, vorbei an den Schlafplätzen und Sammelpunkten der Pinguine. Das Gelände ist so weitläufig, dass niemand das Photographierverbot überwachen kann, also zucken doch überall die Blitzlichter auf.

Dabei hatten wir beim Studium der Reiseunterlagen an ein verschwiegenes Plätzchen in unberührter Natur gedacht. Um 22:00 Uhr sind wir wieder zurück im Hotel. Übernachtung im (vorbestellten) The Anchor at Cowes

12.11.1990 Montag Cowes - Apollo Bay (363 km) Station in: Melbourne Schon um 10:30 Uhr erreichen wir Melbourne. Die stadteinwärts führende Straße folgt dem Lauf des Yarraflusses. Einen Parkplatz erwischen wir etwas am Rande der City, in den Parkanlagen am Ufer des Flusses. Um die Silhouette der Stadt so richtig in uns aufnehmen zu können, machen wir zunächst einen Spaziergang am Flussufer. Auf der als Park angelegten Uferpromenade unter den zum Teil aus der Kolonialzeit stammenden Brücken hindurch, wandern wir flussaufwärts. Auf dem Wasser trainieren einige Ruderer, durch den Park hasten Jogger, neben vielen Spaziergängern sind auf dem Uferweg auch noch reichlich Radfahrer unterwegs. Vom anderen Ufer schallt aus einem Stadion lautes Geschrei herüber. Es dauert lange, bis uns ein Licht aufgeht und die herüber schallenden Stadionsprecheransagen einen Sinn bekommen. Dort werden Hunderennen ausgetragen!

Der Prachtbau des Melbourner Bahnhofs Der Prachtbau des Melbourner Bahnhofs © 1990-2016 Bernd Runde

Über die ‘Princess Bridge’, vorbei am Prachtbau des viktorianischen Hauptbahnhofs, gelangen wir in die Innenstadt. Geprägt wird das Bild der City von dem kontrastreichen Gegensatz viktorianischer alter Prachtbauten und modernen Hochhäusern. Die zum Teil sehr engen, rechtwinklig zueinander verlaufenden Straßen sind überfüllt, wie in anderen Großstädten auch, nur wird hier der Eindruck der Fülle durch die allgegenwärtigen Straßenbahnen noch verstärkt.

Überall rumpeln die Straßenbahnen Überall rumpeln die Straßenbahnen © 1990-2016 Bernd Runde

Am City Square sprudeln Springbrunnen, und Wasserkaskaden ergießen sich über marmorne Treppen in die Tiefe. In der ‘Mall’, der Bourke Street, einer ansprechenden Fußgängerzone, durch die allerdings auch die Straßenbahn rumpelt, reihen sich Kaufhäuser und Einkaufspassagen aneinander. Es herrscht reger Betrieb. Wir suchen trotzdem eine stimmungsvolle Umgebung, um zum Lunch einzukehren.

Als wir bei der Suche nach einem geeigneten Restaurant eines mit dem Kommentar ‘hier gibt es kein warmes Essen’ gerade wieder verlassen wollen, bittet uns ein Herr in perfektem Deutsch, doch erst einmal seine Karte zu prüfen, denn bei ihm bekämen wir alles, was unser Herz begehrt. An einem schönen Fensterplatz werden wir dann von der Kellnerin gefragt, ob wir Freunde von John, dem Besitzer, sind. Es herrscht reger Betrieb.

Gut gestärkt bummeln wir weiter, auf der Suche nach einem angemessenen Australien-Souvenir. Am anderen Ende der Bourke Street entdeckt Christa einen interessanten ‘duty free shop’ mit großer Opal-Abteilung. Ich ahne Schlimmes. Immer, wenn wir den Laden verlassen wollen, lacht uns aus einer anderen Vitrine noch etwas an und möchte mit nach Europa. Wir machen reiche Beute. Dann heißt unser nächstes Ziel ‘Exhibition Street’, dort sollen erst die ‘richtigen’ Opalgeschäfte sein, sagt der Stadtprospekt. Sind sie auch, aber die Preise orientieren sich am Geldbeutel der hier scheinbar verkehrenden arabischen Ölscheiche. Wir begnügen uns mit einigen Kleinigkeiten.

