Reisetagebücher

Bernd Runde

2003 - Wir folgen auf dem geliebten roten Kontinent dem Frühling vom Norden über den Westen und Süden bis zum schneebedeckten 'Mount Kosciusko' im Südosten

Es gibt noch einige abgelegene Gegenden auf dem fünften Kontinent, die uns unbekannt sind. So wollen wir auf unserer sechste Australienreise nicht nur Erinnerungen an die schönsten und interessantesten Plätze dieses faszinierenden Landes auffrischen. Mit Abstechern in uns noch unbekannte Regionen wollen wir auch neue Eindrücke sammeln. Dem einsetzenden Frühling werden wir vom Norden über den Westen und Süden bis zum schneebedeckten 'Mount Kosciusko' im Südosten folgen.

Einhundert Tage für einen Kontinent (2003)

An einem Mittwoch Mitte Juli starten wir um 18_:00 Uhr - ein Nachbar fährt uns zum Bahnhof - unsere sechste Australienreise. Wir wollen Erinnerungen auffrischen und dabei den einen oder anderen Abstecher in uns noch unbekannte Gebiete unternehmen. Diesmal bringt uns die DB ohne Verspätung von Hann. Münden direkt zum Flughafen Frankfurt. Der Weg zum Terminal 2 gestaltet sich wieder einmal zum reinsten Hindernislauf. Mit dem beladenen Trolly geht es treppauf treppab. Es ist 3 Stunden vor Abflug, aber die Schlange der Wartenden am Schalter der Qantas füllt schon die ganze Halle. Ein reiches Betätigungsfeld für die Mitglieder einer gestressten Ellbogengesellschaft. Es wird geschubst, gedrängelt und mit allen Tricks versucht, ein oder zwei Plätze in der Schlange nach vorne zu kommen. Welche Erleichterung, als das große Gepäck dann endlich auf dem Förderband verschwindet. Es folgen noch zwei Personen- und Handgepäckkontrollen, inklusive der Suche von Hohlräumen in den Schuhabsätzen. Es ist verwunderlich, dass der Jumbo nur zwanzig Minuten Verspätung hat, als er gen Singapur startet.

In der Tasche haben wir neben unseren Flugtickets noch die Gutscheine für drei verschiedene Mietwagen und für eine per Internet direkt in Australien gebuchte Kreuzfahrt. Alles andere werden wir, je nach den jeweiligen Erfordernissen, vor Ort regeln und buchen. Ach ja, wir sind außerdem noch Mitglied in der BIG4-Campingkette, gibt immerhin 10% Rabatt.

Dank an unser Reisebüro, die vorbestellten Sitzplätze in Reihe 25 sind unmittelbar hinter der Business-Klasse. Wir können die Beine ausstrecken. Jeder Sitz hat neuerdings sein eigenes TV-Display. Störungen durch die Filmprojektion sind dadurch nicht mehr möglich, so ist auch Nachtruhe gewährleistet. Nach 12 Stunden landen wir in Singapur. Die Uhren werden sechs (6) Stunden vorgestellt. Nach vier Stunden Aufenthalt, es ist inzwischen 22:00 Uhr, hebt die kleine, aber vollbesetzte 676 ab gen Darwin. Wir kommen nicht mehr zur Ruhe, in der Maschine herrscht chaotisches Durcheinander. Am Freitag den 18.07.2003 um 04:30 Uhr morgens landen wir nach 18 Stunden Flug wie gerädert in Darwin, der Hauptstadt des Northern Territory. Noch einmal heißt es ‘Uhren 1,5 Stunden vorstellen’.


Tropisches Top End im 4WD-Bushcamper

Daten Etappe 1

Reisebericht

“Wann fährst Du morgens die erste Tour in die Stadt?”, frage ich den Fahrer des Shuttle-Busses vor dem Terminal. Er bietet uns eine interessante Alternative an. “Fahrt doch jetzt mit. Euer Gepäck schließe ich in meinem Büro ein und um 08:00 Uhr bringe ich Euch zu Hertz.” Gesagt, getan. So sind sie, die Australier, unkompliziert und immer hilfsbereit. Die Zeit verbringen wir in der Innenstadt und dem Bicentennial Park. Um 08:30 Uhr sind wir dann am Caravan-Depot von Hertz. Man dient uns ein ziemlich ramponiertes altes Schätzchen an, Kilometerstand 132.600. Wir lassen noch eine verschlissene und aufgeschlitzte Sitzbank austauschen und alle Scharniere fetten.

Ein schöner langer Tag liegt vor uns. Zeit genug, um die nötigsten Besorgungen zu erledigen, Erinnerungen aufzufrischen und den Körper langsam an das warme Sommerklima zu gewöhnen.

In der tropischen Hitze Darwins lässt man alles etwas geruhsam angehen. Es herrscht kein hektischer Großstadtbetrieb. Die erste Station ist Woolworth (wegen des kostenlosen Parkplatzes). Verderbliche Ware landet im Kühlschrank, alles andere erzeugt zusammen mit dem Gepäck chaotisches Durcheinander im Camper. Zur Entspannung steuern wir als erstes Ziel den uns noch unbekannten Hafen an der ‘Cullen Bay’ an. Bei einem Spaziergang und einem kleinen Lunch am Yachthafen entspannen wir langsam. Gegen die aufkommende Müdigkeit hilft am besten Aktivität. Also auf ins Camp. Sicher werden wir einige Zeit brauchen, bis unser mobiles Heim sinnvoll eingerichtet ist.

Der Howard Springs Caravanpark liegt ca. 30 Kilometer südlich von Darwin. Per Email haben wir schon aus der Heimat einen Stellplatz für zwei Nächte vorbestellt. Obwohl unsere Reservierung einen Fehler enthielt - falsches Datum - erhalten wir einen guten Platz. Die BIG4-Mitgliedschaft erweist sich als gute Entscheidung. Total übermüdet kommen wir mit der Organisation des Campers nicht so recht voran, alles steht verkehrt und Platz gibt es auch keinen. Wir sind schier verzweifelt, ob diese Art zu reisen überhaupt etwas für uns ist. Aber vielleicht ändert etwas Schlaf unsere pessimistische Einstellung. Um 16:00 Uhr sind die Betten gerichtet - erstmalig schlafen wir oben -, und wir verkriechen uns.

Mit einigen Unterbrechungen schlafen wir tief und fest. Unser Wecker hängt über uns in den Wipfeln der Eukalypten und Palmen. Es ist zu hören, dass wir mitten in der Natur sind, von einem vielstimmigen Vogelkonzert werden wir geweckt. Das sind Geräusche, die wir lieben. Jetzt beginnt der Urlaub. Kurz vor 08:00 Uhr, wir haben wirklich fast 20 Stunden verpennt, kriechen wir aus unserem ‘Schlafgemach’. Mit dem ersten Frühstück unter freiem Himmel vor unserem Camper sind auch alle Lebens- und Urlaubsgeister wieder zurück. Wir verspüren Tatendrang.

Im ‘Liquor Shop’ gleich vor dem Camp decken wir uns mit Wein und Bier für kommende gemütliche Abende ein. Auf dem Weg nach Darwin machen wir einen Schlenker über Palmerston, um die letzten fehlenden Dinge einzukaufen. In der Mall von Darwin schlendern und bummeln wir durch die Geschäfte und kehren dann zu einem gemütlichen Lunch im ‘food court’ einer Passage ein.

Weiter geht es zum neuen Hafen an der Cullen Bay - dieses Areal hat uns am Ankunftstag sehr gut gefallen. Noch weiter nördlich beobachten wir von den Klippen des ‘East Point’ wie Adler ihr Revier nach Beute absuchen. Auf der Rückfahrt lockt uns der nahe ‘Lake Alexander’. Wir haben unseren Haushalt ja dabei, also warum nicht ein erfrischendes Bad nehmen. Es ist herrlich mitten in der Natur zu schwimmen.

Diesen ersten wirklichen Urlaubstag beschließen wir unter freiem Himmel mit einer Flasche köstlichem australischen Rotwein.

Nach zwei Tagen Eingewöhnung - die Ausstattung des Campers erscheint komplett - zieht es uns dann hinaus in die Natur. Über den Arnhem Highway steuern wir unser erstes Ziel an. Wir lassen uns viel Zeit auf dem Weg in den Kakadu-Nationalpark.

In fast unberührter Natur stromern wir am ‘Fog Dam’ durch die Feuchtgebiete, die hier ‘wetlands’ heißen. In den Büschen und Bäumen singen und zwitschern unzählige Vögel aller Größen, am blauen Himmel ziehen Adler ihre Kreise. Bei dem regen Flugbetrieb ziehen wir mehr als einmal erschrocken den Kopf ein.

Eine ausgedehnte Wanderung durch flaches trockenes Buschland führt uns zum ‘Birds Billabong’. Auf dem Wasser und am Ufer herrscht Hochbetrieb. Löffler, Reiher, Grüne Pygmy-Gänse, Taucher, Pelikane und Kormorane ziehen uns in ihren Bann. Wir sind in unserem Element. Ungestört genießen wir diese Idylle. Keine Menschenseele ist hier draußen in der Wildnis.

Unmittelbar vor den Toren des Kakadu Nationalparks steuern wir unser nächstes Domizil an, den Mary River Caravan Park. Weit verstreut im lichten Wald rund um eine ‘homestead’ stehen einige Anschluss-Kästen für Strom und Wasser. Mitten in der tropischen Natur, auf sattem grünen Rasen, unter riesigen Bäumen, finden wir den Platz unserer Vorstellungen. Waschgelegenheiten, Duschen und Toiletten befinden sich 200 Meter entfernt in einer riesigen Wellblech-Scheune, durch deren Wände der Wind pfeift. Hinter der Scheune beobachtet ein Waran unser Treiben. Über uns kreisen die Adler und in den Bäumen ringsum ertönen die vielstimmigen Rufe und Gesänge vieler uns unbekannter Vögel. Wir sitzen bis tief in die Nacht vor unserem Camper und stellen fest: “Ja, das ist genau die Art zu reisen, die wir so lieben.”

Bei Sonnenaufgang weckt uns auch heute ein vielstimmiges Vogelkonzert. Den Plan, noch einmal zum Fog Dam zu fahren, verwerfen wir und steuern direkt den ‘Kakadu-Nationalpark’ an. Schon bald verlassen wir den asphaltierten Arnhem Highway. Die richtige Atmosphäre für einen Aufenthalt am ‘Top end’ vermittelt die Tour über die von mächtigen Termitenhügeln gesäumte alte Jim Jim Road ins Herz des Nationalparks. Das ist Natur pur. Wie elektrisiert stoppen wir, als eine Horde schwarzer Kakadus, es sind die ‘rotschwänzigen’, mit lautem Geschrei unseren Weg kreuzt.

Wasserlöcher, Bäche und Flussläufe, die sich während der sommerlichen Regenzeit füllen und dann langsam immer weiter austrocknen, nennt man Billabongs. Diese Wasserstellen sind der Lebensraum unzähliger Vogelarten. Immer wieder erliegen wir der Faszination dieser einzigartigen Landschaft. Bei einem flüchtigen Blick sind da einfach viele Vögel am Wasser. Erst bei genauerem Hinsehen unterscheidet man sie, die Spaltfuß-Höckergänse, Löffler, Cotton Pygmy-Gänse - die eigentlich Enten sind - und Magpie-Lärchen.

Im Caravanpark Cooinda suchen wir uns ein schönes Plätzchen und buchen gleich bei Ankunft eine Billabong-Fahrt für den nächsten Morgen.

Als Nachmittagsprogramm nehmen wir noch die 70 Kilometer Gravelroad zu den ‘Jim Jim Falls’ unter die Räder. Wo das Hochplateau abrupt endet und in die Feuchtgebiete des ‘Top ends’ übergeht, befinden sich einige der schönsten Stellen des Nationalparks. Nach halsbrecherischer Fahrt im Geländegang auf einem 9 Kilometer langen Track mit knietiefen Sandlöchern und steinigen wassergefüllten Flussläufe - wir sind mehrfach versucht, umzudrehen - und einer Wanderung über Stock und Stein, stehen wir am Fuße der leider trotz der frühen Jahreszeit schon versiegten ‘Jim Jim Wasserfälle’. Aber allein die wilde abgeschiedene Landschaft, mit der tropischen Vegetation, ist diesen Abstecher wert.

'Trockene' Jim Jim Wasserfälle ‘Trockene’ Jim Jim Wasserfälle © 2003-2016 Bernd Runde

Zeit für einen Höhepunkt. Wir gehen ins exklusive Restaurant der nahen Lodge zum Abendessen. Leider sind nur die Preise exklusiv.

Um 04:30 Uhr rappelt der Wecker. Trotzdem, nichts kann uns von unserem Freiluft-Frühstück abhalten. Für die Schönheiten des frühen Morgens haben wir allerdings noch kein Auge. Die Sonne verbirgt sich noch hinter dem Horizont, als wir um 06:25 Uhr zu unserer Billabongfahrt aufbrechen. Im Ufernebel und am Morgenhimmel tauchen die ersten Bewohner dieser einzigartigen Landschaft auf. Frieden liegt über dem Land. Zunächst färbt sich der Horizont sehr zögerlich in alle denkbaren Rottöne, dann steigt die Sonne ziemlich schnell aus den Sümpfen auf.

Der Nationalpark hat die Größe von Schleswig-Holstein. Seine Gewässer und Schilfgürtel sind Brut- und Rastplätze für unzählige Wasservögel. Fast geräuschlos gleitet das flache Boot dicht am Ufer entlang durch den ‘Yellow Water Billabong’ und den ‘South Alligator River’. Während der Fahrt präsentiert sich uns die einzigartige Tierwelt dieser Region in ihrer ganzen Fülle. Reiher, Kormorane, Enten, Adler und Schwarznacken-Störche, man nennt sie hier ‘Jabiru’, ziehen an uns vorüber. Faszinierend, wie die kleinen Jacana-Wasserhühner mit ihren riesigen gespreizten Zehen scheinbar schwerelos über das Wasser laufen.

Kammblatthühnchen [Irediparra gallinacea] Kammblatthühnchen [Irediparra gallinacea] © 2003-2016 Bernd Runde

Schwimmen verboten. Wer diese Anweisung in den Gewässern des Northern Territory nicht beachtet, riskiert sein Leben. Mit einem Salzwasser- oder Leistenkrokodil ist nicht zu spaßen, und es gibt einige davon in den Billabongs und Küstengewässern.

Sie lauern überall Sie lauern überall © 2003-2016 Bernd Runde

Spaltfuß-Höckergänse zupfen sich die saftigen Wurzeln der Wasserpflanzen heraus. Auf einem Ast über dem Wasser, immer bereit, sich sofort im Sturzflug auf seine Beute zu stürzen, schillert in allen Regenbogenfarben ein Azur-Kingfisher in der Morgensonne. In der Ferne ist sogar ein Kranichpärchen auszumachen. Versteckt im dichten Laub eines Eukalyptusbaumes hält sich eine Weißbrust-Starschwalbe auf. Von allerhöchster Warte überwacht ein Weißbauch-Seeadler sein Revier. Im riesigen Nest der Seeadler ist der Nachwuchs schon geschlüpft.

Weißbauch-Seeadler  [Haliaeetus leucogaster] Weißbauch-Seeadler [Haliaeetus leucogaster] © 2003-2016 Bernd Runde

Nach 2 Stunden sind wir zurück. Auf den Bus verzichten wir. Die 2 Kilometer zurück ins Camp gehen wir zu Fuß. Wir sind mitten in der Natur des ‘wetlands’. Auf unserer Wanderung vorbei am ‘Home Billabong’ entdecken wir im dichten Gestrüpp, im Schilf und an den zahlreichen Wasserlöchern noch andere gefiederte Freunde. Besonders ins Auge sticht natürlich der wie ein Diamant in allen Farben schillernde ‘Regenbogen Bienenfresser’. Auch die ersten weißen Kakadus, die ‘little corallas’ oder Nacktaugenkakadus, geben uns die Ehre, wenn auch zunächst lautlos auf der Futtersuche.

Zurück im Camp begrüßen uns in den hohen Eukalypten dann wieder die unterschiedlichsten Stimmen. Nicht zu überhören und auch schnell auszumachen sind die rotschwänzigen Schwarzen Kakadus. Da sind aber auch noch andere Sänger. Als schon der Abend dämmert, fallen dann die nicht zu überhörenden rosa-grauen Kakadus, die Galahs, ein. Das ist die richtige Begleitmusik bei der ersten große Wäsche und beim Auto reinigen.

Ab 06:00 Uhr ist im Camp der Teufel los. Es herrscht allgemeine Aufbruchstimmung. Um 07:00 Uhr kriechen wir dann auch aus den Schlafsäcken. Gemütlich bereiten wir uns auf die Weiterfahrt vor. Über den Kakadu Highway erreichen wir Pine Creek. Auf meinem Plan der Nationalparks des ‘Northern Territory’ entdecke ich, allerdings nur über 22 Kilometer Gravelroad zu erreichen, einen neuen, uns noch unbekannten Namen eingezeichnet - das ‘Umbrawara Gorge Nature Reserve’. Natürlich müssen wir da hin. Und wahrlich, diese wildromantische Schlucht ist ein Kleinod in völliger Abgeschiedenheit. Anfänglich geht es noch über einen Trampelpfad, der sich aber bald im Gelände verliert. Das leise Gurgeln eines Baches und der Gesang der Vögel wird nur übertönt vom penetranten Gesumme der Fliegen.

Zurück auf dem Highway türmt sich vor uns eine riesige schwarze Rauchwolke auf. Das sieht nach mehr als einem kleinen Buschfeuer aus. “Da ist ihnen wohl wieder etwas außer Kontrolle geraten”, meint ein Einheimischer, als wir am nächsten ‘road house’ zum Lunch einkehren. Ohne Zwischenfälle erreichen wir unser Camp im Douglas Daly Park, mitten im tropischen Urwald am Douglas River.

Nach einem erfrischenden Bad wollen wir eigentlich einen Spaziergang am Fluss unternehmen, werden jedoch abgelenkt durch einen kleinen Piepmatz, der wie ein Irrwisch umherhüpft - wo immer wir in den nächsten Wochen hinkommen, wir werden von ‘Willie Wagtail’ begrüßt. Ein Fleckchen Erde zum verlieben ist das Tal des Douglas River. Unser Stellplatz, es ist der letzte verfügbare Rasenplatz, liegt unmittelbar am Fluss. Mit einem gemütlichen Abendessen beschließen wir den Tag.

Mit einem guten Frühstück starten wir in die nächsten Abenteuer. Auf unserer ersten Tour kommen wir zunächst zu den ‘Douglas Hot Springs’, einem Gelände, wo Seen und Bäche mit kochendem Wasser gefüllt sind. In der wildromantischen Landschaft, mit ihren von Regenfluten und Überschwemmungen entwurzelten Baumriesen, können wir bei einer ausgedehnten Wanderung, im hellen Sonnenschein des Bachufers neben der kleinen sehr scheuen ‘Friedenstaube’ unseren neuen Liebling, den wirklich in allen Farben schillernden Regenbogen-Bienenfresser, beobachten.

Dann sind wir unterwegs zu einem vermeintlichen Höhepunkt in dieser Wildnis - argwöhnisch verfolgt von den Blicken eines schwarzen ‘Drongos’ und eines Warans und begleitet von den Stimmen des Waldes. Kurz vor dem Ziel versperrt uns eine steile Felswand den Weg. Als wir sie mühsam erklommen haben, stellen wir fest, dass es keinen Abstieg auf der anderen Seite gibt. Wir müssen das Hindernis umgehen und erreichen dann nach einer weiteren Stunde schweißtreibender Kletterei über einen steinigen Hang und einen halsbrecherischen Abstieg unser Ziel, die ‘Butterfly Gorge’. Für Krokodile erscheint der Pool unerreichbar, also hinein ins erfrischende Nass. Um 16:00 Uhr sind wir wieder im Camp.

