Reisetagebücher

Bernd Runde

Südamerikas Süden, das heißt Patagoniens wilde Natur, exotische Tierwelt, Pampa und Gletscher genau so erleben wie die Atacama-Wüste in Chile und die Iguazu-Wasserfälle im Drei-Länder-Eck. (2000)

Von Buenos Aires südwärts durch Patagonien bis Ushuaia und durch Chile nordwärts bis in die Atacama-Wüste führt uns diese Reise. Den Abschluss bildet der Besuch der Iguazu-Wasserfälle im Dreiländereck Brasilien/Paraguay/Argentinien.


[Alle Bilder sind ohne GPS-Daten]

Von Buenos Aires durch Patagonien nach Ushuaia und an der Westküste Südamerikas nordwärts bis in die Atacama-Wüste

Reiseablauf der Studiosus-Reise ‘Argentinien/Chile’ vom 05.-27.11.2000

Argentinien

Diese Reise führt uns in die unendlichen Weiten der argentinischen Pampa, die schneebedeckten Berge der südlichen Anden, nach Feuerland und an die abgeschiedene Atlantikküste mit ihrer exotischen und vielfältigen Fauna.

Unser Zug nach Frankfurt hat Verspätung. Die S-Bahn in Frankfurt fährt am Sonntag nur in großen Abständen. Wir kommen in der letzten Minute und mit hängender Zunge am Flughafen an und werden schon sehnsüchtig vom Mitarbeiter des Reisebüros erwartet. Nach 13 Stunden Flug überqueren wir den “Rio de la Plata” und landen recht munter in Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens. Begrüßt werden wir von unseren Reiseleitern Erko (Filipe) Janisch und Monika. Es ist erst 08:10 Uhr (- 4 Stunden). Mit dem Bus geht es direkt ins Hotel.

Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires

Beim Gang zur Bank werden wir belehrt, dass heute Feiertag der Bankangestellten ist, und deshalb keine Transaktionen vorgenommen werden. Dafür beschert uns dieser Bummel ein anderes Ereignis. Wegen des Besuchs der estnischen Außenministerin zieht am Martinsplatz die Ehrengarde auf.

Zur Einstimmung auf die neue Umgebung genießen wir den ersten südamerikanischen Kaffee im altehrwürdigen historischen Café Torsini. Zur Frühstückszeit sind die Caféhäuser Sammelpunkt für geschäftliche und private Verabredungen.

Große Plätze prägen das Bild der Stadt. Dem Präsidentenpalais gegenüber liegt, 1,5 Kilometer entfernt, am anderen Ende der historischen Hauptgeschäftstraße “Avenida de Mayo” das Parlamentsgebäude am “Plaza del Congreso”.

Das Kongressgebäude an der Avenida de MayoDas Kongressgebäude an der Avenida de Mayo © 2000-2016 Bernd Runde

Hier steht der Kilometerstein ‘0’. Es ist der Startpunkt aller Nationalstraßen, die in das große Land führen.

Auch unterirdisch, in den klapprigen Holzwagen der U-Bahn, herrscht zu Stoßzeiten dichtes Gedränge. Das Zentrum der Stadt ist der Platz ‘Plaza de Mayo’ mit dem rosaroten Präsidentenpalais, der “Casa Rosada”. Wenn gerade keine Demonstrationen stattfinden, sind die Grünanlagen vor dem Palais beliebte Stätte für die mittägliche Siesta der Angestellten aus den umliegenden Verwaltungs- und Geschäftshäusern. Zur ruhmreichen Vergangenheit des Landes gehört natürlich auch die Epoche der Evita Peron. Allerorten wird der Song aus dem Musical ‘Evita’ gespielt. Heute wird gerade ein Film über Argentinien gedreht, und so erleben wir ‘live’ diesen Song vor der Casa Rosada.

Die Avenida 9 de Julio Die Avenida 9 de Julio © 2000-2016 Bernd Runde

Zäh und laut, wie in allen Metropolen der Welt, quält sich der Verkehr durch enge Straßen und Gassen. Nur auf den großen Prachtstraßen, wie der “Straße des 9. Juli” geht es auf sechs Spuren für jede Richtung etwas zügiger voran. Gesäumt wird die “9.Juli” von breiten Grünstreifen mit den Denkmälern und Monumenten ruhmreicher Figuren vergangener Jahre. Auf dem großzügig angelegten “Plaza San Martin” steht das Ehrenmal des Freiheitskämpfers. Begleitet vom pompösen Aufzug der Ehrengarde, pflegen Staatsgäste mit einer Kranzniederlegung am Ehrenmal dem argentinischen Nationalhelden ihre Referenz zu erweisen.