Großstadt ist nichts für uns Naturliebhaber. Recht bald beschließen wir, die Stadt doch heute noch zu verlassen und ein Stück weiterzufahren. Um 15:00 Uhr sind wir dann auf dem Highway stadtauswärts. Kurz hinter Geelong erreichen wir bei Torquay die Great Ocean Road (N100).

Tosend donnern die Brecher gegen die Küste. Selbst in 60 m Höhe über der Wasserlinie, wo die Straße in den Fels gesprengt ist, überzieht die Gischt noch die Windschutzscheibe mit einer Salzkruste. In Apollo Bay erwischen wir ein gerade erst eröffnetes neues Hotel. Welch ein Genuss. Die Empfehlung des Hoteliers für ein gutes Restaurant ist auch ein Volltreffer. Im ‘Beaches Restaurant’ im Greenacres Hotel genießen wir ein weiteres Mal ein exzellentes Fischgericht und eine gute Flasche Wein. Übernachtung im Apollo International

13.11.1990 Dienstag Apollo Bay - Hamilton (397 km) Station in: Warrnambool, Port Fairy, Portland Die Steilküste weicht einer etwas sanfteren Küstenlandschaft. Den ersten Versuch, Cape Otway zu erreichen, brechen wir wegen einer nicht mit Normal-Pkw zu passierenden Straße ab. Die nächste Abzweigung verspricht mehr Erfolg. Es ist eine abwechslungsreiche Fahrt durch Buschland und Eukalyptuswälder mit zum Teil dichtem Unterholz, streckenweise allerdings auf staubigen, mit Schlaglöchern übersäten Feldwegen. Dann erreichen wir die Steilküste am südlichen Zipfel West-Victorias und den alten, diese gefährliche Küste schützenden Leuchtturm.

Steilküste bei den Zwölf Aposteln Steilküste bei den Zwölf Aposteln © 1990-2016 Bernd Runde

Weiter folgen wir wieder der Küste auf der ‘Great Ocean Road’. Die Orte, die wir passieren, haben keine besondere Ausstrahlung. Unser Augenmerk ist ganz auf die phantastische Landschaft gerichtet. Dieser Küstenabschnitt verlangt danach, genossen zu werden. Hinter jeder Kurve, jedem Hügel könnte man einen Stopp einlegen. Die zwölf Apostel und London Bridge sind die Namen einmalig schöner Gebilde aus gelbem Sandstein, die vor der Steilküste im blauen Meer stehen und von den Naturgewalten zeugen, die hier seit Jahrtausenden das Bild der Küste formen.

London Bridge London Bridge © 1990-2016 Bernd Runde

Warrnambool, eine kleine Gartenstadt, setzt uns in Verzückung. Einen so ansprechenden Ort haben wir auf der ganzen Reise noch nicht gefunden. Hier könnte man sich zur Ruhe setzen. Es ist gerade die richtige Zeit für Lunch, ein Einkaufsbummel schließt sich noch an. Die Parkuhr reicht nur für eine Stunde. Als ich noch einmal nachwerfen will, markiert gerade eine Hostess die Reifen einiger Wagen mit einem weißen Kreidekreuz, als Symbol für die nur noch 10 Minuten reichende Parkzeit. Also neuen Parkplatz suchen, denn mein Schatz hat noch eine Entdeckung gemacht, und kommt aus dem letzten Geschäft einfach nicht wieder heraus.