Auch als wir über eine ‘scenic route’ unser nächstes Ziel ansteuern, ziehen dichte Rauchschwaden übers Land. Diesmal müssen wir direkt durch die Feuerfront. Etwas mulmig ist einem schon, wenn der Wind die offenen Flammen unmittelbar neben der Straße durch den Wald treibt. Vorsichtshalber lassen wir beim Filmen den Motor des Wagens laufen, um schnell die ungastliche Stätte verlassen zu können.

Bei Adelaide River erreichen wir den Stuart Highway und sind nach kurzer Zeit in Palmerston. Der nächste Großeinkauf ist fällig. Die Vorräte schmelzen doch schneller dahin, als wir gedacht haben. Über eine Gravelroad erreichen wir den Westeingang zum Litchfield Nationalpark bei Wangi. Heute ist Freitag (nachmittags 15:00 Uhr) und halb Darwin scheint unterwegs zu sein. Auf dem Parkplatz und im Camp des Nationalparks herrscht Chaos. Wir steuern den noch in keiner Karte eingezeichneten neuen Wangi Tourist Park an. Der Park ist neu, die Bäume sind noch sehr niedrig und spenden wenig Schatten, aber wir finden wieder einen Platz, der unseren Vorstellungen entspricht und stehen mit unserem kleinen Domizil mitten in der Natur.

Auch im Wangi Caravanpark herrscht Hochbetrieb, allerdings der von uns bevorzugte. Die ersten Grevillas blühen und in den hohen Bäumen streiten die ‘Little Corallas’ (Nacktaugen-Kakadus) um die besten Plätze und die frischesten Blütenrispen. Bei Einbruch der Dämmerung werden die Corallas abgelöst, es erscheinen unzählige Flughunde und streiten sich lauthals um die besten Blüten.

Morgendliches Bad unter den Wangi-Wasserfällen Morgendliches Bad unter den Wangi-Wasserfällen © 2003-2016 Bernd Runde

Unser Camp liegt unmittelbar am westlichen Eingang zum Litchfield-Nationalpark. Am frühen Morgen des nächsten Tages sind wir dann im Park, zunächst für ein erfrischendes Bad unter den ‘Wangi Falls’. Auch hier ist die Luft von lautem Geschrei erfüllt. Es sind aber keine Kakadus. Unser morgendliches Bad im kristallklaren Wasser des Pools wird begleitet vom Geschrei einer großen Kolonie ‘Flying Foxes’. Es sind dieselben, die gestern im Camp die Grevillas geplündert haben. Es sind natürlich besonders die Wasserfälle, die dem Litchfield-Nationalpark ihren Stempel aufdrücken. Ein Juwel sind die von den Höhen des Hochplateaus in einen Kessel hinabstürzenden ‘Florence Falls’, ein Magnet für jeden Parkbesucher, so er denn den beschwerlichen Abstieg nicht scheut. Weniger spektakulär sind die Terrassen ‘Buley Rockholes’. Mit einem kurzen Abstecher zu den ‘Tollmer Falls’ beschließen wir unser Tagesprogramm.

Einen weiteren Höhepunkt soll am nächsten Tag ein Besuch des so genannten ‘Surprise Creek’ - des Überraschungs-Bachs - bilden. Eine Überraschung besonderer Art bietet schon die Fahrt dorthin. Der ‘track’ ist stellenweise sehr ausgefahren und ob wir durch alle Wasserlöcher unbeschadet durchkommen, wissen wir immer erst auf der anderen Seite. Über die Blythe Homestead, ein altes verfallenes Anwesen mitten in der Wildnis, erreichen wir am Ende des ‘tracks’ ein Schild, das uns signalisiert, dass wir richtig sind. Jetzt noch eine Stunde Fußmarsch, und wir sind am Ziel. Nach Lärm und Staub auf der Piste ist die Kühle der engen Schlucht am Ende unserer Wanderung eine Wohltat. Wir genießen es, wieder einen Fleck in diesem schönen Land gefunden zu haben, der scheinbar ganz allein uns gehört. Als wir gegen Mittag den Rückweg antreten begegnen uns Heerscharen von Touristen, die sich auf gebuchten ‘4-wheel-drive’-Touren in die Wildnis trauen.

Als wir den Nachmittag gemütlich im Camp verbringen, verdunkelt sich der Himmel und der Wind treibt Unmengen Asche von den ringsum brennenden Wälder durchs Land. Wegen dieser Waldbrände muss leider auch eine ins Auge gefasste Bootstour auf einem nahen Fluss ausfallen - Ziel ist nicht erreichbar. Wir verlassen den Litchfield-Nationalpark mit einem Abstecher zum ‘Tabletop Swamp’ und den sogenannten ‘Magnetischen Termitenhügel’. In Batchelor erreichen wir den Highway. Wir machen noch einmal einen Abstecher zum ‘Fog Dam’, in der Hoffnung, noch mehr Tiere beobachten zu können, denn inzwischen ist der Frühling weiter fortgeschritten. Und wahrhaftig, am Billabong herrscht reger Betrieb. Kuhreiher und die Großen Reiher stehen regungslos im Wasser und warten auf Beute. Die Jacanas scheinen mit ihren großen Füßen über das Wasser zu laufen. Ibisse, Adler, exotische Gänse und Enten und Langhals-Schildkröten, sie alle leben nebeneinander in Einklang mit der Natur.

Der Kreis unserer Rundfahrt schließt sich. Wir sind wieder am Ausgangspunkt, im Howard Springs Caravan Park. Hier werden wir uns auf kommende Ereignisse vorbereiten. Die Luft ist erfüllt vom Gesang unserer gefiederten Freunde. Laut trällert der ‘Gelbe Feigenvogel’ im Geäst über uns. Aber nicht nur am Tage, auch nachts herrscht Betrieb im Camp. Neugierig steigen die Opussums von den Bäumen.

Es gibt auch noch einiges zu erledigen. Im nahen ‘Howard Springs Nature Park’ genießen wir einen morgendliche Spaziergang. In Palmerston versorgen wir uns in der Apotheke mit neuem Mückenschutz, weil das von allen empfohlene ‘Bushman’ die Mücken wie magisch anzieht und nicht abschreckt. Den Rest des Tages verbringen wir in Darwin an der ‘East Point Road’ und am Lake Alexander. Hier herrscht die richtige Atmosphäre, um sich von Darwin, dem ‘top end’ und dem Northern Territory zu verabschieden.

Die letzten beiden Tage sind ‘action’-Tage. Zunächst muss die schmutzige Wäsche durch die Maschinen gejagt werden. Zum Lunch fahren wir noch einmal nach Palmerston in den ‘foodcourt’. Abgesehen von vielen Ruhepausen verbringen wir viel Zeit mit Gepäck neu sortieren, packen und umorganisieren.

Dann heißt es ‘ab nach Darwin’. Der Camper muss abgegeben werden. Dabei erfahren wir, dass bei Hertz in Broome anscheinend wieder so ein alter Schlitten auf uns wartet. Bei einem Camping-Ausrüster kaufen wir zwei ausgefallene Campingstühle und lassen sie gleich nach Deutschland verschiffen. Vom Hotel - unser ‘Frühbucher-Rabatt’ heißt ‘kostenlose Hotelübernachtung’ - geht noch ein Fax ab, an unser Reisebüro mit einer Zustandsbeschreibung des Campers.

Dann sitzen wir in der Hotel-Brasserie gemütlich beim Abschieds-Dinner. Eine Reiseetappe durch die faszinierende Landschaft des ‘Top End’ mit seiner exotischen Natur hat uns wieder Eindrücke geboten, die es sonst nirgends auf der Welt gibt.


Die wilde unberührte Küste der Kimberleys (Kreuzfahrt)

Daten Etappe 2

Reisebericht

Die Kimberleys’, das ist Synonym für den entlegensten nordwestlichen Teil Australiens. Eine wilde Landschaft - annähernd so groß wie Deutschland - durch die bis heute nur eine befestigte Straße führt. Die 23.000 Einwohner ändern nichts an der Tatsache, dass man die Region als unbewohnt bezeichnen kann. Fasziniert von der Abgeschiedenheit und der einzigartigen ursprünglichen Landschaft wollen wir diesen abgeschiedenen Teil Australiens zum dritten Mal besuchen.*

Unser Frühstück lassen wir heute aufs Zimmer kommen. Am 1. August 2003 um 09:15 Uhr steht das Taxi, wie bestellt, vor der Tür. An der ‘Stoke Hill Wharf’ (sprich worf) liegt die ‘Coral Princess’, ein schicker weißer Katamaran. Wir gehen mit nur 48 Gleichgesinnten an Bord des schnittigen Schiffes für eine Fahrt in eines der letzten unerschlossenen Gebiete unserer Erde.

Wir haben Kabine #101. Schnell ist das Gepäck untergebracht und wir stehen an der Reling, um das Auslaufen zu verfolgen. Pünktlich um 11:00 Uhr heißt es ‘Leinen los’. In der engen Hafenausfahrt drückt eine Windböe den Katamaran gegen die Hafenmole, als wir aus dem Windschatten eines großen Kriegsschiffs herauskommen. Es kracht ganz heftig, als die Reling des Schiffes zersplittert und durch die Luft wirbelt. An der Stelle, wo wir eben noch standen, um das Auslaufen zu beobachteten, klafft eine riesige Lücke im Geländer. Glück gehabt.

Das Essen ist sehr gut und reichhaltig. Nach dem Lunch finden wir  unter der Tür durchgeschoben  eine Einladung zum Dinner am ‘Captains Table’. Welche Ehre für uns Ausländer. Es wird ein netter sehr unterhaltsamer Abend. Mit uns sind noch fünf weitere Mitreisende eingeladen.

Es folgt eine unruhige Nacht. Der Katamaran tanzt wie eine Nussschale auf den Wellen der stürmischen See. Auf dem Weg von Darwin nach Western Australia müssen wir das offene Meer, den Joseph Bonaparte Gulf, überqueren. Nach gut 24 Stunden schneller Fahrt über die sehr unruhige Timor-See, ankern wir windgeschützt in der Koolama Bay. Wir haben unser erstes Ziel, die Mündung des King George River, erreicht. Appetit auf Frühstück haben wir unter diesen Umständen allerdings noch keinen. Christa geht, aber mir ist auch zum Lunch noch nicht nach Essen.

Unser Ausflugsboot wird das erste mal zum Einsatz kommen. Komfortabel steigen alle Passagiere schon im Bootsdeck in den am Heck hängenden Tender, der dann voll besetzt zu Wasser gelassen wird. Der ‘Explorer’ rauscht mit rasantem Tempo, getrieben von zwei 500-PS-Maschinen, auf die bewaldete Küste zu. Bald rücken die Uferzonen dichter zusammen. Die Bucht verengt sich zunächst zu einem breiten Fluss. Dann ragen plötzlich steile rote Klippen am Ufer auf, wir haben das Festlandmassiv erreicht. Bald sind wir in einer engen Schlucht, die der Fluss im Laufe der Jahrmillionen in den Sandstein gesägt hat und können erahnen, warum ein Großteil dieser Region von Land her überhaupt nicht zugänglich ist. Wir tauchen ein in erdgeschichtliche Vergangenheit. Hier sehen und erleben wir, mit welchen Kräften die Naturgewalten das Gesicht unserer Erde gestaltet haben. Wir spüren zum ersten Mal diesen Hauch des Abenteuers. Nirgends gibt es das geringste Anzeichen davon, ob vor uns schon andere Menschen hier gewesen sind.

Enge Schluchten des King George River Enge Schluchten des King George River © 2003-2016 Bernd Runde

Am Ende des Tals sollen uns eigentlich stürzende Wassermassen begrüßen. Mehrere trockene Sommer haben dazu geführt, dass auf dem Hochplateau die Flüsse wenig Wasser führen und dem entsprechend die Wasserfälle schon recht bald nach der Regenzeit versiegen. So auch in diesem Jahr. Die King George Wasserfälle glänzen durch Abwesenheit. Schade.

Beim Abendessen rebelliert mein Magen noch einmal, dann folgt aber eine ruhige Nacht. Als wir am nächsten Morgen vor Bigge Island ankern, sind die Folgen der Seekrankheit endgültig verflogen.

Dass diese Gegend durchaus schon bewohnt war, erfahren wir auf Bigge Island, unserem nächsten Ziel. Heißer Wind fegt über die Insel. Wir sind auf der Suche nach Spuren früherer Besiedlung. Schon vor 50.000 Jahren sollen sie von den indonesischen Inseln hierher eingewandert sein, die Aborigines, Australiens Ureinwohner. Unter Felsvorsprüngen und in Höhlen gibt es viele Relikte der frühen Einwohner in Form von Felsmalereien. Noch heute gelten den Aborigines viele dieser Stellen als heilig. Für uns ist es unvorstellbar, dass man in dieser unerträglichen Hitze leben kann, in der das verdunstende Meerwasser seine Spuren in Form von Salz hinterlässt.

Ankern vor Bigge Island Ankern vor Bigge Island © 2003-2016 Bernd Runde

Wir suchen und finden einige Stellen mit sogenannter ‘Aborigines Rock Art’ – Felsmalereien in den zwei Stilrichtungen Wonjina und Bradshaw.

Mit dem ‘Explorer’, dem stark motorisierten Beiboot der ‘Coral Princess’, starten wir zu einer Fahrt entlang der zerklüfteten Inselküste. Natürlich ist die Abgeschiedenheit dieser Region ein wahres Vogelparadies. Sachkundig informiert von Chris, dem Leiter der Vogelwarte in Broome, bekommen wir sie auch tatsächlich zu Gesicht, die Seeadler, Reiher, Schlangenhalsvögel - eine Kormoranart - und Ibisse.

Eine besondere Überraschung bieten die Kimberleys durch ihre abwechslungsreiche Küstenlinie. Hat der eine Fluss sich eine enge Klamm in den Fels geschnitten, so wälzt sich der nächste, gesäumt von dichten Mangrovensümpfen, träge durch die Wildnis. Es ist der Hunter River, den wir heute besuchen; und es ist an und im Hunter River, wo wir einem der ständigen Bewohner der australischen Nordküste begegnen. Es gibt keinen Küstenabschnitt zwischen Broome in West-Australien und Rockhampton in Queensland, an dem es angebracht ist, ins Wasser zu gehen. Bis zu 100 Kilometer landeinwärts, auch im Süßwasser, sind die bis zu 8 Meter langen menschenfressenden Salzwasser-Krokodile anzutreffen.

Wir ankern in einer Bucht vor der kleinen Insel ‘Naturaliste Island’. Der Strand ist krokodilfrei und bestens geeignet für die von Australiern bevorzugte Art der Essensbereitung. Alles, was für die Beköstigung von 50 Personen notwendig ist, wird an Land gebracht für ein zünftiges ‘beach barbecue’. Die Bewohner dieser Insel, unzählige Einsiedlerkrebse, tragen ihr Haus mit sich herum und suchen fluchtartig das Weite, als wir den Strand betreten. Saft, Wein, Sekt, Steaks und Würstchen schmecken ausgezeichnet. Für einen Verdauungs-Spaziergang ist am Strand Platz genug. Ein tropischer Abend in netter Gesellschaft unter den roten Felswänden der Kimberley-Küste, Herz was willst du mehr. Die Sonne ist längst hinter dem Horizont verschwunden, als wir in stockdunkler Nacht auf die ‘Coral Princess’ zurückkehren.

Bei unseren Landgängen gibt es sogenannte ‘trockene’ oder ‘nasse’ Landungen. Heute, wir haben einen Ort historischer Bedeutung, die ‘Careening Bay’ erreicht, ist eine ‘nasse’ Landung angesagt. Historisch ist dieser Ort deshalb, weil hier ein Baum steht, in den die Mannschaft des Expeditions-Schiffes ‘Mermaid’ die Jahreszahl 1820 geschnitten hat. Wir stehen also vor einem über 200 Jahre alten Exemplar eines Boab-Baumes, dem Wahrzeichen der Kimberleys. Die Australier nennen ihn nicht ‘baobab’, sondern nur ‘boab’ oder ‘boab tree’. Es ist die einzige Art des Affenbrot- oder Flaschenbaumes außerhalb der afrikanischen Hemisphäre.

Dieser Boab ist über 200 Jahre alt Dieser Boab ist über 200 Jahre alt © 2003-2016 Bernd Runde

Am fünften Tag unserer Reise ankern wir im ‘Saint George Basin’, einer tief ins Landesinnere reichenden Bucht im ‘Prince Regent’-Naturreservat. Ein breiter Fluss ergießt seine Wassermassen ins Meer. Berühmtheit hat der ‘Price Regent River’ 1987 erlangt, als eine amerikanische Filmschauspielerin bei einem Ausflug zu den ‘King Cascade’-Wasserfällen, alle Ermahnungen in den Wind schlug und beim Baden von einem Krokodil zerfleischt wurde. Wir bewundern die von den Felsen stürzenden Wassermassen aus dem sicheren ‘Explorer’. Auf ein erfrischendes Bad verzichten wir gerne und begnügen uns mit den Spritzern der kühlen Gischt.

Aufsteigender Rauch im Frühjahr bedeutet in Australien fast immer ‘Buschfeuer’. Gezielt wird das Unterholz der Wälder durch gelegte Feuer beseitigt. Eine seit uralten Zeiten von den Aborigines gepflegte Methode, um Waldbränden in der Trockenzeit die Nahrung zu entziehen. Ob es Unkenntnis oder Unvermögen ist, dass diese gelegten Brände sich heute sehr oft verselbständigen, ist hinterher sicher nicht immer feststellbar. Im saftig grünen Uferwald des ‘Prince Regent River’ tobt eine Feuerfront. Nach kontrolliertem Buschfeuer sieht das ganz und gar nicht aus.

Am Abend fasst Mark, unser ‘Ausflugs-Officer’, auf dem Bootsdeck das Tagesgeschehen noch einmal zusammen. Dann wird der Cocktailabend zum Bergfest eröffnet. Die Erlebnisse der vergangenen fünf Tage bieten reichlich Stoff für angeregte Unterhaltungen. Nur Wenige haben ein Auge für den an uns vorbei ziehenden Mount Trafalgar, mit 385 Metern die höchste Erhebung an der Kimberley-Küste, und die in der Abendsonne rot aufflammenden Felsformationen.

Mount Trafalgar in der Abendsonne Mount Trafalgar in der Abendsonne © 2003-2016 Bernd Runde

Elf Meter beträgt der Tidenhub in weiten Gebieten an der Kimberley-Küste. Für den Kapitän eine gewaltige Herausforderung, für uns ein interessantes Schauspiel, wenn mit ablaufendem Wasser plötzlich Inseln und Riffs aus dem Meer auftauchen. Eines dieser Riffs mit einer Ausdehnung von einigen Quadratkilometern wollen wir besuchen. Nachdem wir einen geeigneten Punkt in den gurgelnden Wassermassen gefunden haben, legt der Explorer an und wir steigen hinauf auf das langsam aus dem Meer steigende ‘Montgomery Reef’. Wir wandern über scharfkantige Korallen und bestaunen die vielfältige Meeresfauna. Korallen, Schwämme, Muscheln und Kleinfische kommen ans Tageslicht, um im Sechs-Stunden-Rhythmus wieder im Meer zu versinken.