Bunte Wellblechhäuser in La Boca Bunte Wellblechhäuser in La Boca © 2000-2016 Bernd Runde

Wir fahren in den Stadtteil ‘La Boca’ am alten Hafen, der Keimzelle der heutigen Millionenstadt. La Boca entstand vor ca. 100 Jahren während der ersten großen Einwanderungswelle aus Europa. Hier hausten die Emigranten aus Europa, die im aufstrebenden Südamerika hofften, zu Reichtum zu kommen, in selbstgebauten Wellblechhütten, die sie mit Schiffsfarben, ihrem Ersatz-Arbeitslohn, bunt anmalten. Heute mausert sich das Stadtviertel um den ehemaligen Hafen mit seinen bunten Wellblechhäusern an der Straße ‘Caminito’ zur Touristenattraktion. Es dient aber auch der Jugend als Anschauungsobjekt für den Ursprung der Nation.

Tangobilder - Souvenirs in der El Caminito Tangobilder - Souvenirs in der El Caminito © 2000-2016 Bernd Runde

Aus allen Kneipen schallt der Rhythmus des ‚Tango argentino’. Er hat mit seiner Mischung aus Melancholie und Lebensfreude seinen Ursprung in diesem Milieu der Verzweifelten und Gescheiterten. Es folgt ein Bummel durch die geschäftige Innenstadt mit ihren belebten breiten Fußgängerzonen und die prachtvolle ‘Galerie Pacifico’, ein zum Einkaufszentrum umgestaltetes ehemaliges Museum.

Galeria Pacifico Galeria Pacifico © 2000-2016 Bernd Runde

Den Tag beschließen wir mit einem individuellen Bummel über die Straße ‘Libertad’ und anschließendem Abendessen. Selbst nachts ebbt der Betrieb auf den Boulevards nicht ab, man hat vielmehr das Gefühl, dass diese Stadt nie zur Ruhe kommt.

Ausgeschlafen sind wir um 07:00 Uhr am nächsten Morgen beim Frühstück. Eine Stadtrundfahrt bringt uns zunächst zum Friedhof ‘Recoleta’, wo auch Evita Peron bestattet ist. Ist das Leben in Argentinien für viele schon kaum zu bezahlen, so ist das Sterben fast unerschwinglich. Zum Ruhm der Familie eines Verstorbenen werden in den Totenstädten, wie auf dem Friedhof des ‘Vornehmen’- Viertels “Recoleta” prunkvolle Mausoleen errichtet.

Vom prächtigen Parlamentsgebäude geht es per U-Bahn zum Plaza Mayo mit dem Präsidenten-Palais und dem Dom mit dem Mausoleum für San Martin, dem argentinischen Freiheitshelden. Auch wenn die Argentinier noch stark mit der Tradition ihrer Herkunftsländer verbunden sind, etabliert sich eine gewisse nationale Identität. Für ihren Nationalhelden, General José San Martin, hat man direkt neben der Kathedrale und nur von dieser aus zugänglich, eine prunkvolle Ehrenhalle errichtet.

Im Dom von Buenos Aires Im Dom von Buenos Aires © 2000-2016 Bernd Runde

Den Nachmittag verbringen wir in Eigeninitiative mit einem ausgedehnten Bummel durch die Fußgängerzone (Bank, Geldwechsel) und die Galeria Pacifico. Über die Avenida Cordoba bummeln wir bei einsetzendem Regen bis zu den zur Kulturmeile umgestalteten Docks am Rio de la Plata. Über die Avenida del Mayo steuern wir noch einmal das Café Tortoni an und erreichen über die Liberdat unser Hotel.

Nach einer Instruktionsstunde mit dem Reiseleiter geht’s in ein nahegelegenes Steakhaus. Bei einem zünftigen argentinischen Abendessen in einem der traditionsreichen und gut besuchten Steakhäuser der Stadt kommt Lebensfreude auf. Der gute argentinische Rotwein ist ebenso wenig zu verachten, wie die butterweichen Steaks. Von 22:00 Uhr bis Mitternacht erleben wir dann einen Tangoabend im “El viejo Almacén”. Wir lassen uns von den Klängen einer Tango-Kapelle und den Darbietungen der Tänzer gefangen nehmen. Danach müssen noch die Koffer gepackt werden.