Ein Abstecher zu der als historisch beschriebenen Hafenstadt Port Fairy endet mit einer Enttäuschung. Nichts los, nicht ‘mal Historisches. Portland ist der letzte Ort an der Küste, bevor wir landeinwärts vorstoßen wollen. Wir müssen ja wenigstens die Wüste ‘mal gerochen haben. Wir fragen uns zu einem Café durch und landen dabei in der Hauptgeschäftsstraße, was natürlich zu einem Einkaufsbummel führt. Aber auch ein nettes Café finden wir dann noch am Hafen.

In Hamilton gibt es erstmalig Schwierigkeiten bei der Zimmerbeschaffung. Im von uns angesteuerten ‘Flag’-Hotel ist alles ausgebucht. Wie oft haben wir sie nun schon erlebt, diese einmalige Gastfreundschaft der Australier. Die Dame an der Rezeption gibt keine Ruhe, bis sie endlich bei der Konkurrenz ein Zimmer für uns gefunden hat. Der BYO-Einkauf einer Flasche Wein für das Dinner erweist sich als unnötig, da wir doch in einem lizenzierten Haus, nämlich dem Hotel unserer ursprünglichen Wahl landen. Es wird ein sehr gemütlicher Abend. Übernachtung im Goldsmith Motel (Best Western)

14.11.1990 Mittwoch Hamilton - Horsham (203 km) Station in: Grampians Nationalpark Sehr früher Aufbruch. ‘The Grampians’ warten. Als erstes begrüßt uns der Mount Abrupt, ein einsam und verlassen in der Landschaft stehender Berg. Der Gebirgszug der Grampians ist noch 30 km entfernt. Im ‘Visitor Centre’ besorgt Christa zunächst Informationsmaterial und Wanderkarten. Um 11:00 Uhr stellen wir das Auto auf einem kleinen Parkplatz an der Silverband Road ab, und von hier ziehen wir los. In einer engen Schlucht, wir müssen tief hinuntersteigen, ergießt sich der ‘Silverband’-Wasserfall ins Tal. Nach 1 km Marsch auf Asphaltstraße haben wir immer noch nicht den Abstieg in den Dairy Creek gefunden. Wir stoßen den ursprünglichen Plan um, und ich marschiere zurück, um den Wagen holen.

Banksia in verschiedenen Blütenstadien Banksia in verschiedenen Blütenstadien © 1990-2016 Bernd Runde

Vom Sundial Parkplatz starten wir erneut, in der Hoffnung, einen schönen Rundweg in wilder Natur ausgesucht zu haben. Durch lichten Wald voller unbekannter Pflanzen und Blüten, führt ein kurzer Weg zum Sundial Lake View. Von hier geht’s weiter auf dem Sundial Track. Im Wald taumeln bunte Schmetterlinge von einer unbekannten Blüte zur anderen. Wir taumeln nicht, denn der Weg steigt zunächst nur mäßig an. Steil und mühsam wird es nur auf den letzten 200 m, bevor man die felsigen Klippen eines Abbruchs erreicht, den Aussichtspunkt am Sundial Peak (720 m). Direkt einige hundert Meter unter uns liegt der Bellfield-See, im weiten Tal landwirtschaftliche Anwesen, nach Norden geht der Blick weit hinaus ins flache Land. Die Frühlingsblumen genießen die warme Sonne hier oben genau wie wir. Es fällt schwer, sich wieder zu trennen.

Blick auf den Bellfield-See Blick auf den Bellfield-See © 1990-2016 Bernd Runde

Eine Abzweigung verleitet uns, einen Weg einzuschlagen, der unseren Rundweg noch um einiges erweitert. Steil geht es zunächst abwärts, um dann schräg am Steilhang entlang allmählicher ins Tal zurückzuführen. Es ist ein herrlicher Weg durch die wilde Natur. Weit und breit kein Mensch. Durch den Dairy Creek wandern wir unter riesigen Baumfarnen bis zum Deileys Dell.