Selbst hier draußen, wir sind ca. 20 Kilometer vom Festland entfernt, begegnen uns die ständigen Bewohner der Kimberley-Küste. Wie alte Baumstämme sehen sie aus, die dahin treibenden Salzwasserkrokodile. Zu verlockend ist für sie das Nahrungsangebot in dem vom Riff strömenden Wasser. Einen recht friedlich Eindruck machen auch die Mangrovensümpfe an den Ufern des Scott’s Creek. Eines Besseren werden wir bei einer nächtlichen Tour belehrt. In der Dunkelheit zeigt sich eindrucksvoll, wer hier auch nachts nicht schläft, sondern auf Futtersuche unterwegs ist. Überall am Ufer blitzen die phosphoreszierenden Augen im Schein unserer starken Taschenlampen auf.

Felsklippe Raft Point Felsklippe Raft Point © 2003-2016 Bernd Runde

Als einen der markantesten Punkte an dieser einzigartigen Küste hatten wir schon vor fünf Jahren den ‘Raft Point’ empfunden. Bis zu 180 Meter ragen die steilen Wände der Küste auf und geben den Blick frei auf 400 Millionen Jahre Erdgeschichte. Als Alternative zu einem Aufstieg zu weiteren Aborigines-Malereien, die wir kennen, heißt es: ‘Der Explorer fährt zur Vogelbeobachtung’. Dafür verzichten wir auf den Landgang. Unter fachkundiger Anleitung von Chris gleitet das Boot dicht am Ufer entlang. Als Höhepunkt erleben wir neben Seeadlern und Reihern eine Gruppe balzender ‘Collared Kingfischer’, einer besonders großen Art, für die es im Deutschen noch nicht einmal einen Namen gibt.

Wir sind schon auf der Rückfahrt, als über Sprechfunk die Meldung ‘Wale vor Raft Point’ durchkommt. Nichts wie hin. Tatsächlich, gemächlich zieht da eine Walmutter mit ihrem Nachwuchs die Küste entlang.

Nachmittags klettern wir dann noch auf ‘Rankin Island’, einer zerklüfteten kleinen Insel, über lose Geröllhalden herum, ein wie uns scheint recht nutzloses Unterfangen. Die Wassertemperatur und die mit Ebbe und Flut wechselnden Strömungen machen die ‘Talbot Bay’ zu einem Paradies für die Perlenzucht. Uns interessieren aber mehr die einzigartigen Naturereignisse dieser Küstenregion. Hinter den steilen Felswänden der Küste liegen viele Buchten und Seen, die nur durch enge Felsspalten mit dem Meer verbunden sind. Mit ungeahnter Macht bahnen sich bei Ebbe oder Flut ungeheure Wassermassen ihren Weg durch diese engen Spalten. Einer dieser Durchbrüche hat inzwischen sogar einen Namen. Die so genannten ‘Horizontalen Wasserfälle’ stehen als Synonym für ein einzigartiges Naturschauspiel. Wir sind allerdings noch etwas früh dran, um dieses Schauspiel zu erleben. Zeit für eine geologische Exkursion in der Schlucht ein nahes Flusstals. Das erste Mal auf dieser Tour sehen wir starke Verwerfungen in den Steilwänden am Ufer, ein Zeichen früherer vulkanischer Tätigkeit.

In respektvollem Abstand von den durch das Tor strömenden Wassermassen dümpelt der Explorer dann in einer Bucht. Wer unbedingt noch einen Adrenalinstoß benötigt, fährt mit dem ‘Zodiac’ in rasender Geschwindigkeit durch die gurgelnden Wassermassen des engen Durchlasses. Der Explorer wartet, bis auf beiden Seiten ungefähr gleich hoher Wasserstand erreicht ist, ehe die Mannschaft den Durchbruch passiert.

Bis zu 11 m Tidenhub an der Kimberley-Küste Bis zu 11 m Tidenhub an der Kimberley-Küste © 2003-2016 Bernd Runde

Den Nachmittag verbringen wir an einer hoch auf den Klippen der Küste liegenden Badestelle, dem ‘Crocodile Creek’. Wir genießen die Kühle des frischen Pools abseits von krokodilverseuchten Gewässern. Der kleine Tümpel ist bei Ebbe nur über eine eiserne Leiter zu erreichen. Die Stelle war das Wochenend-Ausflugsziel der Bergarbeiter von Coolan Island und Cookatoo Island, zweier Eisenerzinseln in der Nähe.

Zum Hochzeitstag, es ist inzwischen der 08.08., spendiert uns die Besatzung eine Lage Sekt an der Bordbar. Von einigen Mitreisenden aus Süd-Australien (Ross + Dorothy, Jim + Ann) werden wir zum Besuch auf ihrer Farm in Naracoorte eingeladen.

Noch eine Inselumrundung steht als Unterbrechung bei der Weiterfahrt an. Chambers Island fasziniert besonders durch seine wild-zerklüfteten Felsformationen. Eigenartige Wasserströmungen und Strudel haben hier schon einige Schiffsbesatzungen in Schwierigkeiten gebracht.

Weißbauchtölpel [Sula leucogaster] Alt- und Jungvogel Weißbauchtölpel [Sula leucogaster] Alt- und Jungvogel © 2003-2016 Bernd Runde

Lacepede Islands heißt ein aus drei Sandbänken bestehendes Vogelschutzgebiet weit vor der Küste. Es ist die letzte Station auf unserer Kreuzfahrt. Von Chris geführt gehen wir auf einer der Inseln an Land. Hautnah erleben wir die Vogelkolonie. ‘Brown Boobies’ heißen die ‘Weißbauch-Tölpel’ in Australien. In allen Wachstumsstadien erleben wir die Jungvögel, die im hohen Gras auf die Rückkehr der Eltern vom Fischfang warten. Der Zutritt zur Fregattvogel-Kolonie bleibt uns wegen des noch frühen Brutstadiums leider verwehrt. Wir begnügen uns mit dem Anblick der majestätisch am Himmel kreisenden Vögel.

Weißbauchtölpel im Flug Weißbauchtölpel im Flug © 2003-2016 Bernd Runde

Dann nimmt der Katamaran ein letztes Mal Fahrt auf. Wir steuern Broome an, die Perlenfischer-Stadt am nördlichsten Ende der westaustralischen Küste. Unterbrochen wird die allgemeine Ruhe vom erneuten Ausruf ‘Wale an Backbord’.

Die flotte Fahrt der ‘Coral Princess’ bietet einigen sportlich Ambitionierten Gelegenheit, mit langer Schnur und Schlepphaken ihr Glück als Angler zu versuchen. Für uns ist die Fahrt über erneut - wie am ersten Tag - rauhe See mit zwei Meter hohen Wellen, Anlass, sich in der Kabine wieder in die Waagerechte zu begeben. Am Abschiedsdinner nehmen wir nicht teil. Als wir in Reichweite des Festlands kamen, hat Chris Kontakt mit dem Observatorium aufgenommen und uns einen Platz im Camp des Bird Observatory reserviert.


Die Küste von Broome bis Esperance und durch die Nullarbor (im 4WD-Bushcamper)

Daten Etappe 3 (37 Tage Westaustralien, 5.986 km)

Von Broome in die Pilbara - Westaustralien Teil 1

Von Broome soll uns der folgende Teil unserer Reise zunächst an den längsten und vor allem einsamsten Strand der Welt führen, zum Eighty Mile Beach. Auf dem ‘Highway Number One’ werden wir Port Hedland ansteuern als Ausgangspunkt für einen Abstecher in den wildromantischen Karijini-Nationalpark. In Tom Price, im Herzen der Pilbara, heißt es dann sicher zunächst, den roten Staub wieder loszuwerden, ehe wir wieder die Küste ansteuern.

Mo 11.08.2003 ab km-Stand 96.019 Cable Beach.
Pünktlich legen wir morgens früh in Broome, der alten Perlenfischerstadt am Nordende der Westaustralischen Küste, an. Nach herzlicher Verabschiedung von der versammelten Mannschaft und einem Teil der Reiseteilnehmer startet der Shuttle-Bus in die Stadt. Leider steuert der Busfahrer zunächst die Pkw-Vermietung von Hertz an. So kommen wir allerdings zu einer unfreiwilligen Stadtrundfahrt.

Im Camper-Depot erwartet uns eine Überraschung. Für uns ist nicht der 4WD-Camper mit der uns vorher mitgeteilten Nummer bereitgestellt. Wir erhalten ein Gefährt, das Klassen besser ist, als der Camper in Darwin. Unsere schriftliche Reklamation hat wohl etwas bewirkt. Wir erhalten sogar noch einen anständigen Tisch.

Jetzt müssen wir uns aber erst auf die neue Situation einstellen. Wir haben wieder festen Boden unter den Füßen. Wie gut, dass wir von Deutschland aus einen Stellplatz vorbestellt haben. Das Camp ist bis auf den letzten Platz ausgebucht. Western Australia hat eines der so geliebten ‘long weekends’. Abwechslungsreich ist er ja, dieser rote Kontinent. Als nach der ‘Großen Wäsche’ alles auf der Leine hängt, brechen wir auf zum nahen ‘Cable Beach’. Den Spaziergang auf der Uferpromenade müssen wir etwas überstürzt abbrechen, da es anfängt zu regnen.

Di 12.08.2003 [30 km] Broome.
Am nächsten Tag zeigt uns Australien dann so richtig, welche Überraschungen es immer und überall bereit hält. Die Regenzeit ist eigentlich schon seit zwei Monaten vorüber und trotzdem gießt es in Strömen. Unsere Wäsche hängt tropfnass auf der Leine. Auch unser Frühstück müssen wir im Wagen fortsetzen, weil ein weiterer Regenguss niedergeht. Aber ehe wir großes Geschrei anstimmen, wie die Vögel auf unserem Camp, allen voran der Glattstirn-Lederkopf, ist der Spuk auch schon vorbei. Wir brechen auf zum Stadtbummel. ‘Shopping’ macht am meisten Spaß, wenn man nichts mehr benötigt. Mit Kamera und Mikrofon sind wir am Nachmittag dann im Camp unterwegs, auf der Jagd nach den zahlreichen gefiederten Gesellen, die uns den ganzen Tag mit ihrem Gesang unterhalten.

Mi 13.08.2003 Broome, Cable Beach, Roebuck Bay (Bird Observatory Camp).
Haben wir Ebbe oder Flut? Es ist nicht exakt auszumachen, als wir am nächsten Morgen zu einem langen Spaziergang am herrlichen Strand des ‘Cable Beach’ aufbrechen. Der Wagen steht, wie es hier üblich ist, direkt auf dem Strand, in der Nähe einer Zufahrt durch die Dünen. Nach einer halben Stunde merken wir, dass wir auflaufendes Wasser haben. Die Küstenlinie wandert unaufhaltsam immer höher den Strand hinauf. Wir haben Flut. Nichts wie zurück. Wir kommen gerade rechtzeitig. Das Wasser umspült schon die Räder unseres Campers. Keine Zeit für Filmaufnahmen; nur weg hier. Einfach gesagt, bloß wohin? Die Zufahrt zum Strand steht schon unter Wasser. Von den Felsbrocken, die die Zufahrt zum Strand markieren, schauen nur noch einige wenige aus dem Wasser. Ich versuch’ es. Geländegang eingelegt, in Gedanken noch einmal die Spur markiert, wo der festgefahrene ‘track’ sein müsste und mit Vollgas hindurch. Das Wasser spritzt auf, braune Brühe läuft an den Scheiben herunter, ich kann fast nichts mehr sehen, aber wir kommen durch. Der Wagen sieht aus, als ob wir vier Wochen in Sumpfgelände unterwegs gewesen sind.

Unser Geheimtipp in Broome ist das ‘Bird Observatory’ unmittelbar an der Roebuck Bay. Hier hält man für Naturfreunde elf Camper-Stellplätze mitten im Busch bereit. Das ist der ideale Ausgangspunkt für einsame Spaziergänge und ungestörte Vogelbeobachtungen. Auch in der Roebuck Bay fällt bei Ebbe das Wasser um einige Meter. Das frei fallende Land ist für die Vögel ein reich gedeckter Tisch und Jahr für Jahr Rastplatz vieler Zugvögel auf ihrem zum Teil über 10.000 Kilometer langen Flug von und nach Sibirien.

Silberreiher [Ardea alba] Silberreiher [Ardea alba] © 2003-2016 Bernd Runde

Recht enttäuscht sind wir deshalb, als wir beim ersten Strandspaziergang kaum Vögel zu Gesicht bekommen. Hat sich das Wasser zurückgezogen, tauchen aber andere, sonst nicht sichtbare Meeresbewohner auf. Schlammspringer und Winkerkrabben bevölkern plötzlich den roten Schlick. Die Krabben spüren jede Erschütterung des Bodens und können darüber hinaus mit ihren ausgefahrenen Stilaugen sehr gut sehen. Wenn ich auch nur einen Schritt mache oder mich aufrichte, verschwinden sie alle in ihren Höhlen.

Do 14.08.2003 [35 km] Broome, Roebuck Bay.
Am nächsten Morgen sind wir wieder unterwegs. Die Flut drückt die Wassermassen zurück in die Roebuck Bay. Sogar der Rastfelsen der Pelikane versinkt langsam wieder im Wasser. Von den Mangroven schauen nur noch die Spitzen aus dem Meer. Das ist die Zeit, in der sich normalerweise auch die Watvögel am Ufer dicht zusammendrängen, um auf das nächste Futterangebot in 6 Stunden zu warten. Nur, wo sind sie? Nach einem langen Marsch um die Roebuck Bay finden wir endlich eine Bucht, in der sich Hunderte von Rotkopf-Säbelschnäbler, Strandläufer und Seeschwalben zusammendrängen. Im Camp erfreuen wir uns jeden Tag aufs neue, wenn wir von ‘Willie Wagtail’, dem Garten-Fächerschwanz, begrüßt zu werden.

Fr 15.08.2003 [390 km] Eighty Mile Beach.
Nur 400 Kilometer südlich von Broome lockt uns die unendliche Weite des ‘Eighty Mile Beach’. Um 10:00 Uhr sind in Broome alle Einkäufe erledigt und der Tank, die Gasflasche und der Wasservorrat aufgefüllt. Durch flaches Buschland, überall müssen wir durch Gebiete fahren, in denen Buschfeuer gewütet haben, folgen wir zunächst dem Highway Nr. 1. Bei einer vorgeschriebenen Höchst-Geschwindigkeit von 110 Kilometern pro Stunde, die übrigens hier jeder einhält, erreichen wir das ‘Sandfire Roadhouse’ gerade richtig zur ‘lunch’-Zeit. Dann ist es nur noch ein Katzensprung, um zur Küste an den Indischen Ozean vorzustoßen.

Im Camp herrscht Hochbetrieb. Leider ist kein Komfort-Stellplatz mit Strom und Wasser mehr frei. Wir stehen aber recht angenehm ‘unpowered’ am Rande des Camps. Wir lieben diese abgeschiedene Ecke von Westaustralien. Hier haben wir das Gefühl, die Welt gehört ganz allein uns. An dem 150 Kilometer langen Strand gibt es keine Stadt, kein Dorf. Es ist zweimal im Jahr der Rastplatz von mehr als einer halben Million Zugvögel. Dieser Strand hat es uns angetan. Wir ziehen gleich los zu einer ausgedehnten Wanderung. Immer wieder verhalten wir den Schritt. Wir können uns nicht sattsehen an den in kurzen Sprints über den Sand huschenden Rotkopf-Regenpfeifern. Aber auch unter den Palmen im Camp gibt es genug zu beobachten.

Weißbauchschwalbenstar [Artamus leucorynchus] Weißbauchschwalbenstar [Artamus leucorynchus] © 2003-2016 Bernd Runde

Sa 16.08.2003 Eighty Mile Beach.
Auch am nächsten Tag sind wir stundenlang (3 Stunden) an dem bei Ebbe mehrere Kilometer breiten Strand unterwegs. Zum Mittag hat Christa eine Überraschung im Topf: Schweinelendchen in Paprika/Tomaten-Gemüse auf Nudeln. Was doch so eine kleine Camperküche alles hergibt. Den Abend verbringen wir dann bei dem faszinierenden Schauspiel des Sonnenuntergangs mit seinem dramatischen Farbenspiel und den Spiegelungen in den Wasserlachen der Uferzone.

Die Sonne versinkt im Meer Die Sonne versinkt im Meer © 2003-2016 Bernd Runde

So 17.08.2003 [247 km] Port Hedland (Strand).
Noch einmal wechseln wir den Standort. In Port Hedland liegt das von uns angesteuerte Camp abseits vom Lärm und den roten Staubwolken des größten australischen Eisenerzhafens. Hier wollen wir uns auf einen mehrtägigen Abstecher in die Wildnis der ‘Hamersley Range’ vorbereiten. Zunächst finden wir aber das ‘Shopping Center’ nicht. Einkaufen wird auf Morgen verschoben.

Schon im Camp ziehen uns die mannigfaltigen Stimmen aus riesigen Bäumen in ihren Bann. Auf dem Weg zum nahen Strand werden wir dann noch von einigen Zebrafinken aufgehalten, die sich über die Samen des hohen Grases hermachen. Geruhsam geht es in der Mittagshitze am Strand zu, auch wenn einige Hektiker, wie Austernfischer und Steinwälzer, immer wieder Unruhe stiften. Zwischen den uns bekannten Möwen und Seevögeln entdecken wir mehrere pechschwarze Gesellen, es sind die in Australien endemischen Rußausternfischer.

Mo 18.08.2003 Hamersley Range, Einfahrt über Munjina Gorge, Camp am Dales Gorges.
Es fehlt immer etwas. Vor der Weiterfahrt müssen wir also zum Einkauf. Eine gute Gelegenheit auch ‘mal etwas Ausgefallenes einzukaufen. Heute Abend wird es Steak mit geschmorten Zwiebeln geben. Heißer Wind bläst über das flache Land als wir landeinwärts unterwegs sind durch 600 Kilometer Einsamkeit zu unserem nächsten Ziel, dem Karijini-Nationalpark in den ‘Hamersley Range’. Die Klimaanlage im Wagen läuft auf Hochtouren. Wir passieren flache ausgetrocknete Flussbetten und halten natürlich, wann immer sich etwas Blühendes am Wegesrand zeigt.

Mit über 6.000 Quadratkilometern ist der Karijini-Nationalpark der zweitgrößte von West-Australien. Seine Besonderheit sind die einzigartigen in Jahrmillionen entstandenen tiefen Schluchten mit Flüssen und Wasserfällen und der Kontrast des roten Gesteins zum strahlenden Blau des Himmels und den weißen Stämmen der ‘Gum Trees’.

Wir nehmen diesmal nicht die asbestverseuchte Nordeinfahrt durch die ‘Yampir Gorge’, sondern steuern das Zentrum des Parks über die Osteinfahrt durch die ‘Munjina Gorge’ an. Die Sonne steht schon recht tief, als wir unser Ziel erreichen. Unser Stellplatz am ‘Dales Gorge’ ist wieder mitten in der Natur, direkt im Nationalpark. Dafür muss man allerdings für gewisse Bedürfnisse weit in den Busch gehen. Neu ist, dass die Stellplätze von einem Parkwächter vergeben werden, der auch die kräftig erhöhte Platzgebühr kassiert. Lange sitzen wir noch mit einem Glas Wein und genießen den Sonnenuntergang und die hereinbrechende Nacht.

Im Karijini Nationalpark Im Karijini Nationalpark © 2003-2016 Bernd Runde

Di 19.08.2003 3°C, Fortscue Falls, Fern Pool, Circular Pool.
Bei strahlendem Sonnenschein ziehen wir zu einer Tageswanderung los. Tief hat der ‘Fortscue River’ sich in das Plateau eingegraben. Ein anspruchsvoller steiler ‘trail’ führt hinunter in die Schlucht zu den Fortscue-Fällen und dem ‘Fern Pool’. Danach folgen wir dem ‘Galitris Trail’, einem Trampelpfad an der Abbruchkante der Schlucht, bis zum ‘Circular Pool’. Immer wieder bieten sich herrliche Ausblicke auf die einzigartige Naturkulisse.