Beim Tango Argentino Beim Tango Argentino © 2000-2016 Bernd Runde

Unser Weg zum direkt am Rio de la Plata gelegenen Inlands-Flughafen führt uns am großzügig angelegten Stadtpark vorbei. Von den breiten Durchgangsstraßen hat man die Hälfte mit Markierungshütchen abgeteilt. Diese Spur ist ausschließlich den Radlern und Joggern vorbehalten. Wir bummeln einige Minuten durch den sich in voller Pracht präsentierenden Rosengarten. Die vielen Parks und Grünanlagen in Buenos Aires sind Dreh- und Angelpunkt für die Freizeitgestaltung. Verglichen mit dem Treiben auf den Straßen, sind sie wahre Oasen der Ruhe und Besinnung.

Ungestörte exotische Tierwelt in intakter Natur auf der Valdez-Halbinsel

Wir fliegen, von Buenos Aires kommend, südwärts, zunächst über das eintönige Braun der Pampa, um dann der schroffen Steilküste zu folgen. Nach rund 1.000 Kilometern tauchen die ersten menschlichen Besiedlungen auf. Wir steuern die Kleinstadt Trelew (gespr. Trelo) an. Unser Ziel ist die Valdez-Halbinsel in der Provinz Chubut in Ost-Patagonien. Durch ihre Abgeschiedenheit hat sich hier neben der noch intakten Natur eine unbeschreiblich vielfältige und exotische Tierwelt erhalten.

Durch brettebenes Land steuern wir eines dieser Tierparadiese an, die Halbinsel ‘Punta del Tombo’. Eigentlich erwartet man sie am Südpol, die Magellan-Pinguine. Ihre Art hat sich aber auch an andere Lebensbedingungen angepasst, sie können auch in wärmeren Gefilden leben. Auf der kleinen Landzunge ‘Punta del Tombo’, südlich der Valdez-Halbinsel, gibt es die angeblich größte Magellan-Pinguin-Kolonie auf dem Festland. Unbeeindruckt von den wenigen Besuchern im Schutzgebiet, gehen die possierlichen Frackträger ihrem gewohnten Leben nach.

Magellan-Pinguine in heißen Gefilden Magellan-Pinguine in heißen Gefilden © 2000-2016 Bernd Runde

2,5 Stunden benötigen wir mit dem Bus von hier bis in unser Quartier in Puerto Madryn. Frischen Fisch und natürlich argentinisches Steak bietet die Küche im Restaurant Estela.

Die Halbinsel Valdéz ist ein faszinierendes Naturparadies von wilder Schönheit. Von Puerto Piramide fahren wir am nächsten Tag mit dem Katamaran nur wenige 100 Meter hinaus und erleben ein Naturschauspiel ganz anderer Art. In der flachen Bucht zwischen dem Festland und der Valdez-Halbinsel erscheinen Hunderte von Glattwalen zur Paarung und Aufzucht ihrer Neugeborenen. Vermutlich wählen die Muttertiere das seichte, teilweise nur 5 Meter tiefe Wasser der Bucht, um ihren Neugeborenen das Schwimmen beizubringen. Diese 30-Tonnen-Kolosse lassen sich durch die Anwesenheit der Boote mit den staunenden Menschen in keiner Weise stören. Mit gedrosseltem oder abgestelltem Motor treiben wir mitten zwischen den elegant durchs Wasser gleitenden Meeresriesen.

Ein Südlicher Glattwal taucht ab Ein südlicher Glattwal taucht ab © 2000-2016 Bernd Runde

Unterhalb einer Steilküste bei Punta Delgada rollt der Atlantik auf einen breiten Sandstrand. Erst beim zweiten Blick erkennen wir im Sand massige braune Körper. Über eine steile Düne steigen wir hinab und befinden uns kurz darauf mitten in einer See-Elefanten-Kolonie. Diese Tiere leben 11 Monate im Jahr irgendwo draußen im Meer. Sie kommen nur einmal im Jahr an Land, um die Jungen aufzuziehen und sich erneut zu paaren. So ist es nicht verwunderlich, dass wir neben den massigen Leibern der Männchen sowohl die wesentlich kleineren Weibchen, als auch Jungtiere in ihrem dunklen Fell antreffen. Wenn man sieht, wie schwerfällig sich die Tiere an Land bewegen, ist es nicht verwunderlich, dass es, abgesehen von den Rangeleien einiger Jungbullen, am Strand verhältnismäßig ruhig zugeht. Sie lassen sich auch von den paar Menschen in ihrer Nähe nicht stören.