Da wir so richtig erschöpft sind, als wir am Rosea Parkplatz ankommen, entschließen wir uns, die letzte Etappe zu unserem Auto etwas abzukürzen. Warum die Asphaltstraße nehmen, wenn eine Abkürzung auch noch über einen Aussichtspunkt führt. Was wir nicht wissen, aber auch nicht ahnen, dieser Weg führt steil bergan. Nach jeder Biegung hoffen wir, den heißersehnten Parkplatz zu erspähen. Es ist eine Abkürzung nur in der Länge. Dass wir dafür den Höhenunterschied direkt überwinden müssen, merken wir wirklich erst, als es zum Umkehren zu spät ist. Nach 5 Stunden beenden wir dann endlich unseren Rundgang. Die Erschöpfung ist nur vordergründig, die Einmaligkeit dieses Tages drängt alle Strapazen in den Hintergrund.

Es sind nur noch 80 km bis Horsham, unserem heutigen Tagesziel. Dort angekommen (ca.17:00 Uhr), sehen wir gegenüber dem Hotel ein wunderbares öffentliches Schwimmbad. Es war sehr heiß den ganzen Tag über, und so gibt es kein halten. In wenigen Minuten sind wir im kühlen Nass. So erfrischt macht der anschließende Stadtbummel und der Besuch einer Kirche mit eindrucksvollen farbigen Glasfenstern wieder richtig Spaß.

Die Atmosphäre im Hotel-Restaurant ist ausgesprochen gepflegt und das Essen ausgezeichnet. Aber nach einer Flasche Rotwein treibt es uns dann doch ins Bett. Übernachtung im Commodore Major Mitchell Motor Inn

15.11.1990 Donnerstag Horsham - Barmera (476 km) Station in: Kaniva, Serviceton, Pinnaroo Der erste Gang führt uns morgens noch schnell zur Post und zum Souvenirshopping, ehe es weiter geht. Wir verändern die ursprüngliche Routenplanung etwas und fahren Richtung Westen, statt nach Norden. Die Tour wird unmittelbar am Rande der Wüste entlangführen.

In Kaniva, am ‘Western Highway’, der zwischen der ‘Kleinen Wüste’ und der ‘Großen Wüste’ hindurch Victoria mit Süd-Australien verbindet, machen wir Station. Eine typische Siedlerstadt, deren Holzhäuser mit ihren die Bürgersteige überdeckenden Vordächern sich neben der breiten Durchgangsstraße aneinander reihen. Ein verlassener Bahnhof mit eingeschlagenen Glasscheiben am Stationsgebäude, riesige Getreide-Silos und etwas außerhalb des Ortes ein von vor der Jahrhundertwende stammender ‘store’, vervollständigen das Bild dieser Kleinstadt.

Ein 'Laden' aus der Pionierzeit Ein ‘Laden’ aus der Pionierzeit © 1990-2016 Bernd Runde

Der Besitzer des Ladens erzählt mit Stolz, dass er schon in der dritten Generation hier ansässig ist und um keinen Preis der Welt, auch wenn das Leben noch so hart und entbehrungsreich ist, diesen Ort verlassen würde, denn ‘nur hier draußen genießt man noch die Freiheit, die das Leben so lebenswert macht’.

Bei Serviceton, abseits der Straße, nur über einen staubigen Weg zu erreichen, steht einer der ältesten und größten Landbahnhöfe Australiens. Er ist heute völlig ohne Bedeutung, aber äußerlich noch in allerbestem Zustand. Von der alten Pracht im Inneren ist nicht mehr viel übrig. Der große Wartesaal, die Hotelzimmer und die Räume für das Zugpersonal sind nahezu ohne Mobiliar. Ihre ehemalige Pracht erwacht aber wieder zum Leben bei den Schilderungen einer alten Dame, die mich mit Begeisterung durch das ganze Gebäude führt, während Christa draußen in der glühenden Wüstensonne langsam sauer wird, ob meiner langen Abwesenheit.