Das Wissen um die Giftigkeit australischer Schlangen veranlasst mich, einen mächtigen Satz in die Büsche zu machen. In aggressiver Haltung züngelt sie mich an, als ich ihr auf dem Pfad zu nahe komme. Man soll gar nicht glauben, aus wie vielen Augenpaaren man in dieser Wildnis beobachtet wird. Auf dem Rückweg vom ‘Circular Pool’ durchs sonnendurchglühte Buschland huschen kleine Echsen zwischen den rotbraunen Felsen herum und aus den niedrigen blühenden Grevilla- und ‘Bottle Brush’-Büschen ertönt vielstimmiges Vogelgezwitscher. Wir beeilen uns zurück zum Camper. Die malerischen Wolkengebilde am blauen Himmel verdichten sich immer mehr. Obwohl sich eine bedrohliche Gewitterfront bildet, bleiben wir von Ungemach aber verschont.

Mi 20.08.2003 4°C, Kalamina Gorge, Joffre Falls, Weano Gorge (Junction Lookout, Oxer Lookout, Weano Gorge Rim Trail) [Reifenpanne].
In der Nacht wird es eisig kalt. Wir erfahren später, dass es nur 3°C waren. Alle Wolken sind verschwunden. Ideales Wetter für die Erkundung der vielen Schluchten im Zentrum des Nationalparks. Zunächst folgt aber eine höllische Materialschlacht. Die ‘Gravelroad’ ist lange nicht geglättet worden. Im Wagen springt alles wild durcheinander.

Die Kalamina-Schlucht Die Kalamina-Schlucht © 2003-2016 Bernd Runde

Unser erster Besuch gilt der Kalamina-Schlucht. Wir unternehmen eine ausgedehnte Wanderung durch das malerische Tal. Einen ‘trail’ oder gar Wegmarkierungen gibt es nicht. Über Stock und Stein folgen wir dem gurgelnden kleinen Bach. Erst als dichtes Gestrüpp zwischen den steilen Felswänden uns den Weg versperrt, kehren wir um. Die nächsten Stationen sind die ‘Joffre Falls’ und das ‘Weano Gorge’, wo wir den ‘Junction Lookout’ und den ‘Oxer Lookout’ besuchen und dann noch dem Wanderweg an der Abbruchkante der Schlucht folgen. Die ganze Dramatik dieser Landschaft spürt man nirgends so hautnah, wie am ‘Oxer Lookout’. Hier treffen vier Schluchten zusammen. Atemberaubend die Blicke hinunter auf die in allen Rot- und Gelbtönen schillernden Steilwände und palmenbestandenen permanenten Wasserlöcher.

Am Oxer-Lookout Am Oxer-Lookout © 2003-2016 Bernd Runde

Der Rückweg geht über die gleiche Piste. Ich habe das Gefühl, dass die Waschbrett-Rillen noch tiefer sind als auf der Herfahrt. Oder sollte etwa etwas mit den Reifen sein? Es ist nur noch ein Kilometer bis zum Camp, das Geräusch verlangt allerdings nach sofortiger Kontrolle. Tatsächlich, diese teuflische ‘Gravelroad’ kostet uns einen Reifen. Hinten rechts hängen nur noch einige Fetzen auf der Felge. Der Reifenwechsel gestaltet sich zu einer schweißtreibenden Prozedur. Es gibt keine markierte Position für den Wagenheber. Der Wagen liegt außerdem so tief, dass der Wagenheber sich an der Achse nicht ansetzen lässt. Nur mit der Hilfe eines netten Australiers und seines aufblasbaren Wagenhebers (exhaust air bag) ist diesem Problem beizukommen.

Do 21.08.2003 [591 km] Tom Price.
Auch die nächste Nacht ist wieder eiskalt (4°C). Wir wärmen unsere steifen Glieder in der Morgensonne. Ohne Ersatzreifen werden wir keinen weiteren Tag im Nationalpark bleiben.

Wir brechen auf nach Tom Price, seit 1965 das Zentrum der Eisenerzgewinnung in der Pilbara. Dort werden wir einen zusätzlichen, weil nicht geplanten, Aufenthalt einlegen. Zunächst gehen wir aber auf die Suche nach einem Ersatz für unseren demolierten Reifen. Dann beziehen wir Quartier in einem sauberen Camp am Fuße des höchsten Berges von Westaustralien, dem 747 Meter hohen ‘Mount Nameless’, wo wir uns und den Camper vom roten Staub befreien. Als die Wäsche im Wind flattert, widme ich mich dem Geschrei am anderen Ende des Camps. Die ‘Little Corallas’, (deutsch: Nacktaugenkakadu) toben in den Bäumen und an allen Masten, als ob sie Honorar für ihre Präsentation bekommen. Das ist Lebensfreude pur. Wenn man das gesehen hat, bekommt man Depressionen bei dem Gedanken, dass solche Tiere in Käfige eingesperrt werden.

Am Abend kommt heftiger Sturm auf, so dass wir wegen des über den Platz wirbelnden roten Staubs nicht im Freien sitzen können.


Von Nationalpark zu Nationalpark durchs Wildblumenland - Westaustralien Teil 2

Fr 22.08.2003 [259 km] [Sturmnacht] noch ein Reifen platt, Milstream Nationalpark.
Der Sturm rüttelt die ganze Nacht am Camper und peitscht den Regen durch Fenster und Ritzen. Überraschung am Morgen. Auch der Ersatzreifen hinten links verliert Luft. Also vor der Weiterfahrt noch einmal in die Werkstatt.

Wildblumen-Paradies Westaustralien Wildblumen-Paradies Westaustralien © 2003-2016 Bernd Runde

In Richtung zur Küste kann man Tom Price nur über die Straße #136, eine staubige ‘gravelroad’, verlassen. Unser nächstes Ziel ist der Milstream-Nationalpark, ein Kleinod, das nur von Insidern angesteuert wird. Zu erreichen ist er allerdings nur über staubige Pisten. Das Camp am ‘Crossing Pool’, einem permanent mit Wasser gefüllten Abschnitt des Fortscue River, ist leer. Wir sind und bleiben auch die folgende Nacht die einzigen Gäste. Das heißt allerdings nicht, dass der Platz auch ruhig ist. Im Gegenteil, wir haben ein sehr lautes Quartier. In den Eukalypten, die den Fluss säumen, erzeugen Tausende von Nacktaugen-Kakadus, die ‘Little Corallas’, ein ohrenbetäubendes Geschrei.

Wir fühlen uns wie im Paradies. Ein anspruchsvoller ‘trail’ führt über Stock und Stein, Buschland, urwaldähnlichem dichten Wald und durch einen Palmenhain zum ‘visitor center’. Erschrocken über so viel Betrieb, suchen die Roten Riesenkängurus das Weite. Mit der uns zur Verfügung stehenden Zeit haben wir uns total verschätzt. Mit unbeschreiblichem Tempo sinkt die Sonne dem Horizont entgegen. Den Weg zurück würden wir in der Dunkelheit ganz sicher nicht finden. Im Eiltempo kehren wir um, ohne das Besucher-Zentrum aufzusuchen.

Im Schein der untergehenden Sonne erhalten wir noch eine Sondervorstellung der akrobatischen Künste der weißen Kakadus. Machen die ‘Corallas’ Pause, ergreifen die Kookaburras die Gelegenheit, ihren Teil zu der Geräuschkulisse beizutragen. Als sich die ganze Meute der ‘Corallas’ bei Einbruch der Abenddämmerung dann als weiße Wolke in den Himmel erhebt, ist die plötzlich einkehrende Ruhe fast bedrückend.

Sa 23.08.2003 [587 km] Python Pool (Chichester NP), Camp Giralia Sheep Station.
Ein malerischer Morgen verhilft uns zu einem ungestörten Frühstück in der Wildnis direkt am ‘Circular Pool’. Vom Parkranger erhalten wir die Empfehlung, auf dem geplanten Weg nach Exmouth eine Nacht auf der ‘Giralia Station’, einer bewirtschafteten Schaffarm, zu verbringen. Zunächst liegen auf dem Weg zum Northwest Highway aber einige Kilometer unbefestigter ‘gravelroad’ vor uns. Im Chichester Nationalpark wird die Straße sogar einspurig, dafür ist sie aber befestigt. Nach einem kurzen Aufenthalt am Python Pool im Chichester Nationalpark fahren wir direkt durch bis zur ‘Giralia Sheep Station’, 125 Kilometer vor Exmouth. Der Stellplatz hinter dem Schafschererschuppen ist zwar ruhig und mit Netzanschluss, aber entspricht keineswegs dem sonst üblichen Standard.

So 24.08.2003 [144 km] Exmouth (Lighthouse Caravan Park).
Die himmlische Ruhe unter südlichem Sternenhimmel beschert uns allerdings eine angenehme Nacht. Nach einem gemütlichen Frühstück nehmen wir die Straße nach Exmouth unter die Räder. Dort füllen wir alle Vorräte auf, und nach einem leichten ‘lunch’ steuern wir den ‘Lighthouse Caravan Park’ an. Das Camp liegt unmittelbar am Eingang zum Nationalpark. Einen sehr angenehmen Platz nehmen wir zunächst aber nur für 2 Nächte, weil wir eventuell noch im Nationalpark übernachten wollen, wenn wir einen geeigneten Platz finden. Der erste Weg führt uns an den nahen Strand, wo uns ein unmittelbar in den Dünen brütendes Adler-Pärchen in seinen Bann zieht. Der starke Wind treibt heftige Brandung ans Ufer.

Mo 25.08.2003 [127 km] Cape Range NP (T-Bone Bay, Turquoise Bay, Sandy Bay).
Der nächste Tag führt uns dann an einige der einzigartigen Buchten im Cape Range-Nationalpark. Vor der Küste liegt ein langgezogenes Riff. Es gehört zum ‘Ningaloo Marine Park’. Die Auswirkung dieses Schutzes sind malerische Buchten und wunderbare Lagunen mit blendend weißem Sand und türkisfarbenem Wasser. Die richtige Umgebung für ausgedehnte Strandspaziergänge. Draußen an der Riffkante ist die Gischt der Brandung als weißer Strich am Horizont auszumachen. Im Besucherzentrum erfahren wir, dass Camper-Stellplätze nicht mehr zur freien Verfügung stehen. Ohne vorherige Buchung besteht also keine Aussicht, direkt im Park zu übernachten, und zur Zeit ist alles belegt. Dann werden wir eben weiterfahren. Übernachtungen in freier Natur gibt es auch wo anders. Wir verbringen den Tag mit ausgedehnten Wanderungen an T-Bone Bay, Turquoise Bay und Sandy Bay. Zum essen fahren wir zurück ins Camp, wo wir dann auch bei einem malerischen Sonnenuntergang den Tag beschließen.

Di 26.08.2003 [183 km] Yardie Creek, Ningaloo Station, Coral Bay.
Durch den Tiefsand des ‘Yardie Creek’ verlassen wir den Park und folgen dem Küstentrack bis zur Ningaloo Station. Durch unwegsames Gelände geht es nur sehr langsam voran. Die scheußlichste und ungepflegteste ‘gravelroad’, die wir je gefahren sind, bringt uns dann zurück auf den ‘Northwest Highway’. Nach den Strapazen dieser Route beschließen wir, Coral Bay anzusteuern.

Wie erwartet herrscht dort allerdings Hochbetrieb. Wir landen auf einem sandigen Platz, weit ab von Waschräumen und Toiletten, selbst zum nächsten Trinkwasserhahn sind es 150 Meter. Auch am Strand herrscht Hochbetrieb. Autos und Motorboote verpesten die Luft. Als wir ankommen, herrscht gerade Ebbe. Bei einem Bummel durch das freigefallene Riff, bewundern wir Korallen und Muscheln. Es ist die ideale Atmosphäre abseits des Trubels im Camp, um Körper und Seele zu entspannen und für kommende Ereignisse aufzutanken.

Mi 27.08.2003 [336 km] Bloweholes, Carnarvon, Plantation Caravan Park (Big4).
Wenigstens gut geschlafen haben wir. Ab die Post. Um 08:45 Uhr sind wir wieder unterwegs. Als wir den Wendekreis des Steinbock passiert haben, unmittelbar hinter dem Minilya Roadhouse, steht plötzlich in allen Senken und Straßengräben Wasser. Das ist ein gutes Zeichen, denn dann hat der Frühling hier schon Einzug gehalten. Kurz darauf kommen wir dann auch kaum noch voran. Blütenteppiche bedecken überall die Landschaft.

Nördlich von Carnarvon machen wir noch einen Abstecher durch trocken gefallene Salzpfannen und Lagunen zur Küste. Dort erwartet uns ein besonderes Spektakel, die ‘blowholes’. Riesige Wellen rollen gegen die Felsenküste. Im porösen Gestein der Küste befinden sich Höhlen, die kleine enge Ausgänge zur Erdoberfläche haben. Die Wellen pressen Wassermassen in diese Höhlen, das durch die Löcher in bis zu 20 Meter hohen Fontänen nach oben entweicht.

Küste bei Carnarvon Küste bei Carnarvon © 2003-2016 Bernd Runde

In Carnarvon beziehen wir in dem uns bekannten Big4 ‘Plantation Caravan Park’ Quartier. Die Nähe der Stadt nutzen wir natürlich wieder für eine ausgiebige ‘shopping’-Tour. Das Camp ist nicht mehr so gemütlich, wie vor vier Jahren. Eine angrenzende Tankstelle ist zum ‘road train’ Stellplatz erweitert worden. Es herrscht die ganze Nacht über reges kommen und gehen.

Do 28.08.2003 [354 km] Hamelin Bay, Shell Bay, Denham, Monkey Mia Resort.
Der Highway #1 führt südwärts wieder durch die recht monotone Salzbusch- und Spinifex-Einöde des Outbacks. Erst auf den letzten 70 Kilometern zwischen Wooramel Roadhouse und Overlander Roadhouse wird die Straße von reicher Wildblumenpracht gesäumt. Gleich nach dem Abzweig zur Peron-Halbinsel beginnt die abwechslungsreiche und interessante Landschaft rund um die Shark Bay, die von der UNO wegen ihrer einzigartigen Naturschauspiele zum Weltnaturerbe erklärt wurde.

*Vermutlich die ersten Lebewesen auf dieser Erde, die Sauerstoff erzeugten, sind Stromalithen. Diese kugelförmigen Bakterienansammlungen bedecken an der Shark Bay ein großes Areal. Die Wissenschaft schreibt ihnen die Anreicherung der Erdatmosphäre mit der für unser Leben notwendigen Menge Sauerstoff zu.*

Wir stromern durchs Gelände am Hamelin Pool, wo es riesige Ansammlungen von Stromatolithen gibt. Die nächste Station ist die Shell Bay. Am Ufer dieser Bucht lagert eine bis zu zehn (10) Meter dicke Muschelschicht. Durch ungünstige Strömungsverhältnisse kann das Wasser der Bucht nicht frei abfließen und ist deshalb salzhaltiger als das Meer und ist auch wärmer als dieses. Diese äußeren Umstände führen zu einer starken Vermehrung einer bestimmten Muschelart. Das hat im Laufe der Zeit zu diesen weißen grell blendenden Muschelbänken geführt.

Nach einem kurzen Aufenthalt an der Tourist-Information in Denham, erreichen wir unser Tagesziel, Monkey Mia. Ausgebucht. In dem riesigen Resort ist kein vernünftiger Stellplatz mehr frei. Man stellt uns anheim, zu prüfen, ob wir noch irgendwo eine Lücke an einem Platz ohne Versorgungseinrichtungen finden. Wir finden und sind recht zufrieden, da wir nicht mitten im allgemeinen Gedrängel stehen. Bei inzwischen bedecktem Himmel ziehen wir los zu einem ausgedehnten Strandspaziergang.

Fr 29.08.2003 Monkey Mia (Delphine), Francois Peron Nat.-Park, Little Lagoon, Denham (Blue Dolphin Camp).
Das besondere Besucherinteresse gilt aber einem Gebiet mit dem Namen ‘Monkey Mia’. Der neue Tag sieht uns dann morgens früh um 08:00 Uhr am Strand. Es hat sich schon eine größere Menschenansammlung gebildet, die gebannt aufs Wasser starrt. Tatsächlich, immer mehr dreieckige Rückenflossen durchschneiden das Wasser. Gemächlich ziehen einige Delphine (Bottlenose dolphin) durchs flache Wasser, bis zu den Menschen, die bis zum Knie im seichten Uferwasser stehen. Ranger wachen darüber, dass kein Unsinn mit den Tieren getrieben wird. Ich hab’ mir einen erhöhten Platz auf einem Bootsanleger verschafft und kann die ganze Szenerie gut im Film festhalten.

Die Wildnis lockt. Der nördliche Teil der Halbinsel wird vom Francois Peron-Nationalpark bedeckt. Wir wollen noch einmal tief eintauchen in eine unberührte Natur. Eine breit ausgefahrene Piste beginnt gleich hinter dem Schlagbaum mit dem Hinweisschild ‘Führen Sie genügend Wasser mit sich. Es gibt keine Versorgungsstellen im Nationalpark.’. Die ersten Kilometer gehen recht zügig voran. Hinter einer ehemaligen Homestead wird es dann immer sandiger. Als wir drei (3) Kilometer in den Busch vorgedrungen sind, wühlt der Wagen durch tiefen lockeren Sand. In jeder Kurve befürchten wir, stecken zu bleiben. Nur mit Schritttempo im langsamsten Geländegang kommen wir voran. Für einen Tagesausflug sind die 40 Kilometer bis zum Cape Peron wohl kaum geeignet. An eine neuerliche Reifenpanne mögen wir gar nicht denken. So ist es diesmal die von uns sonst so angestrebte absolute Einsamkeit, die uns veranlasst, diese Tour abzubrechen, denn im Notfall würden wir wirklich in allergrößte Not geraten und wären tagelang ohne Hilfe. Wir drehen um. Den Rest des Tages verbringen wir dann an der ‘Little Lagoon’. In Denham beziehen wir Station im ‘Blue Dolphin Caravan Park’. Zum Dinner zieht es uns ins ‘Old Pearlier House’, einem historischen Gebäude in Denham, zu einem leckeren Meeresfrüchte-Essen.

Sa 30.08.2003 [380 km] Carnarvon (Top Tourist Park ‘Wintersun’).
Schon wieder Wochenende. Wir sind auf dem Weg zurück nach Carnarvon, die Vorräte für die nächste Inlandetappe müssen aufgefüllt werden und einige Informationen über die nächste Tour benötigen wir auch noch. In Carnarvon stürmen wir kurz vor Geschäftsschluss in den Supermarkt. Danach suchen wir uns ein anderes Camp als vor einer Woche, obwohl wir dann unseren Mitglieder-Rabatt bei BIG4 verspielen. Der Caravanpark ‘Wintersun’ macht einen sauberen Eindruck. Er ist nicht nur sauber und gut organisiert, wir werden auch gleich Mitglied in einer neuen Caravanpark-Kette ‘Top Tourist Parks’ (TTP), probeweise und kostenlos für einen (1) Monat. Auch das gibt 10% Rabatt in allen angeschlossenen Parks. Damit ist das Pflichtprogramm beendet. Also Zeit, uns endlich - wir machen immerhin das vierte Mal in der Stadt Station - in der Umgebung umzusehen. Es folgt ein langer Bummel auf der palmengesäumten Uferpromenade.

So 31.08.2003 [447 km] Mount Augustus.
Das wird ein langer Fahrtag. Vor uns liegen 450 Kilometer Gravelroad und Feldwege landeinwärts zum Mount Augustus, dem größten Monolithen der Welt. Um 08:00 Uhr sind wir schon unterwegs. Nördlich von Carnarvon zweigt eine Gravelroad in Richtung ‘Gascoyne Junction’ ab. Eine Tafel weist auf die Befahrbarkeit der Strecke hin.