Ungleiche Pärchen bei den See-Elefanten Ungleiche Pärchen bei den See-Elefanten © 2000-2016 Bernd Runde

Einige Sturmvögel zeigen ihre Flugkünste und patroullieren die Küste entlang auf der Suche nach Aas, während die Dominikaner-Möwen sich aufs schützende Land zurückgezogen haben.

Einen Kilometer weiter nördlich, im ausgewiesenen Schutzgebiet unterhalb der Steilklippe, herrscht allerdings Hochbetrieb am Strand. In der Seelöwen-Kolonie geht es recht wild her. Sie sind wesentlich lebhafter als ihre Vettern mit dem Rüssel. Sie schubsen und stoßen sich, ihr Gebrüll schallt herauf zu uns am Rande der Steilküste. Sie kämpfen miteinander und sind ständig auf der Suche nach einem Weibchen oder dem Rivalen, der ihnen ihre Eroberung streitig machen will.

Brettebene Pampa Brettebene Pampa © 2000-2016 Bernd Runde

Vor der Weiterfahrt kehren wir im Leuchtturm am Punta Delgada zum Fischessen ein. Wir durchqueren die Halbinsel mit ihren Salzseen und Lagunen. Auf dem steinigen braunen Boden flüchtet eine Viper vor unserem neugierigen Blick. In der Nähe einer Estancia tummeln sich ein paar Mardas, wie die Pampahasen hier genannt werden, im trockenen Gras. Vorbei am Chica Salzsee und am Großen Salzsee kehren wir zurück nach Puerto Madryn. Im Hotel Estela gibt es Lomo und einen guten Tropfen argentinischen Rotwein zum Abendessen.

Faszination Patagonien - Amerikas wilder Süden

Unser Weiterflug steht erst für mittags auf dem Programm. Zeit für einen Besuch des Paläontologischen Museums in Trelew. Ein wahres Juwel hier mitten in der unwegsamen Pampa. Wegen der unschätzbaren reichen prähistorischen Funde hier am Ende der Welt, unterhält das Museum eine umfangreiche und beeindruckende Sammlung.

Dass dieses Land nicht immer flach und ohne hochragenden Bewuchs war, wird im Museum eindrucksvoll dokumentiert. Patagonien ist eine der reichsten Fundstätten für die Überreste prähistorischer Lebensformen aus einer Zeit, als auch der Süden Südamerikas von tropischen Wäldern bedeckt war.

Dann sitzen wir wieder im Flugzeug. Über Patagonien liegt eine dichte Wolkendecke. Erst als wir den östlichen Einlass der Magellanstraße erreichen, reißen die Wolken auf und geben den Blick frei auf die wilde schneebedeckte Landschaft Feuerlands. Die Maschine hält weiter Kurs gen Süden. Wir steuern Ushuaia an, die letzte größere menschliche Besiedelung auf dem amerikanischen Kontinent und Sprungbrett in die Antarktis. In einer weiten Schleife - es sind nur noch wenige Kilometer zum Kap Horn, dem sturmgepeitschten südlichsten Zipfel des Kontinents - überfliegen wir den Beagle-Kanal und setzen inmitten schneebedeckter Berge zur Landung an.

Ushuaia bei Nacht Ushuaia bei Nacht © 2000-2016 Bernd Runde

Die ehemalige Sträflingskolonie Ushuaia ist heute eine aufstrebende Kleinstadt. Mit Stolz nennen sie ihre Einwohner ‘Die Stadt am Ende der Welt’. Hoch über der Stadt, mit herrlichen Blick auf Stadt und Beagle-Kanal beziehen wir Quartier.

Blütenpracht am Ende der Welt Blütenpracht am Ende der Welt © 2000-2016 Bernd Runde

Gleich nach unserer Ankunft brechen wir auf zu einer Bustour entlang des Beaglekanals. Triefendnasse Bäume und Büsche an der Lapataiabucht und im gleichnamigen Nationalpark. Bei einer ausgedehnten Wanderung im Lapataia-Nationalpark am sturmgepeitschten Ufer des Beagle-Kanals staunen wir über die manchmal recht tropisch wirkende Flora. Als Farbtupfer beleben Magellangänse, Goldhals-Ibisse und Eisvögel einen trüben Tag mit tiefhängenden grauen Wolken. Eisiger Wind treibt immer wieder dichte Wolken über das Wasser. Zum Abendessen lädt ‘Studiosus’ zum reichhaltigen Büffet in unserem Hotel ein.