Am Rande der ‘Großen Wüste’ bis zum River Murray und nach Südaustraliens Hauptstadt Adelaide (4 Tage)

In Bordertown verlassen wir den Highway. Ab hier geht’s am Rande der ‘Großen Wüste’ nordwärts nach Pinnaroo. Links und rechts weite staubige Sandwüste und niedrige Salzbüsche, über uns die erbarmungslos brennende Sonne. Zum Aussteigen reizen uns dennoch Grasgewächse mit riesigen Kolbenblüten und riesige, fast einen Meter lange Echsen, die über die Straße huschen, oder am Wegesrand neugierig den Kopf recken. Lange ist es aber außerhalb des Wagens nicht auszuhalten, die Temperatur beträgt sicher einiges über 40°C im Schatten, bloß wo ist der Schatten?

Am Rande der 'Großen Wüste' Am Rande der ‘Großen Wüste’ © 1990-2016 Bernd Runde

Auf den ca. 100 km bis Pinnaroo begegnen uns ganze 4 (!) Autos. Eine Panne sollte man also überall sonst, nur nicht in dieser Einsamkeit haben. Da Pinnaroo die erste Station in ‘South Australia’ ist, müssen wir uns zunächst mit dem nötigen Informationsmaterial eindecken, da ich nicht einmal eine detaillierte Straßenkarte dabei habe. Bei einem Picknick im Stadtpark der menschenleeren Stadt stärken wir uns, ehe wir erneut nach Norden aufbrechen, durch ausgedörrtes Buschland und große Getreidefelder.

Bei Loxton erreichen wir das ‘Riverland’, das Tal des mächtigen Murray River. Kurz vor Berry setzen wir mit einer Pkw-Fähre über den, durch Hochwasser weit über die Ufer getretenen Fluss, und erreichen Barmera am späten Nachmittag. Ein Hotel ist bald gefunden. In einem modernen neuen Bungalow beziehen wir Quartier.

Nach diesem heißen Tag tut ein Spaziergang am Bonney See gut. Danach wird noch das Tagebuch auf den aktuellen Stand gebracht. Wegen einer lauten Gesellschaft im kleinen Restaurant wird der Abend nicht so gemütlich, wie gewohnt, und wir ziehen uns früh aufs Zimmer zurück. Zeit also, ein Hotel für Adelaide herauszusuchen, und um uns bei Irving zu melden, der versprochen hatte, das Wochenende für uns freizuhalten. Es klappt alles. Wir buchen ein Hotel in Flughafennähe und verabreden uns mit Irving für Sonnabend. Übernachtung im Barmera Country Club

16.11.1990 Freitag Barmera - Lyndoch (126 km) Station in: Waikerie, Tanunda, Bethany Gegen 08:00 Uhr brechen wir in Barmera auf, nachdem Christa sich wegen des verspäteten Frühstücks bei einem recht unausgeschlafenen Hotelier beschwert hat.

Der Murray hat Hochwasser Der Murray hat Hochwasser © 1990-2016 Bernd Runde

Weit über die Ufer getreten ist der Murray River. Ganze Landstriche sind überschwemmt und täuschen eine riesige Seenlandschaft vor. Wir machen einen kleinen Fotospaziergang im Moorook Game Reserve, kommen aber nicht sehr weit, da fast alle Straßen und Wege unpassierbar sind. Auch unmittelbar am Ufer ist nicht feststellbar, ob das Wasser schon wieder fällt oder immer noch ansteigt. So trägt auch die Unsicherheit darüber, ob sich die Situation schlagartig noch weiter verschlechtert, mit dazu bei, dass wir uns nicht unnötig lange aufhalten.

Wir fahren durch die weiten Orangenplantagen des ‘Riverland’. Bei einem Stadtbummel in Waikerie, wo die Jakaranda-Bäume in voller Blüte stehen, beschließen wir, alle bisher gesammelten Prospekte, Landkarten und Bücher nach Deutschland zu schicken. Auf der Post kaufen wir zwei riesige Umschläge und lassen die Sendung auch gleich mit Sondermarken freimachen. Eine teure Angelegenheit, 2 mal 24 A$.