Welche Überraschung, nach wenigen Kilometern hat die Straße plötzlich eine Asphaltdecke. Das sieht alles sehr neu aus. Scheint erst vor Tagen fertiggestellt zu sein. In flotter Fahrt geht’s vorwärts, bis nach 50 Kilometern der Zauber schon wieder vorbei ist. Hier stehen auch noch die Baumaschinen, die das Werk vollenden sollen. Verglichen mit dem Zustand von vor vier Jahren ist es allerdings eine Wohltat. Auch der einstige Feldweg ist jetzt eine breite Piste, deren Oberfläche vom ‘grader’ gerade neu abgezogen wurde. Eine Horde Schwarzer Kakadus ist die erste Unterbrechung auf der roten Piste ins Landesinnere.

Heftig muss es vor wenigen Tagen auch hier in der Einöde des Outbacks geregnet haben. Ein Glück, dass man schon Zeit hatte, die vom Wasser weggespülte Piste neu aufzuschütten. Ein Glück auch für unsere Augen. Sonst unscheinbares Gestrüpp hat sich in blühende Büsche verwandelt und aus der roten Erde brechen in unbeschreiblicher Formen- und Farben-Vielfalt überall Blüten hervor. Bei einem unserer vielen Foto-Stopps begegnen wir einem der Nachfahren urzeitlicher Saurier. Skeptisch aber furchtlos durchstreift ein Waran sein sonnendurchglühtes steiniges Territorium.

Wir kommen trotz der vielen Fotostopps gut voran. Nach 450 Kilometern taucht in der Ferne unser Etappenziel auf, der 1.105 Meter hohe Mount Augustus, ein Monolith, doppelt so groß wie der weltberühmte Uluru. Wegen seiner Abgeschiedenheit liegt er aber nur auf der Reiseroute weniger Besucher. Wir sind früh auf dem Camp. Auf dem Platz herrscht Chaos und Wildnis, allerdings für stolze 22 AUS-$. Wir finden aber einen verhältnismäßig ruhigen Rasenplatz. In einem kurzen Gespräch mit dem Parkranger holen wir uns einige Tipps für den morgigen Tag. Haben wir bisher fast ausschließlich Kakadus zu Gesicht bekommen, turnen hier die ersten Papageien in den Bäumen.

Mo 01.09.2003 [54 km] Mount Augustus, Edney’s Lookout, Cattle Pool.
Einmal rund um den Mt. Augustus steht auf dem Programm. Allenthalben zweigt ein Weg oder eine ausgefahrene Spur von der Piste ab. Nur wenige Schilder weisen aber daraufhin, wo der jeweilige Weg endet. Wir finden den Einstieg zu einem Nebengipfel. 2,5 Stunden benötigen wir bis zum Edney’s Lookout. Unter einem Felsen finden wir auch das in einem Einmachglas regendicht verpackte ‘Gipfelbuch’, das uns der Ranger so ans Herz gelegt hatte. Es pfeift ein heftiger heißer Wind um den kahlen Gipfel. Trotzdem, einmal hier oben, können wir uns so schnell nicht trennen von der herrlichen Aussicht auf das flache Buschland und die fantastische Fernsicht. Auf dem Rückweg entdecken wir in einer Schlucht eine Kolonie Rosakakadus. Es herrscht ungewöhnliche Stille im Geäst der Eukalypten. In der Mittagshitze vergeuden selbst die sonst so stimmgewaltigen Vögel keine unnötigen Kalorien.

Wir setzen die Umrundung des riesigen Monolithen, der doppelt so groß ist wie sein so populärer Bruder, der Uluru, fort. Einige der in einer Beschreibung genannten markanten Stellen sind beim besten Willen nicht auffindbar. Den Tag beenden wir mit einem Abstecher zum ‘Cattle Pool’, einem permanenten Wasserloch des Lyons River.

Sonnenuntergang im Outback Sonnenuntergang im Outback © 2003-2016 Bernd Runde

Auf dem Camp mutmaßt unser Platznachbar, dass wir aus Europa sein könnten. Es sind mit einem zeitlich begrenzten ‘Rentner-Visum’ ausgewanderte Schleswig-Holsteiner, die schon sechs (6) Jahre von Campingplatz zu Campingplatz ziehen. Angeblich ist das die Erfüllung eines herbeigesehnten Lebensabends.

Ein Genuss besonderer Art sind die Abendstimmungen in der trockenen Luft des Outbacks, wenn die untergehende Sonne den Himmel in ständig wechselndes Licht taucht. Beim Gezirpe der Grillen und einer Flasche Rotwein bleiben wir bis tief in die Nacht hinein wach.

Di 02.09.2003 [525 km] Meekathara, Mount Magnet.
Auf unserem Weg nach Geraldton schlagen wir einen großen Bogen durchs Landesinnere. Auf den nächsten 1.400 Kilometern werden wir nur zwei kleinere Städte berühren. Wir hoffen, auf dieser Route die schönsten Wildblumengebiete Westaustraliens zu berühren und die ersten zaghaften Anzeichen verstärken diese Hoffnung.

Zunächst haben wir aber wieder ‘gravel’ unter den Rädern. Stellenweise kommen wir trotzdem zügig voran. Das Gelände der Cobra-Station ist die reinste Steinwüste. Blühende Büsche und Emu-Herden bringen etwas Abwechslung in die Monotonie. Eine, wenn auch nicht willkommene Abwechslung, bereitet uns der rote Staub. Beim ersten Halt stelle ich fest, dass die rückwärtige Tür nicht richtig geschlossen ist. Im Inneren des Wagens liegt eine dicke Staubschicht auf allen Gegenständen, Gepäckstücken und Böden.

Erst nach 335 Kilometern erreichen wir wieder eine asphaltierte Straße. Ab Meekathara stoßen wir auf die #95, die wir noch bis ‘Mount Magnet’ fahren. Es ist eine dieser typischen ländlichen Kleinstädte. Gepflegte alte Häuser aus der Gründerzeit, breite Straßen mit durch baumbestandene Grünanlagen getrennten Fahrbahnen. Sie sehen sich alle recht ähnlich. Hunger leiden müssen wir nie, fast überall haben Geschäfte und Restaurants 7 Tage die Woche geöffnet. Auf einem kleinen sandigen Camp direkt am Highway finden wir einen Unterschlupf. Der Caravan-Park ist zwar keine Offenbarung, erfüllt aber seine Aufgabe. Da wir die nächsten Tage wohl nur auf geteerten Straßen unterwegs sein werden, eine gute Gelegenheit, den eingedrungenen Staub zu entfernen. Nach der Prozedur schmeckt uns das Abendessen noch viel besser.

Mi 03.09.2003 [397 km] Yalgoo, Mullewa, Chapman Valley, Geraldton.
Schlafen können wir auch herrlich und ohne jede Störung. Und dann sind wir mitten drin, im ‘wildflower’-Gebiet. Nicht dort, wo Touristenprospekte es versprechen, unser Geheimtipp für Wildblumen ist die Strecke von ‘Mount Magnet’ nach ‘Mullewa’. Langsam kommen aber Zweifel auf, ob wir nicht doch die richtige Jahreszeit verfehlt haben. Erst hinter Yalgoo blüht es in einer Vielfalt, die alle 100 Meter zu einem Fotostopp verleitet. Blau, gelb, pink, weiß und rot, wir bemühen uns nicht, sie alle auseinanderzuhalten. Immer wieder kommt uns der Ausruf einer Australierin in den Sinn, die ihre Verzückung mit dem Ausruf: ‘Carpets, carpets’ zum Ausdruck brachte.

Hinter Mullewa biegen wir ab ins Chapman Valley. Irgendwann müssen wir ja auch unsere Weintour beginnen und da kommt uns Westaustraliens nördlichstes Weinanbaugebiet gerade recht. Wir kehren ein bei ‘Chapman Valley Wines’ in Nanson zur Weinprobe und einem ansprechenden Lunch im Garten. Nur noch einige Kilometer sind es dann bis Geraldton, auch wenn wir quer durch die Stadt müssen, zum Caravanpark am Leuchtturm. Hier draußen vor den Toren der Stadt lassen wir uns dann bei einem Strandspaziergang noch richtig durchpusten.

Do 04.09.2003 [13 km] Geraldton.
In der zweiten Nachthälfte gehen heftige Regengüsse nieder. An den Lüftungsfenstern unseres Dachaufbaus sickert Feuchtigkeit durch. Auch am Morgen ziehen noch schwarze Wolken übers Camp. Das ist der erste Tag seit wir unterwegs sind, an dem wir nicht vor dem Camper frühstücken können. Als wir aufbrechen, ist es zwar kühl, aber trocken. Wir sind den ganzen Tag über in der Stadt unterwegs. Abends wird es dann wieder ungemütlich. Für unseren Abendschoppen - aus dem Chapman Valley-Einkauf - müssen wir uns wieder ins Wageninnere begeben. Es beginnt wieder zu regnen.

Fr 05.09.2003 [406 km] Swan Valley, Perth-Midland.
Auch am folgenden Tag sind wir morgens im Camper eingesperrt. Wir können uns erst reisefertig machen, als der Regen etwas nachlässt. Bei Sonnenschein nehmen wir die Strecke von Geraldton nach Perth in Angriff. Diese Etappe auf dem ‘Brand Highway’ führt ohne Umwege mitten durch Nationalparks und Wildnis. Wir fahren durch frühlingsgrünes Land, Weizenfelder und Wiesen. Es sind nicht mehr niedrig blühende schnell wachsende Wüstenblumen, die uns zum anhalten zwingen, sondern blühendes Gestrüpp und Banksien. Nachmittags erreichen wir den Stadtteil Midland im Norden von Perth. Obwohl wir in Geraldton wegen starkem Regen nicht im Freien frühstücken konnten, empfängt uns Perth mit warmem sonnigen Frühlingswetter.

Banksia am Highway Banksia am Highway © 2003-2016 Bernd Runde

Sa 06.09.2003 Perth.
Eine Stunde marschieren wir zum nächsten Bahnhof. Die Vorortbahn von Succes Hill braucht eine Stunde in die City. Nach 15 Tagen in Natur und Wildnis brauchen wir einige Zeit, um uns an den Trubel in der City der Hauptstadt zu gewöhnen. Es ist zwar Wochenende, aber alle Geschäfte haben geöffnet. Wir bummeln an einem sonnigen Tag kreuz und quer durch die Stadt. Wenn auch nicht europäisch hektisch, ist die City doch viel zu laut für unsere auf Naturgeräusche eingestellten Ohren. Viel hat Perth auch in den letzten Jahren von seiner Gemütlichkeit verloren.


Sie nennen es einfach ‘Südwesten’ - Westaustralien Teil 3

So 07.09.2003 [18 km] Swan Valley (Houghton Winery).
Neben der einzigartigen Natur gibt es in Australien noch etwas anderes, was wir über alles lieben. Das ist der Wein. Als Ausgangspunkt für weitere ‘Weinabenteuer’ haben wir uns deshalb ja auch im Norden weit vor den Toren von Perth im Grünen eingerichtet. Midland liegt unmittelbar am Zugang zum Swan Valley. Im Tal des Swan River steht die Natur in voller Blüte und die Papageien toben im Liebesrausch durchs Gras. Allein die Nennung des Namens Swan Valley reicht, um den Geruch von aromatischem samtroten Rotwein in der Nase zu haben. In der Probierstube der Houghton Winery lassen wir den Geschmack dann aber auch durch die Zunge bestätigen. Ja, er schmeckt vorzüglich. Eine Flasche muss zum Lunch im Garten gleich d’ran glauben. Wie gut, dass wir früh aufgebrochen sind. Ein völlig verregneter Nachmittag lässt uns daran zweifeln, dass sich das Wetter grundlegend geändert hat.

Mo 08.09.2003 [323 km] Bunburry, Gracetown.
Bloß weg hier. Die nächste vielversprechende Weinregion liegt allerdings 340 Kilometer weiter südlich. Das renommierte Weingebiet am Margaret River ist Westaustraliens größtes und befindet sich am äußersten Südwestzipfel des Kontinents. Der Weg dorthin ist eine Fahrt durch blühendes Land, allerdings immer begleitet von heftigen Regenschauern. In Bunburry erleben wir einen Regenguss, wie wir ihn noch nie erlebt haben. In wenigen Minuten verwandeln sich die Straßen in reißende Bäche. Unter einem Dachvorsprung stehen wir, nur 50 Meter entfernt von unserem unerreichbaren Wagen. Nach dieser Etappe mit besonderen Reizen landen wir in Gracetown auf einem sauberen ruhigen Camp mitten in einem Wald. Kängurus huschen durch die Büsche.

Di 09.09.2003 [148 km] Weinroute (Rivendell Vineyard, Voyager Winery).
Es hat die ganze Nacht über gegossen und gestürmt. Ausgeschlafen brechen wir auf ans nahe Meer. Brandung und Gischt des Indischen Ozeans bieten ein fantastisches Schauspiel, wenn die Wellen im Licht der strahlenden Sonne aufs Festland rollen. Dann geht’s nach Gracetown. In dem kleinen gemütlichen Städtchen werden an allen Ecken die Weine der Region angeboten. Wir wollen aber vor dem Kauf auch probieren, deshalb setzen wir unsere Rundfahrt fort.

Blühende Büsche begleiten uns auf dem Weg über Cowaramup und Nebenstrecken zur ersten Weinprobe. Im Rivendell Winyard verbinden wir unseren Aufenthalt gleich mit einem herzhaften Lunch. Im Garten des Weingutes toben Papageien und andere Piepmätze. Wir setzen die Fahrt über die ‘Rotwein-Route’ fort. Es geht dann über Dunsborough nach Yallingup und nach Prevelly Park. In der hocheleganten **Voyager Winery **kehren wir auch noch ein. Bei Leeuwin Winery schauen wir nur kurz ‘rein, es ist schon recht spät am Nachmittag. Der silberne Schein der untergehenden Sonne kann nicht darüber hinwegtäuschen, die Regenfront hat uns eingeholt.

Mi 10.09.2003 [63 km] Lake Cave, Margaret River.
Wieder eine stürmische Nacht mit Regengüssen. Als wir aufstehen, sieht es allerdings recht brauchbar aus. Während des Frühstücks gießt es aber schon wieder. Lass es doch regnen! Wir verziehen uns unter die Erde. Da ist ein riesiges Loch in der karstigen Felslandschaft des australischen Südwestens. Eine der unzähligen Höhlen in diesem Gebiet, man kennt angeblich über 350 Stück, ist eingestürzt und hat dadurch einen Zugang in ihr Inneres geschaffen. Wir steigen hinab in die ‘Lake Cave’ und bewundern die herrlichen Tropfsteingebilde in einer nahezu familiären Atmosphäre einer kleinen Gruppe.

Wieder zurück an der Erdoberfläche beschließen wir unser Programm etwas zu kürzen. In rasendem Tempo wechseln Regengüsse mit strahlendem Sonnenschein. Zum Lunch und einem kleinen Stadtbummel steuern wir noch Margaret River an. Den Nachmittag verbringen wir im Camper. Heftige Schauer verhindern jeden auch nur kurzen Spaziergang. Ausgerechnet jetzt, es hat angefangen wieder heftig zu regnen, tobt aber irgendwo dort draußen im Busch ist eine Horde Schwarzer Kakadus. Da muss ich hin, es könnten ja die weißschwänzigen [Calyptorhynchus latirostis] sein, die nur hier im äußersten Südosten von Australien beheimatet sind. Sie sind es wirklich.

Do 11.09.2003 [351 km] Karridale, Karri Valley, Pemperton, Beedelup Falls, Warren Nationalpark, Windy Harbour, Walepole.
Nur weg hier von der Westküste. Irgendwo muss es doch etwas angenehmeres Wetter geben. Wir fahren südostwärts durch den sogenannten Karridistrikt auf schmalen gewundenen Straßen über Karridale und durchs Karri Valley mit seinen ausgedehnten Karri- und Jarrahwäldern. Die imposante Größe einiger dieser Baumriesen verleitet uns oft vom engen Highway auf unbefestigte Wege abzubiegen. Nicht immer stehen die bis zu 400 Jahre alten und bis zu 50 Meter hohen Bäume unmittelbar an unserer Straße.

Wir steuern Pemperton an, besuchen die ‘Beedelup Falls’ und nehmen eine ausgeschilderte ‘Scenic Route’ durch den Warren Nationalpark. Viele dieser riesigen Bäume, wie im Warren Nationalpark, wo der höchste - man hat ihm den Namen ‘Bicentenial Tree’ gegeben - 89 Meter erreicht, dienten früher als Feuer-Guck-aus. Erst in neuerer Zeit haben sie durch moderne Techniken ihre Funktion als Aussichtspunkte der Feuerwehr zur Waldbranderkennung verloren. Heute dürfen schwindelfreie Touristen den Aufstieg wagen und Höhenluft schnuppern. Für eine Filmaufnahme steigt natürlich auch mein Frauchen nach oben.

Viel Zeit verbringen wir mit der Beobachtung unseres Liebling, dem ständig mit dem Schwanz wippenden ‘blue wren’. Über den ganzen Kontinent verteilt taucht eine der neun (9) australischen Arten des Staffelschwanzes, mit seinem meist blauen Gefieder, auf. Mit aufgeregt wippendem Schwanz huschen sie aufgeregt durchs Gebüsch. Hier erwischen wir den nur in dieser Region der Karriwälder beheimateten Blaubrust-Staffelschwanz.

Weiter geht es dann, immer noch durch ausgedehnte Karri- und Jarrahwälder, bis Northcliffe. Wir erreichen südlich von Northcliffe bei Windy Harbour die Küste. Als erstes begegnet uns wieder eine ornithologische Rarität, der Klippensittich. Er lebt auf den der südwestaustralischen Küste vorgelagerten Inseln und kommt nur zur Nahrungssuche aufs Festland.

Dann bekommt unsere fröhliche Stimmung erneut einen Dämpfer. Pfützen auf nassen Straßen. Es wird doch wohl nicht? Doch, es wird. Als wir Walepole erreichen, gießt es in Strömen. Das missmutige Gesicht eines Kookaburra auf dem Camp könnte einen direkt anstecken. Und sein klägliches Gepiepse unterscheidet sich doch ganz erheblich vom sonst so fröhlichen Lachen.

'Trauriger Kookaburra' Jägerliest [Dacelo novaeguineae] ‘Trauriger Kookaburra’ Jägerliest [Dacelo novaeguineae] © 2003-2016 Bernd Runde

Fr 12.09.2003 [668 km] Great Tingle, Circular Pool, Valley of the Giants (Tree Top Walk), Albany, Porongurup Range (Castle Rock Wine Estate), Stirling Range.
Es hat die ganze Nacht über so heftig geschüttet, dass wir Probleme haben, am Morgen den Waschraum zu erreichen. Nach dem Frühstück geht den Wolken dann der Stoff aus. Wie auch an den anderen Tagen klart es auf. Nur kalt ist es noch. Wir brechen auf zu einer Tour durch die ausgedehnten von Karri-, Jarrah- und Tingle-Bäumen beherrschen Wälder. Die ersten Stationen sind Great Tingle und Circular Pool. Den Höhepunkt bildet der Besuch des ‘Tal der Giganten’. Es sind wahrlich Giganten. Sie haben Jahrhunderte überlebt, wurden oft vom Feuer ausgehöhlt und stehen dennoch voll im Laub und überragen mit bis zu 70 Metern Höhe das grüne Dickicht.