Vier Jahreszeiten an einem Tag und Schneefall mitten im Hochsommer, das gehört auf Feuerland zum Alltag. Alles ist weiß gepudert, als wir am nächsten Morgen aus dem Fenster schauen. Hier unten, nur wenige Kilometer vom Kap Horn entfernt, wechseln die Jahreszeiten tatsächlich stündlich. Sturm peitscht über den Beaglekanal.

Seelöwenkolonie im Beagle-Kanal Seelöwenkolonie im Beagle-Kanal © 2000-2016 Bernd Runde

Bei einer Fahrt mit dem Katamaran zu einigen Inseln im Beagle-Kanal erleben wir eindrucksvoll, welcher Tierreichtum sich in der Abgeschiedenheit dieser Region erhalten hat. Seelöwen-Kolonien, Brutinseln unzähliger Königsscharben und Felsenkormorane, farbenprächtige Gänse und Enten, eine unbeschreibliche Vielfalt präsentiert sich uns aus nächster Nähe.

Mit Scharben übervölkerte Inseln Mit Scharben übervölkerte Inseln © 2000-2016 Bernd Runde

Eine 2-stündige Mittagspause nutzen wir zu einem von heftigen Regengüssen begleiteten kurzen Stadtbummel und einem zünftigen ‘kings crab’-Essen.

Am Ende der Welt - Ushuaia Am Ende der Welt - Ushuaia © 2000-2016 Bernd Runde

Vier Jahreszeiten an einem Tag und Schneefall mitten im Hochsommer, das erleben wir am eigenen Leib, als wir auf dem Weg zum Lago Escondido den Garibaldi-Pass überqueren.

Nichts kann uns allerdings von einem Fußmarsch über den Pass hinunter zum See abhalten. Noch einmal tauchen wir ein in die Wildnis, die durch zahllose Biberdämme und Seen geprägt wird. Vor einigen Jahren aus Kanada eingeführt, ist der Biber inzwischen zur Plage geworden und der Naturschutz verbietet ein Eingreifen durch den Menschen. Allerorts haben Biber inzwischen durch ihre Dammbauten das Landschaftsbild verändert.

Prachtvolle Magellan-Gans Prachtvolle Magellan-Gans © 2000-2016 Bernd Runde

In einer Lodge wärmen wir uns bei einem heißen Kaffee wieder auf.

Dann heißt es wieder Abschied nehmen. Auch das nächste Ziel ist nur per Flugzeug zu erreichen. Wir fliegen nach Rio Gallegos und durchqueren die eintönige Pampa mit dem Bus westwärts. Auch in Rio Gallegas pfeift ein heftiger und eiskalter Wind. Bei einem kurzen Halt in La Esperanza wärmen wir uns bei einem kleinen Imbiss wieder auf. Allerdings ahnen wir noch nicht, welche Wetter sich über den Anden zusammenbrauen.

Unser Ziel ist die kleine Stadt El Calafate am zweitgrößten See Südamerikas, dem Lago Argentino mit dem ‘Los Glaciares’-Nationalpark.

In Calafate an der Laguna Nimes In Calafate an der Laguna Nimes © 2000-2016 Bernd Runde

Als wir in Calafate unser Quartier für die nächsten drei Nächte und den Lago Argentino erreichen, haben sich die schwarzen Wolken schon wieder verzogen. Am Ufer der ‘Laguna Nimes’, wo sich eine vielseitige Vogelwelt eingefunden hat, vertreten wir uns bei einem Spaziergang etwas die Beine.

Enten auf der Laguna Nimes Enten auf der Laguna Nimes © 2000-2016 Bernd Runde

Im strahlendem Sonnenschein leuchten die schneebedeckten Gipfel der Anden, als wir zu einer spektakulären Bootsfahrt auf dem Lago Argentino aufbrechen. Von Puerto Bandera startet das Boot zum Upsala-Gletscher. Kleinere Eisschollen und riesige Eisbergen treiben auf dem klaren Wasser dieser beeindruckenden wilden Seenlandschaft des Lago Argentino, dem drittgrößten See Südamerikas.

Gegen Mittag am Lago Argentino Gegen Mittag am Lago Argentino © 2000-2016 Bernd Runde

Imposante Eisberge auf dem Lago Argentino Imposante Eisberge auf dem Lago Argentino © 2000-2016 Bernd Runde

In wilder Fahrt gleitet der Katamaran über den See. Immer mehr träge dahintreibende Eisberge tauchen vor uns auf. Die Fahrt verlangsamt sich erst, als wir in unmittelbarer Nähe der mit ihrem unberechenbaren Unterwasserteil Respekt einflößenden Riesen ankommen. In langsamer Fahrt gleiten wir an den blau schimmernden Eismassen vorbei und kreuzen durch das Treibeis vor dem mächtigen Upsala-Gletscher. Die Eisschollen vor dem Upsala-Gletscher sind so kompakt, dass das Schiff nicht bis zur Gletscherzunge fahren kann.