In unseren Unterlagen finden wir einen Hinweis, dass ein weiteres Naturreservat an unserer Strecke liegt, zu dessen geschützten Bewohnern der Wombat gehört. Der Wombat, eines der australischen Tiere, die wir noch nicht in freier Wildbahn gesehen haben, veranlasst uns, dem Park einen Besuch abzustatten. Ein etwas verwittertes Schild am Straßenrand des Sturt Highway weist auf den Brookfield Conservation Park hin.Gäste werden gebeten, sich entsprechend dem Bemühen der hier tätigen Ranger und Forscher zu verhalten und die Natur nur zu genießen. Wir beschließen, uns einige Informationen an der 3 km innerhalb des Parks liegenden Rangerstation zu holen. Eine nette junge Dame erläutert die spezielle Aufgabe in diesem Wombat-Reservat und versorgt uns mit einer Landkarte und einigen guten Tipps zur Tierbeobachtung. Dann sind wir allein im australischen Busch. Ob es die inzwischen doch sehr hoch stehende Mittagssonne ist oder unser unvermitteltes Auftauchen, die versprochenen diversen Arten von Vögeln lassen sich nicht sehen, bzw. sie kommen nicht so dicht vor die Kamera, wie es für ein gutes Photo nötig wäre. Dafür tauchen in geringem Abstand hin und wieder Rote Riesenkängurus auf.

Aber der Umstand, ungestört und ohne Zeitdruck allein durch den Busch zu fahren und die Natur zu beobachten, lässt die sengende Sonne und die Zeit vergessen. Einen ganz besonderen Gag haben sich die Wombats für uns ausgedacht. Viel Geduld, vorsichtiges Anschleichen an jeden Erdhügel und langes Warten, alles nützt nichts, wir bekommen keinen Wombat zu Gesicht. Etwas enttäuscht sind wir schon auf dem Weg zurück zum Haupteingang, als auf einem gelben Erdhügel direkt neben der Straße ein unförmiges Etwas seinen Kopf hebt. Erschreckt durch mein heftiges Bremsen saust es aber, noch bevor ich die Kamera in Anschlag habe, in seinen Erdbau. Na, wenigstens gesehen haben wir ihn, den Wombat in freier Natur.

Salzbuschwüste so weit das Auge reicht Salzbuschwüste so weit das Auge reicht © 1990-2016 Bernd Runde

“Deutscher Bienenstich” steht klar und gut lesbar mit Kreide auf eine Schiefertafel am Straßenrand geschrieben. Na, wenn das keine Einladung ist, wo wir doch seit dem Frühstück noch nichts gehabt haben, weil uns die Natur so gefesselt hat. Wenn doch nur der australische Kaffee auch so schmecken würde wie Zuhause, der Kuchen tut’s. Durch die gepflegten Orte Tanunda und Bethany im Barossa-Valley geht unsere Fahrt weiter. Hier ist man ‘schrecklich’ gut auf Touristen eingestellt. Die breiten Alleen laden zum Bummeln ein, und die vielen Geschäfte locken mit dem in aller Welt üblichen Tand.

Weinberge im Barossa Valley Weinberge im Barossa Valley © 1990-2016 Bernd Runde

In Lyndoch haben wir uns ein Hotel mitten in den Weinbergen des Barossa Valley ausgesucht. Auf einer Anhöhe über dem Tal steht eine Luxusherberge inmitten einer unbeschreiblichen Fülle blühender Natur. Hier erfahren wir, dass unsere Uhren schon wieder verkehrt gehen, denn zwischen Victoria und South Australia gibt es noch einmal eine Zeitverschiebung von einer halben Stunde. Das Frühstück heute morgen war also gar nicht zu spät. So kann es einem im Ausland gehen. Den ausklingenden Tag genießen wir dann bei einem kleinen Spaziergang rund um das Hotel, ehe wir uns fertigmachen, um den letzten Abend unserer Tour durch das wunderbare Australien mit einem zünftigen Dinner zu beschließen.