Um ein Gefühl für die Dimensionen dieser Baumriesen zu bekommen, ist als Anziehungspunkt für Besucher ein sogenannter ‘Baumwipfel-Spaziergang’ eingerichtet. Auf einer gewagten schwankenden Stahlkonstruktion wandert man bis in die schwindelnden Höhen der Baumkronen. Als wir gerade den höchsten Punkt erreicht haben, überrascht uns ein nur zehn Sekunden langer Hagelschauer. Noch ehe wir eine Regenkutte aus dem Rucksack ziehen können, sind wir bis auf die Haut durchnässt. Anschließend strahlt die Sonne, als ob sie sagen wollte: “Hat hier einer Hagel gesagt?”

Auf unserem Weg nach Osten über Bow Bridge und einen kurzen Abstecher nach Albany steuern wir die Porongurup Range an. Unser Tagesziel, die Stirling Ranges, sind in der Ferne schon auszumachen. In der ‘Castle Rock Estate’ kehren wir zur Weinprobe ein und füllen unseren Weinvorrat für die nächsten Tage auf. Spät kommen wir erst im Camp am Stirling Range Nationalpark an. Warm geworden ist es den ganzen Tag über nicht.

Sa 13.09.2003 [394 km] Kanga Trail, Bluff Knoll, Esperance.
Kein Wunder also, dass wir die kälteste Nacht unserer Reise hinter uns haben. Die Stirling Ranges und speziell der gleichnamige Nationalpark sind ein Paradies für Naturfreunde. Über 500 Arten unterschiedlichster Wildblumen bedecken im Frühjahr Berge und Täler. Nicht alle fallen sofort ins Auge, aber irgendwo, zwischen Fels und Geröll finden wir die kleinen Schätze der Natur. Wir gehen auf Orchideen-Jagd zunächst direkt im Caravanpark und anschließend auf dem ‘Kanga Trail’. Oft müssen wir auch tief im dornigen Gestrüpp oder unter den riesigen Grasbäumen, sie heißen hier Black Boys, nach ihnen suchen. Das zauberhafte ‘Kreuz des Südens’ ist zum Beispiel nur in einer eng umgrenzten Höhenlage am Knoll Bluff zu finden. Eigentlich wollten wir hinauf auf den Knoll Bluff mit seinen 1.073 Metern. Bei dem wechselhaften und kalten Wetter - eisiger Sturm peitscht schon am Bergfuß übers Land - bleibt der Berg auch dieses Mal von uns unbezwungen.

Spinnen-Orchidee Spinnen-Orchidee © 2003-2016 Bernd Runde

Nach einem wehmütigen Blick zurück auf die Berge des Blütenparadieses Stirling Range, nehmen wir die nächsten 400 Kilometer unter die Räder. Bei flotter Fahrt auf guter Straße durch landwirtschaftlich erschlossenes Land sind wir schon bald wieder am Meer. Auch im TTP-Camp in Esperance erwischen wir eine stille Ecke mit herrlicher Aussicht auf die Bucht.

So 14.09.2003 [104 km] Twilight Bay Route, Cape Le Grande NP (Lucky Bay).
In der Nacht hat es erneut fürchterlich gegossen. Im Camp steht alles unter Wasser. Nach dem Frühstück ist der Himmel zwar noch grau verhangen, es hat aber aufgehört zu regnen. Eine herrliche Küsten-Panorama-Straße führt uns entlang der Twilight Bay mit ihren grandiosen Buchten und Stränden. Die glattgehobelten Felsen legen beredtes Zeugnis darüber ab, dass Meer und Sturm hier schon einige tausend Jahre aktiv sind. Am Pink Lake endet die Panoramastraße.

Nach 6.000 Kilometern entlang der westaustralischen Küste steuern wir den Endpunkt dieses Reiseabschnitts an, die Lucky Bay. Unmittelbar hinter Esperance beginnt der ‘Cape Le Grande’-Nationalpark mit seiner ursprünglichen Landschaft. Die Hochmoore auf den glattgehobelten Granitplateaus explodieren geradezu in einer unbeschreiblichen Blütenpracht. Beim Anblick der Lucky Bay vergessen wir Regenwolken und Sturm. Am Gestade dieses Paradieses werden wir unser rollendes Domizil parken, wieder einmal mitten in der Natur. Wieso vergessen, sie sind nicht mehr da! Einige dunkle Wolken segeln zwar noch vorüber, ansonsten haben wir herrlichstes Wetter. Die ‘Lucky Bay’ macht uns wieder richtig ‘lucky’.

Spinnen-Orchidee Spinnen-Orchidee © 2003-2016 Bernd Runde

Mo 15.09.2003 Lucky Bay, Thistle Cove.
Stundenlang wandern wir rund um die einzigartige Bucht, lauschen dem Rauschen des Meeres, beobachten die einheimische Tierwelt und bewundern manch ein blühendes Kleinod. Die die Bucht begrenzenden Granitfelsen schreien förmlich danach, einen Blick auf die andere Seite zu werfen. Selbst im kargen Felsenland rund um die Lucky Bay zaubern die unterschiedlichsten Blüten Farbtupfer in die Landschaft. Es ist kein beschwerlicher Weg, aber voran kommen wir nur sehr schwer, es gibt so viel zu sehen und im Bild festzuhalten. Am Endpunkt haben wir eine wunderbare Aussicht auf die ‘Thistle Cove’.

Paradies Lucky Bay Paradies Lucky Bay © 2003-2016 Bernd Runde


Durch die Nullarbor

Di 16.09.2003 [276 km] Esperance, Norseman.
Der Abschied fällt schwer. Vor uns liegt allerdings noch ein Abenteuer besonderer Art. Wir wollen durch uns unbekanntes Gelände, die Nullarbor-Ebene. Eine Strecke quer durch Australiens wohl trostloseste Einöde, auf dem Highway #1, der erst 1974 asphaltiert wurde. In Norseman machen wir Station und bereiten uns und den Wagen auf die nächsten Etappen vor.

Ernst gemeinte Warnungen Ernst gemeinte Warnungen © 2003-2016 Bernd Runde

Wir sind schon darüber geflogen, wir haben sie mit der Eisenbahn durchquert, aber mit dem Pkw? Fast 2.000 Kilometer bis Adelaide liegen vor uns, davon über 1.000 Kilometer durch die Einsamkeit der Nullarbor. Alle Tanks sind voll, trotzdem wird an jedem Roadhouse nachgefüllt. Das ist dann auch für uns eine willkommene Pause. Das Buschland mit hohen Eukalypten geht bald über in flache Salzbusch-Wüste und braunes Grasland. Irgendwo kommt dann ein Stück, da geht es 150 Kilometer nur geradeaus, das sind 1,5 Stunden Monotonie, denn links und rechts gibt es wirklich nichts zu sehen, was einen Aufenthalt gerechtfertigen könnte.

Mi 17.09.2003 [517 km] Madura (Camp).
Am Madura-Pass übersieht man die Monotonie dieser Landschaft ganz besonders. Wir sind 90 Kilometer weiter gefahren, als ursprünglich geplant. Mitten in der Wüste passieren wir eine Zeitzone; die Uhren müssen 45 Minuten vorgestellt werden. Auf dem Camp ist wenig los. Nach einem strahlenden Sonnentag können wir am Abend endlich wieder draußen sitzen. Welche Wohltat.

Do 18.09.2003 [378 km] Grenze WA/SA, Bunda Cliffs, Nullarbor (Camp Roadhouse).
Neuer Tag, neue Erlebnisse. Wir haben Südaustralien erreicht. Überraschungen am zweiten Tag. Erstens ist keine Wolke am Himmel, als wir sehr früh wieder aufbrechen. Und zweitens: Da existiert zwischen West- und Südaustralien eine richtige Grenzabfertigung. Stereotype Fragen: Wo kommst Du her, wo willst Du hin? Frisches Obst, frisches Gemüse an Bord? Mach ‘mal den Kühlschrank auf! Gute Zeit und gute Fahrt!

Jetzt sind wir im Herzen der Nullarbor, deren Namen vom lateinischen ‘Nullus arbor’ also ‘Kein Baum’ abgeleitet ist. Die folgenden 200 Kilometer rollen wir durch die eintönige wirklich baumlose Hochebene. Plötzlich brauchen wir viel Zeit, um voran zu kommen. Der Highway hat einige Abzweigungen, die wir uns nicht entgehen lassen. Und für wahr, dort wo der Südpazifik gegen das Festland donnert, liegt eine der reizvollsten australischen Küstenlandschaften, eine Steilküste von atemberaubender Schönheit. Oben auf der Klippe stehend kann man im wahrsten Sinne des Wortes sagen: Hier ist das Land zu Ende. Auf einer Länge von ca. 200 Kilometern endet die Hochebene an einer 40 bis 90 hohen Abbruchkante unmittelbar am Südpazifik. Nur 100 Meter entfernt ziehen Wale majestätisch ihre Bahnen durch das azurblaue Wasser. Den Höhepunkt dieser Szenerie bilden die ‘Bunda Cliffs’. Ach wie klein sind wir Menschlein. In dieser großartigen Kulisse werden die wahren Verhältnisse wieder zurechtgerückt.

Bunda Cliffs Bunda Cliffs © 2003-2016 Bernd Runde

Unser Ziel ist das ‘Nullarbor Roadhouse’. Wir passieren ein Schild mit der Aufschrift ‘Westgrenze der baumlosen Nullarbor’. Nach dem Lunch stelle ich fest, dass der Reifen hinten/links sehr ‘luftleer’ aussieht. Die Werkstatt hat keinen Ersatzschlauch, wechselt mir aber die Räder - kostenlos. “In Nundroo ist eine große Werkstatt, da bekommst Du auch Ersatz.” Welch tröstliche Information, Nundroo liegt am Ende der Nullarbor-Durchquerung.

Endlich weht ein angenehmer warmer Wind. Das Abendessen können wir wieder vor dem Camper einnehmen, natürlich mit einem guten Tropfen Rotwein. Da wir inzwischen ja in Südaustralien sind, müssen die Uhren weitere 45 Minuten vorgestellt werden. In der Nacht schleichen Dingos ums Camp. Tagsüber haben wir die scheuen Tiere noch nie zu Gesicht bekommen.

Neuer Tag, neue Erlebnisse. Durch Aboriginal-Land sind wir zum sogenannten ‘Head of Bight’ vorgestoßen. Neben den kleinen Dingen des Lebens sollen wir dort ein paar etwas größere finden. Alle Jahre zwischen Mai und Oktober versammelt sich in dieser Bucht eine große Anzahl ‘Südlicher Glattwale’ oder Südkaper. Die Australier nennen sie ‘Australian Southern Right Whale’, den südlichen ‘richtigen’ Wal. Diese Art wird bis zu 18 Meter lang und bis zu 80 Tonnen schwer. In einem Buch hieß es: Beim Beobachten von Walen verliert jede Zeitvorstellung ihre Bedeutung. So ist es wirklich. Stundenlang könnte man dem eleganten Treiben dieser Riesentiere zuschauen. Unmittelbar vor der Küste ziehen mehrere Walmütter mit ihren Kälbern vorüber.

Wale direkt unter der Steilküste Wale direkt unter der Steilküste © 2003-2016 Bernd Runde

In Nundroo ist das Abenteuer Nullarbor zu Ende. Einen neuen Reifen bekomme ich tatsächlich. Danach hört die unberührte Buschlandschaft auf. Es gibt wieder Zäune und Schafe. In Ceduna machen wir Station, bummeln etwas durch den Ort und beschaffen uns Informationsmaterial für die vor uns liegenden Etappen.


Süd-Australien bis Adelaide (im 4WD-Bushcamper)

Daten Etappe 4 (972 km)

Reisebericht

Sa 20.09.2003 [805 km] Eyre Halbinsel [33°C], Whyalla (Camp)
Wir beschließen, die Eyre Halbinsel zu umrunden. Das erweist sich später leider als Fehlenscheidung. Die Halbinsel ist intensiv landwirtschaftlich genutzt. Auf der Suche nach unberührter Natur durchqueren wir die ganze Halbinsel. Laura Bay ist absolut ‘tote Hose’, über Eleston, Lock, Clewe und Cowell fahren wir nach Whyalla. Auf einem kleinen ruhigen Camp vor der Stadt genießen wir tropische 33°C. Ein einzigartiger Sonnenuntergang beschließt diesen Tag.

Einzigartige Sonnenuntergänge Einzigartige Sonnenuntergänge © 2003-2016 Bernd Runde

So 21.09.2003 [274 km] Port Augusta, South Flinders Range, Clare Valley (Camp)
Ein angenehm warmer sonniger Sonntagmorgen begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Über Port Augusta und die Orte Wilmoton, Gladstone und Laura in den South Flinders Range, erreichen wir das Clare Valley, das erste Weinbaugebiet in Südaustralien. Wir sind mitten im Touristenrummel eines Ausflugsgebietes. Zum Lunch kehren wir in einem Weingut ein, verzichten wegen der unfreundlichen Bedienung aber auf die anschließende Weinprobe. Im großen Park nahe dem Hotel, in dem ich vor zwei Jahren mit vierzig Fieber festlag, machen wir einen ausgedehnten Bummel. Ein schicksalschwerer Tag, heute habe ich auf die Kamera verzichtet. Im Park wimmelt es von farbenprächtigen Papageien.

Mo 22.09.2003 [56 km] Spring Gully Cons. Park, Mintaro
Ein ausgedehnter Ausflugstag soll uns die Schönheiten dieses Weinparadieses näher bringen. Über schlecht ausgeschilderte Gravelroad irren wir in der Gegend herum, ehe wir den Spring Gully Conservation Park finden. Den Trail durch den Park entdecken wir erst, als wir die Gegend schon verlassen wollen. Beim Orchideen-Bummel haut eine starke Windböe mein Stativ mit der Filmkamera um. Es dauert lange, bis ich die Kamera wieder zum Laufen bekomme. Die nächste Station ist Mintaro.

In der Weinstube bei Rheyly’s schmeckt uns kein Tropfen. Das Restaurant ist montags geschlossen. Ein Café um die Ecke ist voller krakelender Besucher, also auch nichts für eine stimmungsvolle Einkehr.

In Clare kehren wir dann beim Stadtbummel in einem netten Bistro zum Lunch ein. Anschließend besuchen wir im Park am Hotel noch einmal die bunte Schar der Papageien, aber diesmal mit der Filmkamera.

Di 23.09.2003 [214 km] Burra, Cobdogla (Camp)
Das reicht für das Clare Valley. Wir sind allerdings so gut im Zeitplan, dass wir noch einige Tage Zeit haben bis Adelaide. Nichts fasziniert uns in Australien so, wie der River Murray. Also nichts wie hin. Durch Weinbaugebiete und Rapsfelder bis Burra, wo wir uns mit frischem Obst eindecken. Weiter geht es danach durch Busch- und Salzbuschland.

Hier in der Einöde weist uns ein riesiges Schild daraufhin, dass die Mitnahme von Obst und Gemüse bei hohen Strafen verboten ist. Also müssen wir noch die frisch eingekauften Kiwis und Äpfel vernichten, bevor wir die Region ‘Riverland’, ein sogenanntes Fruchtfliegen freies Gebiet betreten. Wir machen direkt unter besagtem Schild eine Obstkur und verdrücken unsere eben eingekauften Vorräte. Bei Morgan setzen wir über den Fluss. Bei Cobdogla, wo der Murray riesige Lagunen bildet, steuern wir ein sehr ruhig gelegenes TTP-Camp an. Ein ausgedehnter Abendspaziergang durch die wilde Flusslandschaft rund ums Camp beschließt den Tag.

Mi 24.09.2003 [114 km] Banrock Station, Loxton
“Wenn Ihr Wein liebt, dann ist ein Besuch auf der ‘Banrock Station’ Plicht”, behauptet der Besitzer des Caravanparks. Der Mann hat recht. Um 08:40 Uhr sind wir in Kingston on Murray. 20 Minuten vor der eigentlichen Öffnungszeit, lässt man uns aber schon aufs Gelände. Besucher werden nur in Dreißig-Minuten-Abständen auf den ‘Boardwalk Trail’ gelassen, damit sie sich nicht gegenseitig stören. Dieser Trail führt durch die wilden Sümpfe und Uferzonen der ursprüngliche Flusslandschaft. Wir sind wirklich drei Stunden einsam und ungestört unterwegs. Danach gibt es auf der Terrasse des Besucherzentrums ein geschmackvolles Lunch. Von dem dabei probierten Wein nehmen wir gleich einige Flaschen mit.

Bei einem Abstecher folgen wir am Nachmittag dem Lauf des Murray und landen in Loxton. Überall sammeln Gemeinden und Städte alte Gerätschaften und Gebäude und versuchen daraus ‘historisch wertvolle’ Ausstellungen zu etablieren. So auch hier in Loxton. Bei einem gerade im Aufbau befindlichen ‘Pioneer Settlement’ am Ufer des Murray machen wir halt. Die Sammlung ist aber recht lieblos zusammengestellt und ausgestellt. Da geben sich andere Gemeinden mehr Mühe.

25.09.2003 [280 km] Blanchetown, Gawler, Glenelg, Adelaide (Camp)
Der Tag, an dem dieser Tourabschnitt zu Ende geht, rückt immer näher. Mit kurzem Aufenthalt am Steilufer über dem Murray bei Blanchetown und einem Bummel durch Gawler steuern wir wieder Adelaide an.

Unseren alten Freund Irving treffen wir nicht an. Wir hinterlassen eine Nachricht, dass wir ihn am 30.09. zum Abendessen einladen. Dann bestellen wir uns für Dienstag, den Tag des Wagenwechsels, ein Hotelzimmer (heute ist Donnerstag). Als Station haben wir uns ein Camp an der Küste im nördlichen Adelaide ausgeguckt. Von hier ist es auch nicht weit nach Glenelg, wo wir den Nachmittag in der Stadt und auf der Uferpromenade verbringen.

Fr 26.09.2003 [43 km] Adelaide
Die Wäsche flattert im Wind. Wir ziehen los in die Stadt in Südaustraliens Hauptstadt Adelaide. Bis zum Lunch schlendern wir durch Fußgängerzonen und Kolonaden. Souvenirs und Mitbringsel stehen auf dem Programm. Mir gehen die Videobänder aus. Die Suche nach dem richtigen Fabrikat gestaltet sich schwierig. Als wir uns dann in einem der ‘Food Courts’ bei asiatischem Essen niederlassen, haben wir auch genug vom Pflastertreten. Unser Nachmittagsbummel in Glenelg wird immer wieder von Regenschauern unterbrochen. Als wir ins Camp zurückkehren, hängt die Wäsche tropfnass auf der Leine.

Sa 27.09.2003 [69 km] Airport, McLaren Vale (Camp)
Mehr Zeit wollen wir in der Stadt gar nicht vertrödeln. Wir ziehen den Besuch des südlich von Adelaide gelegenen Weingebiets McLaren Vale vor. Ein starker Wind hat die Wolken vertrieben, es hat aufgeklart. Noch vor dem Duschen hängt die Wäsche wieder im Wind. Wir schlagen einen Haken über den Flughafen, um die Pkw-Abholung zeitlich nach vorne zu verlegen. Ja, das klappt. Am Dienstag, also in drei Tagen, können wir den Wagen schon um 09:00 Uhr in Empfang nehmen, bevor wir am anderen Ende der Stadt den Camper abgeben müssen.

Wieder erwischen wir einen exzellenten Stellplatz. Das Camp liegt in einem Flusstal, umgeben von Weinfeldern. Bevor wir in die kleine Stadt McLaren Vale aufbrechen, erkunden wir den Platz und seine Umgebung. Mit einem Besuch des Serafin Vinyard beschließen wir den Tag.