Majestätischer Upsala-Gletscher Majestätischer Upsala-Gletscher © 2000-2016 Bernd Runde

In der Onellibucht legt das Boot an und wir gehen an Land. Nach einem kurzen Fußmarsch stehen wir am Ufer des Onelli-Sees. In ihn münden fünf Gletscher. Diese beeindruckende Kulisse bietet den richtigen Hintergrund, um einen Whisky auf 5.000jährigem Eis zu genießen, den unser Reiseleiter aus seinem unergründlichen kleinen Rucksack hervorzaubert.

Im ewigen Eis am Lago Onelli Im ewigen Eis am Lago Onelli © 2000-2016 Bernd Runde

Unvorstellbare Eismassen bedecken weite Teile der südlichen Anden. So speist zum Beispiel das größte Inlands-Eisfeld der Erde den Perito Moreno-Gletscher, der im Süden in den Lago Argentino fließt. Mit 50 Kilometern Länge und 10 Kilometern Breite gehört er zu den wenigen Gletschern dieser Erde, die zur Zeit noch wachsen. Von der wild zerklüfteten bis zu 77 Meter hohen Kante brechen mit viel Getöse ständig riesige Eisbrocken ab.

Imposante Front des Perito Moreno-Gletscher Imposante Front des Perito Moreno-Gletscher © 2000-2016 Bernd Runde

Ein weiterer Tagesausflug steht auf dem Programm. Unser Ziel ist dieser gewaltige Gletscher. Der Perito-Moreno-Gletscher bietet tatsächlich einen unvergesslichen Anblick. Über Stock und Stein erreichen wir eine Anhöhe gegenüber der 2,3 km Meter breiten Gletscherzunge. Es kracht und knirscht im Eis.

Folkloreabend in Calafate Folkloreabend in Calafate © 2000-2016 Bernd Runde

Mit einem zünftigen Grillabend - Rind und Lamm werden neben dem offenen Grillfeuer gegart - beenden wir, begleitet von den Klängen einer Folkloregruppe, unseren Aufenthalt in Argentinien. Die Grenze zu Chile ist hier nicht weit. Quer durch die Pampa steuern wir auf staubigen Straßen unser nächstes Ziel an, Chile. Schnell haben wir das westliche Nachbarland erreicht.

Wie der Kondor über die Pampa fliegen wir nach Süden Wie der Kondor über die Pampa fliegen wir nach Süden © 2000-2016 Bernd Runde

Chile, das Land mit 4.275 Kilometern Nord-Süd-Ausdehnung

Irgendwo in der gottverlassenen Pampa erreichen wir einen Grenzübergang von Argentinien nach Chile. Auf argentinischer Seite wird gerade das alte Abfertigungsgebäude abgerissen. Die Entsorgung der in Jahrzehnten angesammelten Ein- und Ausreisedokumente übernimmt der Wind, und er tut’s gründlich. Die vormals so wichtigen Dokumente werden vom Sturm über die Pampa getrieben - also ‘vom Winde verweht’.

Der Große Süden

Unmittelbar im Grenzgebiet zu Argentinien liegt der Paine Nationalpark, unser erstes Ziel in Chile. Die höchsten Berge der zerklüfteten südlichen Anden erreichen hier Höhen von über 3.000 Meter. Die Gipfel sind meist bedeckt vom ewigen Eis mächtiger Gletscher und ausgedehnter Schneefelder. In dieser beeindruckenden Landschaft begegnen wir den wilden Guanakos, Nandus und Silberfüchsen.

Guanacos im Paine Nationalpark Guanacos im Paine Nationalpark © 2000-2016 Bernd Runde

Bescherliche Anreise in den Paine Nationalpark Bescherliche Anreise in den Paine Nationalpark © 2000-2016 Bernd Runde

Über staubige Feldwege und enge Brücken erreichen wir unser Tagesziel. Am Rande des Paine-Nationalparks, direkt unter dem beeindruckenden Paine-Massivs beziehen wir auf einer Estanzia Quartier, auf der auch heute noch Pferdezucht betrieben wird, der ‘Refugio Laguna Amarga’. Die markanten Gipfel des Bergmassivs, die ‘Torres del Paine’, die drei Granittürme, denen der Nationalpark seinen Namen verdankt, verhüllen sich mit dichten Wolken.