Dies ist der Platz, noch einmal die Festtagskleidung auszupacken, die eigentlich nur für den Opernbesuch in Sydney die Reise mitgemacht hat. Der Speisesaal reicht bis unter das Dach des dreistöckigen Gebäudes. Die Ostfassade ist über die ganze Höhe verglast und gibt den Blick ins Barossa Valley frei. Es ist ein Genuss, in gepflegter Atmosphäre verwöhnt zu werden. Wir schwelgen und merken nicht einmal, wie sich die Nacht über das Tal legt.

Übernachtung im Yaldara Barossa Motel

Eine gepflegte Fußgängerzone - Die Rundle Mall in Adelaide Eine gepflegte Fußgängerzone - Die Rundle Mall in Adelaide © 1990-2016 Bernd Runde

17.11.1990 Sonnabend Lyndoch - Adelaide (169 km) Nur unterbrochen von einigen kurzen Photostops, fahren wir nach Adelaide, und zwar direkt in die City. In einem Parkhaus in der Rundle Street wird der Wagen abgestellt, und dann sind wir schon wieder zu Fuß unterwegs. Nur sehr langsam erwacht das Leben in der gepflegten und noch sehr ruhigen Innenstadt und in den Parkanlagen am Torrensfluss. Nach einem Lunch auf einer Wiese am Flussufer (Picknick aus Tüte), versuchen wir noch einmal Irving zu erreichen. Die einzige Telefonzelle weit und breit streikt aber, und so fahren wir zum Hotel, um es von dort aus erneut zu versuchen.

Hier wurde 'South Australia' 1836 gegründet - Glenelg/Adelaide Hier wurde ‘South Australia’ 1836 gegründet - Glenelg/Adelaide © 1990-2016 Bernd Runde

Irving holt uns am Hotel ab, und wir fahren in seinem Wagen die Küstenstraße nach Süden. Kurzer Aufenthalt am Platz der Stadtgründung - hier landeten die ersten Siedler dieser Region - bevor wir zu ihm nach Hause fahren. Margaret ist schwer krank, so dass wir uns nicht all zu lange aufhalten. Sie leben sehr ruhig hier draußen. Anschließend geht es noch etwas weiter nach Süden bis in die neuen Vorstädte und an die Badeparadiese an herrlichen weißen Sandstränden, ehe wir ins Hotel zurückfahren. Beim gemeinsamen Dinner in unserem Hotel vergeht die Zeit schnell beim Plaudern über unsere erste Australienreise, die Besonderheiten des australischen Lebens und unsere weiteren Pläne. Um 20:00 Uhr verlässt uns Irving dann schon wieder, da Margaret nicht ohne Beaufsichtigung sein kann und ihre Schwester wieder nach Hause muss.

Heute abend wird das Gepäck für den zweiten Teil der Reise neu sortiert und umgepackt. Übernachtung im Aviators’ Lodge

18.11.1990 Sonntag Auf nach Neuseeland Kurz vor 09:00 Uhr sind wir am Flughafen und geben den Mietwagen unbeschädigt wieder ab. Wir waren 3.710 km unterwegs. Abflug der TN 27 nach Melbourne ist um 09:30 Uhr, Ankunft in Melbourne um 11:05 Uhr. Von Melbourne geht’s dann mit NZ 128 um 15:15 Uhr weiter mit Ziel Auckland. Direkt über dem ‘Ninty Mile Beach’ verlässt die Maschine das Festland in Richtung Neuseeland. Unendlich erstreckt sich das gelbe Band des Strandes bis zum Horizont. Erst von hier oben kann man ermessen, welche Dimensionen dieser malerische Küstenstreifen hat.

Am 'Ninty Mile Beach' verlassen wir Australien Am ‘Ninty Mile Beach’ verlassen wir Australien © 1990-2016 Bernd Runde

Im Bus durch Neuseeland

In einem separaten Reisebericht geht es weiter.