So 28.09.2003 [42 km] Tourist Drive #60, Vineyard Marienberg, Chapel Hill, Onkaparinga NP, Woodstock Vineyard (Lunch), Hugh Hamilton Vineyard
Jack hat Geburtstag, es ist der 28. September. Wir haben auf unserer Telefonkarte noch ein Guthaben für dieses Telefonat gelassen. Bei der Gelegenheit regeln wir auch gleich Einzelheiten für unser Zusammentreffen am 13. Oktober in Cooma.

Danach geht’s auf Rundfahrt. Auf dem Tourist Drive # 60 wollen wir das riesige Weinbaugebiet erkunden. Seit wir zurück in der Zivilisation und abhängig von anderen sind, stellen sich uns immer wieder Hindernisse in den Weg. Es ist Sonntag, und sonntags öffnen die Weinkeller fast alle erst um 11:00 Uhr. Wir klappern sie, einen nach dem anderen ab, Hugh Hamilton hat noch geschlossen, Marienberg Vineyard, über Chapel Hill und den Onkaparinga Nationalpark erreichen wir Woodstock. Das geöffnete Restaurant bietet eine ansprechende Auswahl an Essen, also bleiben wir zum Lunch. Auf der Rückfahrt versuchen wir es zum Abschluss noch einmal bei Hugh Hamilton, wo wir noch einige Weine probieren, aber nichts mehr einkaufen.

Mo 29.09.2003 Glenelg
Am folgenden Tag ziehen wir wieder um nach Glenelg, diesmal direkt in Flughafennähe. Noch einmal schlendern wir durch die Stadt und machen einen ausgedehnten Promenadenbummel. Dann heißt es: Gepäck für die Umstellung auf ‘Pkw-Betrieb’ neu organisieren.

Di 30.09.2003 [75 km] Hertz-Klemzig Rückgabe Campervan
Am Dienstag sind wir dann früh unterwegs. Am Flughafen holen wir den Pkw für die nächsten 35 Tage ab. Im Konvoi lotse ich Christa zur Hertz-Camperstation in Adelaide-Klemzig. Im Hotel machen wir Kaffeepause, ehe wir erneut zu Irving aufbrechen, der uns stolz sein neues Domizil und den gesamten Senioren-Komplex vorführt. Abends sind wir zum gemeinsamen Abendessen im unserem Hotel verabredet.


Australiens Südosten - Küste, Snowy Mountains, River Murray

Daten Etappe 5 (35 Tage, 5.678 km im Pkw)

Süd-Ost-Küste und das Wanderparadies ‘Grampians’

Mi 01.10.2003 [94 km] Victor Harbor, Granite Island (Pinguin Parade)
Nachdem wir im Supermarkt unsere Vorräte aufgefüllt haben (Achtung, wir haben keine eigene Küche und keinen Kühlschrank mehr!), fahren wir auf direktem Weg nach Victor Harbor. Beim Stadtbummel inspizieren wir einige Hotels und finden ein ruhiges Motel mit netten Besitzern. Damit erscheint der Start der neuen Reiseetappe gelungen. Abends wandern wir über die lange Holzbrücke zur Granite Island. Eine herrliche Wanderung führt uns rund um die Insel. Bei Einbruch der Dunkelheit nehmen wir an der von Rangern geführten Exkursion zur sogenannten Pinguinparade teil. Es ist beeindruckend, was diese kleinen Kerle auf dem Weg vom Meer zu ihren Brutplätzen leisten. Sie überwinden Kaimauern und steile Felswände bei ihrem Landgang.

Do 02.10.2003 [35 km] Port Elliot, Goolwa, Bootsfahrt durch Coorong NP
Der neue Tag beginnt ganz schön hektisch. An der Steilküste in Port Elliot verzichten wir auf den morgendlichen Spaziergang. Es ist noch recht kalt und stürmisch. In Goolwa lassen wir uns in der Info über örtliche Besonderheiten beraten. Am Hafen erfahren wir dann, dass morgen keine Bootsfahrten in den Coorong Nationalpark durchgeführt werden. Heute ist auch noch eine Gelegenheit, Abfahrt aber in zwei Stunden. Dann also heute. Wir buchen sofort.

Für die Übernachtungen auf diesem Reiseabschnitt wollen wir ‘mal die so schmucken ‘cabins’ auf den Caravanparks erproben. Schon der erste Versuch scheitert kläglich. Im Caravanpark erfahren wir, dass keine Hütten mehr frei sind, es sind ‘school holidays’. Dann also doch Hotel. Es ist direkt gegenüber und dort bekommen wir ein Zimmer, wenn auch nur für eine Nacht. Gepäck absetzen und im Eiltempo zurück zum Hafen.

Um 11:40 Uhr startet ein Bus zum Bootsanleger. Die Bootsfahrt durch das Mündungsgebiet des Murray River dauert von 12:00 bis 16:30 Uhr. Es geht durch die Kanäle und Flussarme, vorbei an mächtigen Sanddünen. Erst hier im Coorong Nationalpark kann man ermessen, welch ungeheure Sandmassen der Murray auf dem Weg zum Meer mitschleppt. Zweimal gehen wir für kurze Wanderungen an Land. Wir sind begeistert über diese Begegnung mit unserem geliebten Fluss, wo all seine unbändige Kraft noch einmal so richtig zu spüren ist, bevor er sich mit dem Meer vereint.

Der Mighty Murray im Coorong Nationalpark Der Mighty Murray im Coorong Nationalpark © 2003-2016 Bernd Runde

Fr 03.10.2003 [61 km] Murray Mouth, Port Elliot, Victor Harbor
Am nächsten Morgen hat unsere Begeisterung noch nicht nachgelassen. In diesem Gebiet müssen wir noch ein Weilchen verweilen. Wir fahren zum Aussichtspunkt ‘Murray Mouth’. In der Ferne sieht man die Brandung, wo durch eine schmale Stelle zwischen den Dünen der Fluss ins Meer mündet. Leider ist dieser Abschnitt zur Zeit nicht zugänglich, da man überall baggert, um einige Millionen Kubikmeter Sand aus dem Mündungsgebiet zu entfernen. Das soll den Fluss davon abhalten sich alle zehn Jahre ein neues Bett zu suchen. Wenn auch immer wieder ein leichter Schauer niedergeht, ist die Sicht hervorragend. Ein weiterer Abstecher führt uns bis zu einem Stauwerk, mit dem verhindert wird, dass bei Niedrigwasser das Meer in den Flusslauf eindringt. Auf der ‘Sir Richard’-Halbinsel marschiere ich durchs Buschwerk der Dünen bis zum Ozean. Es ist ein atemberaubender Anblick. Als ich zurückkomme geht gerade mal wieder ein heftiger Schauer nieder.

Am ersten Tag in Goolwa haben wir beim Hotelier in Victor Harbor für eine weitere Nacht ein Zimmer reserviert, da in Goolwa alles ausgebucht ist. Auf der Fahrt dorthin nutzen wir die Chance, den Spaziergang an der Küste in Port Elliot nachzuholen. Zum Abschluss kehren wir unten an der Bucht zu einem Lunch mit frischem Fisch ein.

Sa 04.10.2003 [303 km] Goolwa, Finnis, Lake Alexandrina, Langhorn Creek, Wellington, Kingston S.E.
So heißt es bei unserer Weiterfahrt noch einmal ‘zurück nach Goolwa’. Über Finnis fahren wir dann weiter nach Milang am Lake Alexandrina. Nächste Station ist die Weinregion Langhorn Creek.

In einem Weingut kehren wir zur Weinprobe ein. Der Wein ist es wert, uns noch einige Abende zu verschönern. Eine Flasche nehmen wir, nach Rückfrage bei den Wirtsleuten, gleich mit ins angeschlossene Restaurant. Welche Überraschung, als man uns dafür am Ende 6,00 AUS$ Korkgeld abknöpfen will. Das hat bisher überall 0,50 bis 1,00 AUS$ gekostet.

In Wellington begegnet uns noch einmal der Murray. Wir setzen mit der Fähre über den Fluss. In direkter Fahrt folgen wir dem Princess Highway dann weiter nach Kingston S.E., dem Herzen der Hummer(Lobster)-Fischerei. Welche Enttäuschung, als uns der Inhaber des Hotels offenbart, dass er eine geschlossene Gesellschaft hat und das Restaurant - auch für Hotelgäste - geschlossen bleibt. Er empfiehlt das Royal Mail Hotel im Ort. Unsere Stimmung erhält dort allerdings einen argen Dämpfer. Nach geschlagenen achtzig (80) Minuten Wartezeit erhalten wir einen halben Mini-Lobster mit einigen Honey Prawns auf trockenem Reis ohne alle Beilagen. Die Tage in Südaustralien stehen wahrlich unter keinem guten Stern.

So 05.10.2003 [339 km] Robe, Coonawarra, Frances, Naracoorte
Es folgt noch so ein Tag, den man am besten aus dem Gedächtnis streicht. Nach einem kurzen Bummel in Robe fahren wir über Penola nach Coonawarra. Es sind nicht viele Weingüter, die am Sonntag geöffnet haben. Im Hollick Vineyard kehren wir ein. Aus der Erfahrung im Langhorn Creek erkundigen wir uns vorher über die Höhe des Korkgeldes. Man nennt es uns nicht direkt, aber aus der Diskussion darüber, können wir indirekt darauf schließen, dass es auch mehrere Dollar sind. Wir kaufen gleich eine Flasche im Restaurant und sparen die Preisverdopplung durch das Korkgeld.

Nach einem kurzen Aufenthalt an der Bool Lagoon, steuern wir Naracoorte an. Auf unserer Karte haben wir das Dorf Frances gefunden. Von dort kamen die Mitreisenden, die uns während der Kimberley Cruise so eindringlich aufgefordert hatten, sie zu besuchen. In Frances offeriert man uns im Hotel ein Zimmer in einem umgebauten Schafscherer–Gebäude für 120 AUS$. Das ist eine Unverschämtheit, in der Hauptstadt haben wir für wesentlich weniger exklusiv gewohnt. Wir fahren in das uns bekannte Flag Motel McIntosh in Naracoorte.

Mo 06.10.2003 [228 km] Horsham, Halls Gap
Ab in die Natur. Wir verlassen Naracoorte Richtung Osten und passieren kurz darauf die Grenze zu Victoria.

Unterwegs deutet sich lautstark wieder eine Reifenpanne an. Unwuchtgeräusche lassen uns sofort stoppen. Ungewöhnlich, alle Reifen haben vollen Luftdruck. Nach langer Suche entdecke ich den Übeltäter. Eine große Schraube hat sich im Reifenprofil so festgesetzt, dass sie bei unserem gemütlichen Tempo nicht weggeschleudert wird.

Ansonsten erreichen wir unbeschadet die Stadt Horsham. Der erste Weg führt uns wieder in die Tourist-Info. Wir werden gut und freundlich bedient und steuern direkt die Grampians im gleichnamigen Nationalpark an. Halls Gap hat sich zum reinsten Touristenort gewandelt. Hotel reiht sich an Hotel, dazwischen Hinweise auf Ferienhäuser. Das ist alles nichts für uns. Wir finden unseren Unterschlupf in einer herrlichen Hütte auf dem Caravanplatz außerhalb des Ortes. Die Beine vertreten wir uns nach dem langen Fahrtag bei einer Film- und Foto-Wanderung zum Lake Bellfield.

Di 07.10.2003 [25 km] Grampians
Wandertag. Endlich sind wir wieder in unserer geliebten Natur. Erste Station sind die ‘Silverband Falls’. Vom Sundial Carpark starten wir eine ausgedehnte Wanderung zum ‘Lakeview Lookout’ und den Aufstieg zu den Pinnacles. Die Rundfahrt führt uns dann zu den Turret Falls und weiter nach Halls Gap. Ein herzhaftes Lunch und Souvenir-Shopping gehören schließlich auch zum Urlaub.

In unserem mitten in ruhiger Landschaft gelegenen Camp begeistert uns eine reiche Vogelwelt. Hinter der Hütte huschen die blauen Staffelschwänze durchs Gebüsch und in den höheren Bäumen ringsum toben lautstark Würgerkrähen (Currawongs) und die großen Gelbhauben-Kakadus.

Mi 08.10.2003 [217 km] Warrnambool, Petersborough
Unsere Route fährt uns nach Süden, wieder ans Meer. Vorbei am Mount Abrupt verlassen wir die Grampians. Bei Warrnambool erreichen wir die Küste. Was ist aus diesem kleinen gemütlichen Ort geworden? Nach einem Stadtbummel genießen wir die Aussicht vom Flagstaff Hill. Über die Bay of Islands erreichen wir Petersborough. Beim Abendspaziergang haben wir den Ort in wenigen Minuten erkundet.

Do 09.10.2003 [176 km] Great Ocean Road, Melba Gully State Park, Aireys Inlet
Der Höhepunkt einer Küstentour in Victoria ist die ‘Great Ocean Road’. Wo immer eine der Sehenswürdigkeiten dieser Touristenstrecke ausgeschildert ist, machen wir Halt: ‘The Grotto’, ‘London Bridge’, ‘The Arch’, ‘Loch Ard Gorge’ und ‘The Twelve Apostel’ sind die Namen der markantesteten Punkte.

Great Ocean Road (Twelve Apostel) Great Ocean Road (Twelve Apostel) © 2003-2016 Bernd Runde

Um 11:00 Uhr erreichen wir den Melba Gully State Park, einen tropischen Urwald. Leider müssen wir den Madson Track auf halber Strecke abbrechen, umgestürzte Bäume versperren den Weg und haben einen Galerieweg zertrümmert. Als wir zum Ausgangspunkt dieses Tracks nach Maits Rest zurückkehren, geht gerade wieder ein heftiger Regenguss nieder. Ein Glück, dass wir gerade die Hütte erreicht haben. Auf der Weiterfahrt haben wir dann ab Apollo Bay Dauerregen. Ein Quartier steuern wir in Aireys Inlet an. Wir beziehen eine exklusive Hütte.

Fr 10.10.2003 [309 km] Queenscliff, Sorrento, Toora
Für das nächste angesteuerte Ziel lassen wir uns telefonisch ein Quartier reservieren. Vor uns liegen die letzten Kilometer der Great Ocean Road. Es gilt zu entscheiden, ob wir der Großstadt Melbourne ausweichen oder das Verkehrsgetümmel um und in Victorias Hauptstadt auskosten wollen. Wir fahren übers Land. Ab Torquay folgen wir der Beschilderung nach Queenscliff. Dort setzen wir mit der Fähre über nach Sorrento. ‘Nomen est Omen’, die Stadt erscheint fest in italienischer Hand. In einem der zahlreichen Fischrestaurants kehren wir zum Lunch ein. Beim folgenden Streckenabschnitt versuchen wir, den Hauptverkehrsadern auszuweichen. Immer wieder landen wir auf neu eingerichteten Schnellstraßen, die in unserer *Karte noch gar nicht eingezeichnet *sind. Es vergeht viel Zeit, ehe wir das Einzugsgebiet von Melbourne endlich hinter uns haben. Über Inverloch und Leongatha erreichen wir das kleine Örtchen Toora.

Rußausternfischer [Haematopus fuliginosus] Rußausternfischer [Haematopus fuliginosus] © 2003-2016 Bernd Runde

Sa 11.10.2003 [351 km] Wilsons Promontory Nationalpark, Lakes Entrance
Wir haben Toora als Station gewählt, weil es unmittelbar am Eingang zum Wilsons Promontory Nationalpark liegt. Diese Landzunge ist der Rest einer Landbrücke, die früher Tasmanien mit dem Festland verband. Vor unserer Abfahrt jagen wir noch schnell die Wäsche durch die Maschinen. Bis zum Besucherzentrum sind es nur 60 Kilometer. Auf dem Weg dorthin strolchen wir noch etwas an der Whisky Bay herum. Eine ausgedehnte Wanderung durch dichtes Gestrüpp unternehmen wir dann zum Pillar Point. Unterwegs genießen wir die Aussicht vom ‘Tidal Overlook’ zum Squeaky Beach in der Leonard Bay. Vom Endpunkt der Tour geht der Blick zur Mündung des Tidal River in die Norman Bay.

Unspektakulär verläuft der Rest dieser Tagesetappe auf der Weiterfahrt durch Weide- und Wiesenland nach Lakes Entrance.


Schnee und Eis im Südosten - Unbekannte Snowy Mountains

So 12.10.2003 [302 km] von Lakes Entrance (Victoria) nach Merimbula (New South Wales)
Nach einem morgendlichen Spaziergang in Lakes Entrance fahren wir zügig auf dem ‘Princess Highway’ bis nach Eden in New South Wales. In dem herrlich in einem Palmenhain gelegenen Caravanpark hat man angeblich keine Bettwäsche mehr. Im nur wenige Kilometer entfernten Merimbulla finden wir dann eine Unterkunft. Wir sind inzwischen wegen der sehr guten Erfahrungen komplett auf Übernachtungen in Hütten fixiert. Besonders interessant ist die Alternative natürlich durch den TTP-Mitgliedsausweis, der überall anerkannt wird, obwohl er nur 4 Wochen gültig sein sollte.

Mo 13.10.2003 [143 km] Bega, Cooma
Kurz hinter Bega biegen wir auf die #18 ab, den Snowy Mountain Highway. Die South Coast Range steigen bis auf 1.100 Meter an. In steilen und engen Serpentinen überwinden wir dieses Vorgebirge. Als wir den Pass hinter uns haben, blitzen in der Ferne die ersten Schneefelder in strahlendem Weiß. Noch einige Kilometer und wir sind in Cooma, wo wir mit mit unseren Freunden aus Newcastle verabredet sind.

Zunächst haben wir aber noch genügend Zeit, um etwas in der Stadt herumzustrolchen. ‘Im Laufe des Nachmittags’ hatte Jack am Telefon gesagt. Es wird zwar recht spät, weil sie um Sydney herum in den üblichen ‘traffic jam’ geraten sind. Gemeinsam verbringen wir den Nachmittag und den Abend im Hotel. Dinner im gemütlichen Speisesaal ist in der gebuchten Pauschale enthalten und so sitzen wir auch noch spät am Abend zusammen.

Di 14.10.2003 [298 km] Jindabyne, Charlotte Pass, Thredbo.
Ein Ausflug am nächsten Tag führt uns zunächst nach Jindabyne, wo wir uns am See etwas die Beine vertreten. Auf der Wintersport-Route fahren wir über Perisher Valley (die Ski-U-Bahn ist auch nicht mehr in Betrieb) bis zum Charlotte-Pass. Dort oben liegen noch ca. Zwei (2) Meter Schnee. Schneefräsen sind im Einsatz, um den Pass frei zu machen. Für uns ein ungewohntes Schauspiel, solche Schneemassen im sonst so heißen Australien anzutreffen. Die Skisaison ist allerdings zu Ende. Auch die Lokale sind alle geschlossen. Wir fahren zurück und nehmen die Route nach Thredbo Village. Dort sitzen wir dann bei strahlendem Sonnenschein auf einer Terrasse beim Lunch.

Mi 15.10.2003 Lake Eucumbene, Kiandra, Cooma.
Jack lässt es sich nicht nehmen. Beim heutigen Tagesausflug sitzt er am Steuer. Wir nehmen die andere Route in den Mount Kosciuszko Nationalpark. Bei Adaminaby biegen wir ab zum Lake Eucumbene. Am See gibt es das bei Australiern übliche Picknick-Lunch. Ich werde abgelenkt durch einen leibhaftigen Ameisenigel. Bei Anglers Reach ist dann die Welt zu Ende. Aus früheren Jahre kennt Jack noch eine historische Stelle in den Bergen, die alte Goldgräbersiedlung Kiandra. Leider ist davon nichts mehr zu finden. Zu allem Überfluss beginnt es auch noch zu regnen. Auf dem Rückweg kehren wir noch in Adaminaby zu Kaffee und Kuchen ein. Mit einem Stadtbummel in Cooma beschließen wir das Tagesprogramm. Nach dem Dinner sitzen wir dann noch einige Stunden auf unserem Zimmer bei Sekt und Knabbereien.