Die Torres del Paine Die Torres del Paine © 2000-2016 Bernd Runde

Durchs Zimmerfenster sieht es draußen ganz ansprechend aus. Sobald man jedoch einen Fuß vor die Tür setzt, muss man sich einen festen Halt verschaffen. Der Sturm zerrt einem fast die Kleidung vom Leib. Man sollte glauben, dass der Wind auch ‘mal Atem holt. Nicht so in der Pampa, er bläst ohne Unterbrechung den ganzen Tag, rüttelt und zupft auch an den kleinsten Pflanzen und saugt die letzte Feuchtigkeit aus dem sandigen Boden.

Unüberhörbarer Schreihals, der Südamerikanische Kiebitz Unüberhörbarer Schreihals, der Südamerikanische Kiebitz © 2000-2016 Bernd Runde

Guanaco Guanaco © 2000-2016 Bernd Runde

Im Nationalpark erleben wir Natur pur in einer wildromantischen Landschaft. Guanakos, schneebedeckte Berge, niedrig wachsende exotische Blütenpflanzen, windzerzauste knorrige Bäume, Seen voller Gletscherwasser, wild gurgelnde Bäche und schäumende Wasserfälle vermitteln den Eindruck völliger Abgeschiedenheit. Wir umrunden das Paine-Massiv und stehen bald am Fuß der Cuernos del Paine. Eine Wanderung führt uns bis zum See Lago Nordenskold, am Fuße des 3.050 Meter hohen Cuernos del Paine Grande, dem ‘Großen Horn’.

Am Lago Nordenskjold Am Lago Nordenskjold © 2000-2016 Bernd Runde

Auf den vom Sturm gepeitschten Gletscherseen bilden sich weiße Schaumkronen. In einer Lodge, der Hosteria Pehoe, am See ‘Lago Pehoé’ kehren wir zum Mittagsessen ein. Die am Abend aufziehenden dichten Wolken hüllen für ein paar Stunden die Gipfel ein, um am nächsten Tag wieder dem strahlenden Sonnenschein zu weichen.

Durch eine herrliche wilde Bergwelt führt eine Schotterstraße nach Süden. Wir erreichen - eingebettet in eine malerische Fjordlandschaft - Puerto Natales, ein scheußliches Nest, dass nur auf dem Seeweg bzw. über Argentinien erreichbare ist. Die kleine Hafenstadt ist Umschlagplatz aller Güter für die Versorgung des südlichen Chiles.

Heiligenkult und Aberglaube sind es, die viele Menschen hier in der Einsamkeit veranlasst, an vielen Stellen an der Straße nach Punta Arenas, mit einer Wasserflasche die Götter wohl zu stimmen, damit ihnen auf den langen Wegen durch das einsame Land nie das Wasser ausgehen möge und sie allzeit wohlbehalten ihr Ziel erreichen.

Es geht weiter nach Süden. In dem kleinen Dorf ‘Villa Tehuelches’ legen wir eine kurze Pause ein. In der Ferne entdecken wir, wie große Schafherden für die Schur zusammengetrieben werden. Ein Ereignis, das wir uns aus der Nähe ansehen, sind wir doch in einer Region, die von der Schafzucht geprägt wird.

Es sind nur 250 km von Puerto Natales bis Punta Arenas an der Magellanstraße. Die südlichste chilenische Stadt, das einstige Zentrum der Schafzucht in Südchile und auf Feuerland, behauptet heute seine Position als Ausgangspunkt und Basis-Station für Antarktis-Expeditionen. Bei einer Stadtrundfahrt lernen wir etwas über die Gründerfamilien des vorigen Jahrhunderts, die hier im äußersten Süden mit der Schafzucht ihre Vermögen machten. Die Prunkpaläste der Schafbarone beherrschen auch heute noch das Stadtbild.

Wir verlassen den sogenannten ‘Großen Süden’. Die Flugroute folgt zunächst der zerklüfteten Pazifik-Küste, führt über die ausgetrocknete Pampa des südlichen Patagoniens, um dann dem Anden-Hauptkamm nordwärts zu folgen. Unter uns riesige Eisfelder, der Lago Argentino und der Perito Moreno Gletscher, an dessen Abbruchkante wir noch vor wenigen Tagen gestanden haben.