Ameisenigel (Echidna) Ameisenigel (Echidna) © 2003-2016 Bernd Runde


Von der Quelle bis zur Mündung - Westwärte am River Murray

Do 16.10.2003 [321 km] Cooma, Jindabyne, Thredbbo, Wodonga
Nach der herzlichen Verabschiedung von unserem Besuch brechen auch wir auf. Die Hauptrichtung ist westwärts. Wir werden wo immer möglich direkt dem Murray River auf seinem Weg zum Meer folgen. In Cooma und Jindabyne legen wir noch einmal kurze ‘Shopping’-Pausen ein. Im Tal des Thredbo River folgen wir dem ‘Alpine Way’ durch den Nationalpark.

In Thredbo stellen wir fest, dass der Sessellift zum ‘Eagles Nest’ in Betrieb ist. Eine verlockende Abwechslung. Oben angekommen folgt eine Wanderung durch feuchten Altschnee und über Gitterstege bis zum ‘Mt. Kosciuszko Lookout’. Im ‘Eagles Nest’, einer urigen Skihütte, kehren wir zum zünftigen Lunch ein. Zwei Wandervögel, Auswanderer aus Österreich, spendieren eine Lage Schnaps. Es wird ein langer Vormittag. Erst um 14:00 Uhr sitzen wir wieder im Auto. Den warmen Sonnentag muss man schließlich auskosten. In Khancoban verlassen wir den Nationalpark und sind kurz darauf im Tal des Murray River. Kurz nachdem wir den Lake Hume passiert haben, erreichen wir Wodonga. Es ist allerdings inzwischen 18:00 Uhr geworden. In einer wunderbare Hütte können wir diesen abwechslungsreichen Tag beschließen und Kräfte für den folgenden Gebirgstag sammeln.

Fr 17.10.2003 [402 km] Bright, Hotham Heights, Omeo
Ein Abstecher in die ‘Alpin Region’ steht auf dem Programm. Übers Land und zum Teil auf engen Straßen erreichen wir bei Myrtleford die ‘Great Alpine Road’, die uns ins Skigebiet von Victoria, die sogenannten Victorianischen Alpen, bringen soll. In Bright, dem Zentrum der Region, machen wir einen längeren Aufenthalt. Viele alte Gebäude und eine wunderschöne Kirche verleihen der Stadt eine ansprechende Atmosphäre. Wir sitzen auf einem öffentlichen Platz und genießen bei ‘fish’n ships’ den Sonnenschein.

Bald windet sich die Straße in die kahlen Höhen der Skiregion ‘Hotham Heights’. In der Landschaft tauchen immer mehr Schneefelder auf. Oben am Fuße des Mt. Hotham (1.862 m) stehen zahlreiche Hotels und riesige Komplexe mit Ferienwohnungen. Allerdings ist auch hier der Betrieb eingestellt, die Saison ist beendet. Eine gut ausgebaute Straße, breit wie ein Highway führt auf südlicher Seite hinunter nach Omeo.

Wir wollen mehr sehen von diesem abwechslungsreichen Land, wählen also nicht die gleiche Strecke zurück. Über eine Nebenstrecke, sie nennt sich Omeo Highway, treten wir den Rückweg an. Schon bald bereuen wir diesen Entschluss, schließlich sind wir nicht mehr im Geländewagen unterwegs. Die Strecke ist eng und kurvenreich und in scheußlichem Zustand. Von den 107 Kilometern von Omeo nach Mitta Mitta sind die Hälfte aufgewühlte matschige Forstwege, auf denen stellenweise erst vor kurzem Baumstämme geschleppt wurden. Ein weiteres kilometerlanges Stück führt durch verkohlte noch nach Ruß und Asche stinkende vom Buschfeuer heimgesuchte Wälder. Um nicht wieder den Murray Valley Highway fahren zu müssen, bleiben wir auf Nebenstrecken. Über Red Bluff fahren wir durchs Tal des Kiewa River zurück nach Wodonga. Diese abwechslungsreiche Fahrt beenden wir erst um 18:00 Uhr. Wenigstens das Wetter hat gehalten.

Sa 18.10.2003 [282 km] Corowa, Lake Mulwala, Tocumwal, Echuca
Auch der neue Tag begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Wir überqueren den Murray und folgen ab Albury dem Fluss auf der NSW-Seite. In Corowa legen wir die erste Pause ein. Hinter den Sportanlagen der Stadt ist ein großes Waldgebiet direkt am Flussufer. Das ist genau das richtige für eine ausgedehnte Wanderung und für Fotos einer typischen Murraylandschaft.

Picknick am Lake Mulwala Picknick am Lake Mulwala © 2003-2016 Bernd Runde

Wir bleiben auf dieser Seite des Flusses, da die kleinere Straße mehr ursprüngliche Natur verspricht. Allerorten regulieren Wehre und Staumauern den Lauf des Flusses. Auch die Stadt Mulwala liegt an einem so entstandenen Stausee. Aus einer Backstube holen wir uns herzhafte Pies und genießen in einem riesigen Parkgelände vor den Toren der Stadt unser Lunch am Ufer des Lake Mulwala.

Inzwischen sind die Temperaturen ganz schön in die Höhe gegangen. Es ist heiß geworden und gleich sucht man den Schatten. Auch in Tocumwal ist es der ursprüngliche Wald am Flussufer, der uns zu einem ausgedehnten Spaziergang einlädt. In Echuca, wir sind wieder auf der victorianischen Seite des Flusses, beziehen wir Quartier in einer schönen Hütte am Rande des Camps. Die Temperaturen haben solche Höhen erreicht, dass in der Hütte die Klimaanlage auf vollen Touren läuft.

So 19.10.2003 [19 km] Echuca (Victoria Park)
Es ist ein Wechselbad der Gefühle, das Wetter. Trüb und kalt begrüßt uns der Sonntag. Während des Stadtbummels beginnt es zu regnen. Dank der vielen hochgelegten und überdachten Bürgersteige stört aber selbst der zur Mittagszeit einsetzende heftige Regen kaum. Kurz darauf ist der Spuk vorbei. Bei strahlendem Sonnenschein wird es auch sofort wieder warm. Genau das brauchten wir für einen dreistündigen Spaziergang durch den Victoria Park am Ufer des Murray. Wir lauschen den vielfältigen Vogelstimmen, bewundern das sich ständig ändernde Antlitz des mächtigen Flusses und genießen die völlige Abgeschiedenheit - trotz der Nähe der sich ständig verändernden und wachsenden Stadt.

Mo 20.10.2003 [190 km] Gunbower Island, Cohuna, Koondrook, Kerang, Swan Hill
Weiter geht diese Route durch Victoria stromabwärts. Unsere Stationen sind Gunbower Island, Cohuna, die alte Murray-Brücke zwischen Koondrook und Barham und Kerang, wo die Tourist-Info ohne Angabe von Gründen geschlossen ist.

Einen längeren Aufenthalt legen wir zum Besuch der ‘Ibis Rockerie’ ein. Auch in Swan Hill liegt der Caravanpark direkt am Fluss. Allein ein Bummel über das Camp vermittelt einen Eindruck vom Charakter der Landschaft. Wir schlendern gemütlich, vorbei an der historischen Drehbrücke, bis zum Stadtrand und zurück.

Eine Entscheidung über die weitere Route ist nicht nötig. Nur in Victoria führt der Murray Valley Highway direkt am Fluss entlang. Dabei ist ‘direkt’ auch nur relativ zu sehen. Wegen der in früheren Zeiten teilweise dramatischen Hochwasser umgeht der Highway viele tief liegende Gebiete.

Di 21.10.2003 [151 km] Swan Hill, Nyah State Forest, Boundery Bend, Robinvale (Hütte)
Zur Einstimmung bummeln wir zunächst noch einmal durch Swan Hill, und zwar dort, wo wir gestern mangels Regenschutz nicht gewesen sind. Auf der Weiterfahrt bietet sich bei Nyah die Gelegenheit für eine ausgedehnte Wanderung durch den Staatsforst und am Fluss entlang. Der zunächst kurz erscheinende Weg zieht sich wie Kaugummi. Wir sind erst in zwei Stunden wieder an dem einsam im Wald gelegenen Parkplatz. Der Marsch hat Hunger gemacht. In Boundary Bend kehren wir zum Lunch ein. Den Tag beenden wir in einem Camp oberhalb von ‘Lock #15’ in Robinvale.

Mi 22.10.2003 [133 km] Hattah, Hattah-Kulkyne NP
Ein naher Nationalpark lockt. Westlich vom Murray liegt der Hattah-Kulkyne Nationalpark. Das uns zur Verfügung stehende Kartenmaterial ist recht ungenau und so fahren wir erst zu einer Tankstelle in Hattah, um Informationen einzuholen und die Straße zum Parkeingang zu erfragen. Die haben wir mangels Beschilderung glatt verpasst. Der Nationalpark ist ein unberührtes Wanderparadies durch ‘River Gum’-Haine und Mallée-Gestrüpp. Wir drehen eine ausgedehnte Runde von über zwei Stunden. Einen zweiten Rundweg ‘gönnen’ wir uns aber nicht mehr. Die Fliegenplage ist unerträglich, weil natürlich bei der Hitze das Leben unter dem Fliegennetz nicht gerade zum Wohlbefinden beiträgt.

Am Nachmittag erkunden wir noch die nähere Umgebung unseres Camps. Erst, wenn man zum Wehr und der Staustufe hinab steigt, werden die Höhenunterschiede zwischen dem Fluss und der Umgebung so richtig sichtbar.

Do 23.10.2003 [176 km] Lake Benanee, Mildura, Red Cliffs, (Hütte im Camp Mildura)
Bevor wir die nächste Etappe, es sind nur 80 Kilometer bis Mildura, in Angriff nehmen, fahren wir noch ein Stück auf dem Sturt Highway in der verkehrten Richtung. Am Lake Benanee stromern wir am baumbestandenen Ufer entlang und beobachten Sittiche bei ihren Streitereien um die besten Höhlen in einem abgestorbenen Baum.

Heute bleiben wir auf der nördlichen Seite des Flusses. Der Highway ist nicht nur die kürzere Verbindung, er führt auch wesentlich dichter am Murray entlang. In Gol Gol kommen wir nicht unter, im Camp ist keine Hütte mehr frei. In Mildura haben wir Glück. Auf einem sauberen Camp ziehen wir in eine am äußersten Rand gelegene Hütte ein. Nach längerem Bemühen lässt sich sogar der Feuermelder abschalten, der mit seinem Heulton alle halbe Stunde das Camp aufschreckt. Die Batterie war am Ende.

Stadtbummel und Einkauf der immer fehlenden Kleinigkeiten sind schnell erledigt. Am Hafen erkunden wir dabei noch die Abfahrtzeiten der Raddampfer. Über Red Cliffs fahren wir zu den ‘Roten Klippen’, die allerdings in der schrägen Nachmittagssonne im Schatten liegen. Nur wegen der entsprechenden Filmaufnahmen werden wir diesen Abstecher allerdings nicht wiederholen.

Fr 24.10.2003 [76 km] P.S. Rothenbourg, Wentworth
Um 10:50 Uhr soll der Raddampfer zu einer Flussrundfahrt ablegen. Wir haben also am nächsten Morgen reichlich Zeit, noch einmal durch die Fußgängerzone der Innenstadt zu schlendern. Pünktlich kommt der P.S. Rothenbury (P.S. = Paddle Steamer) um eine Flussbiegung und legt mit lautem Geheul der Dampfsirene an. Wir fahren durch die Schleuse #11 und folgen dem Murray flussabwärts. Dichte Wälder und Steilufer säumen den Fluss. Allenthalben sieht man die Pumpen, über die dem Fluss das Wasser für die umliegenden landwirtschaftlichen Betriebe entzogen wird. Nach über zwei Stunden legen wir im Hafen von Mildura wieder an. Auch den Nachmittag verbringen wir mit der Erkundung des Flusses.

In Wentworth vereinen sich die beiden wasserreichsten Flüsse Australiens, die permanent fließen. Es ist der Darling River, der hier in den Murray mündet. Ein beeindruckendes Schauspiel, wie die unterschiedlich gefärbten Wasser nebeneinander her fließen, ehe sie sich vermengen. Zurück im Camp beschließen wir den Tag mit einem exquisiten Dinner vor unserer Hütte.

Sa 25.10.2003 [165 km] Kings Billabong, Renmark, Headings Cliffs (Hotel)
Etwas außerhalb der Stadt befindet sich der Kings Billabong. Wir sind auf einer mehrstündigen Wanderung mal wieder allein mit der Natur. Immer wieder werden wir vom Treiben vieler munterer Vögel aufgehalten.

Der Sturt Highway wechselt wieder hinüber nach Victoria und führt auf ziemlich gerader Strecke bis nach Renmark, ins sogenannte Riverland. Am Cullulleraine Roadhouse kehren wir zum Lunch ein. Es ist Wochenende und ohne Vorbestellung ‘mal wieder keine Hütte frei. In Renmark wollen wir aber unbedingt bleiben. Das Camp direkt am Fluss verspricht erholsame Stunden und einen Grund durchs Land zu hetzen haben wir auch nicht. Wir bestellen für zwei Nächte vor und ziehen heute ins Hotel in der Stadt. Mit der untergehenden Sonne sind wir in einem Gebiet von besonderem Reiz. Tief hat der Murray sich bei den ‘Headings’ in den weichen Sandstein gesägt. Die Abendsonne bescheint die Steilufer und verstärkt das Rot des Gesteins, so dass es in einem wunderbaren Kontrast zum Grün des umgebenden Landes und dem Blau des Himmels steht.

Abendsonne am 'Headings Lookout Abendsonne am ‘Headings Lookout © 2003-2016 Bernd Runde

So 26.10.2003 [224 km] Lyrup, Berri, Loxton, Moorook, Cobdogla, Renmark (Hütte)
Ständig fummelt man in Australien an der Uhr herum. Wir haben ganz vergessen, wohin wir die Uhr stellen müssen, als wir die Grenze von Victoria nach Südaustralien überquerten. Auf jeden Fall war’s verkehrt, nicht zurück-, sondern vorstellen wäre korrekt gewesen. Nach einiger Diskussion im Hotel über das unpünktliche Frühstück klärt sich das ganze aber dann auf.

Wir starten zu einer Rundfahrt durchs Riverland. Mit der Fähre setzen wir nach Lyrup über und versuchen mehrmals an den Fluss zu gelangen. Das ist jedoch mangels befahrbarer Straßen ein aussichtsloses Unterfangen. In Berri machen wir kurz Station und landen schließlich noch einmal in Loxton. Die Rundfahrt folgt weiter der riesigen Flussschleife. In Moorook machen wir am Flussufer Lunch in einer ‘Picnic area’. In Cobdogla suchen wir noch das uns bekannte Camp auf und bestellen uns eine Hütte für den Tag nach Renmark. Bei einem ausgedehnten Abendspaziergang vom Camp in die Stadt und weiter am Flussufer entlang, genießen wir die Ruhe und die frische Luft in der Natur.

Mo 27.10.2003 [9 km] Renmark
Lebensmittel, Wein, Wasser und Obst, irgendetwas fehlt fast immer in unseren Vorräten. Der wichtigste Weg führt uns aber in die Post. Es muss mal wieder ein Päckchen mit gesammelten Prospekten, Büchern und CDs in die Heimat geschickt werden. Die Stadt mit ihrer baumbestandenen Uferpromenade strahlt eine angenehme Atmosphäre aus. Am Nachmittag sind wir in den Uferwäldern mit ihren zum Teil sehr hohen Eukalypten unterwegs. Es gehört heute in Australien schon eine gehörige Portion Glück dazu, Koalas in freier Wildbahn anzutreffen. Heute ist so ein Glückstag. In einer Astgabel räkelt sich so ein unscheinbares graues Bündel. Wir haben die Zeit nicht gestoppt, die uns diese Begegnung gekostet hat.

Di 28.10.2003 [76 km] Lake Bonney, Banrock Station (Hütte in Cobdogla)
Wunderschöne Erinnerungen verknüpfen wir mit dem Lake Bonney bei Barmera. Eine besinnliche Wanderung im Stadtpark am Seeufer ist Balsam für jede gestresste Seele. Wir sitzen am Ufer, schauen über den See mit seiner ruhigen in der Sonne glitzernden Oberfläche. Als die Mittagszeit naht, brechen wir auf nach Kingston-on-Murray. Es sind die letzten Tage dieser Reise und die müssen gekrönt werden.

Nach einer kurzen Wanderung durch den Mallée-Wald sitzen wir auf der Terrasse der Banrock Station und genießen den weiten Blick über die vom Murray durchschnittene ursprüngliche Landschaft. Und wieder trifft uns der Hammer. Wir bestellen das gleiche Gericht wie vor fünf Wochen. Was wir allerdings bekommen, spottet jeder Beschreibung. Unter dem gleichen Namen wie damals gibt es jetzt eine billige Gemüseplatte. “Ja, der Koch hat alles umgestellt. Wir konnten die Karten noch nicht ändern.” Die Ferienzeit hat begonnen und wieder ist es in Südaustralien, wo der Kunde ein lästiges Übel beim Geldverdienen ist.

Steilufer bei Blanchetown Steilufer bei Blanchetown © 2003-2016 Bernd Runde

Mi 29.10.2003 [111 km] Overland Corner, Waikerie, Blanchetown (Hütte Big4 2x)
Fast ein Unfall mit einem vor dem Wagen über die Straße eilenden Känguru. Overland Corner. Nebenstrecke nach Waikerie. Fähre. Stadtbummel zum Aussichtspunkt über dem Fluss. Blanchetown. Big4-Exklusiv-Bungalow. Bei Sonnenuntergang zu den Wombat Plains, bekommen aber keinen Wombat zu Gesicht.

Der Murray bei Waikerie Der Murray bei Waikerie © 2003-2016 Bernd Runde

Do 30.10.2003 [111 km] Swan Reach, Walker Flat, Mannum (Hütte)
Wir folgen weiter dem Murray über Swan Reach und Walker Flat bis Mannum. Gleiches Camp wie 1993. Wunderbare Hütte direkt am Fluss. Stadtbummel, Lunch.

Fr 31.10.2003 [161 km] Murray Bridge, Wellington, Goolwa (Bungalow, Camp 2x)
Mit der Fähre setze ich über den Fluss. Für meinen Video-Film brauche ich einige spezielle Einstellungen. Mitten auf dem Fluss geht ein heftiger Wolkenbruch los. Bin total eingeregnet. Letzendlich fand ich etwas Schutz im Steuerhaus des Fährmanns. Weiter über Murray Bridge und Wellington (Kreis schließt sich) nach Goolwa.

Sa 01.11.2003 [51 km] Goolwa
Der erste total bedeckte und regnerische Tag mit heftigem Sturm. Camp- und Fluss-Spaziergang.

So 02.11.2003 [124 km] Strathalbyn, Adelaide (Motel)
Pause für Lunch in Strathalbyn.

Mo 03.11.2003 [15 km] Heimreise
ab 10:00 Uhr, Rückgabe Pkw, 11:00 Uhr Flughafen, Rückflug Adelaide ab 12:25 Uhr - Darwin an 14:50 Uhr, ab 15:50 Uhr - Singapore an 18:40 Uhr, ab 23:10 Uhr - Frankfurt (QF 81 - 25JK [03:25 Std., 1.630 Meilen] + QF 5 - 70AB [04:20 Std., 2.076 Meilen + 13:25 Std. 6.387 Meilen])

Di 04.11.2003 05:20 Uhr Ankunft Frankfurt