Der ‘Kleine Süden’

Nur wenige Wolkenlöcher gewähren uns einen Blick auf die schnee- und eisbedeckten Anden beim Flug in den ‘Kleinen Süden’ nach Puerto Montt. Wir befinden uns hier im Zentrum des einst von deutschen Auswanderern kolonisierten und besiedelten Gebiets in der Region Mittel-Chile.

Eingerahmt von den im Frühjahr noch schneebedeckten Bergen der westlichen Andenausläufer liegt der Llanquihue-See. An seinem Ufer viele kleine Städte und Dörfer, die Ausgangspunkte der frühen Handelswege ins benachbarte Argentinien waren. Nach einer halbstündigen Busfahrt sind wir in Puerto Varas am Llanquihue-See.

Es ist eine Landschaft, die uns stark an die Heimat erinnert. So muss es auch den ersten deutschen Siedlern gegangen sein. Es sind viele überwiegend aus dem Schwarzwald stammende Deutsche, die sich hier niedergelassen haben. Ganz besonders pflegt man die deutsche Tradition im kleinen Städtchen Frutillar, dokumentiert durch den deutschen Club und ein eindrucksvolles Heimatmuseum. Mit deutschen Geldern wird die Erinnerung an die frühen deutschen Einwanderer hier aufrecht erhalten. Wir besuchen das deutsche Museum und kehren zum Mittagessen im ‘Deutschen Club’ ein.

Eigentlich sieht alles etwas nach Schwarzwald aus. Eine Fahrt zum Allerheiligen-See (Lago Todos los Santos) zeigt uns jedoch, dass wir nicht im Schwarzwald sind. Im Angesicht der Vulkanen Calbuco und Osorno, deren schneebedeckte Gipfel fast immer in Wolken gehüllt sind, fahren wir durch dichten Regenwald, Geröllfelder und vorbei an wilden Wasserfällen.

Ein trügerisches Bild der Idylle. Die den See speisenden Bäche und Flüsse bahnen sich ihren Weg durch Geröll vulkanischen Ursprungs und Lavagestein. Erst 1960 richtete ein schweres Erdbeben verheerende Schäden an. In malerischer Umgebung - nichts verrät seine zerstörerische Kraft - präsentiert sich uns der 2.652 Meter hohe Vulkan Osorno. Er trägt den Beinamen “Fudschijama im Kleinformat”.

Vor dem schneebedeckten Vulkan Osorno Vor dem schneebedeckten Vulkan Osorno © 2000-2016 Bernd Runde

Aus dem höher gelegenen Allerheiligen-See, dem ‘Lago Todos los Santos’, bahnen sich die Wassermassen ihren Weg talwärts. Bevor sie den Lago Llanquihue erreichen, überwinden sie noch die Wasserfälle ‘Saltos de Petrohue’.

Die Atacama-Wüste

Wieder ist unser Ziel nur mit dem Flugzeug zu erreichen. Weitere 1.400 km nördlich - das sind 4.400 km entfernt von Punta Arenas - liegt im Norden Chiles die nächste Station unserer Reise, die Trocken- und Wüstenzonen des ‘Großen Norden’ mit der Wüstenstadt am Meer ‘Antofagasta’, die wir mit Zwischenlandung in Santiago de Chile erreichen.

Das Felsentor beherrscht das Meer vor Antofagasta Das Felsentor beherrscht das Meer vor Antofagasta © 2000-2016 Bernd Runde

Wir genießen noch etwas die Nähe des Meeres. Nur wenige Kilometer landeinwärts, hinter dem Küstengebirge beginnt die heißeste und trockenste Zone dieser Erde, die Atacama-Wüste. Außerhalb der geschäftigen Stadt ist das Felsentor, eine Felsformation in der Gischt des an die Küste rollenden Pazifiks, unser erstes Ziel. Nach einer Übernachtung und einem kurzen Abstecher zum Hafen, wo die Fischer gerade ihren nächtlichen Fang anlanden, erklimmt unser Bus die Küstenkordillere.

Antofagasta vor der steil aufragenden Küstenkordillere Antofagasta vor der steil aufragenden Küstenkordillere © 2000-2016 Bernd Runde

Wir sind in der Atacama-Wüste. Neben der Straße keuchen Güterzüge mit Baumaterial und Kesselwagen voller Schwefelsäure durch die staubige Landschaft. Einst wurde hier Salpeter abgebaut, womit Chile seinen Reichtum begründete. Heute beherrscht die Kupfergewinnung das Geschehen in dieser Einöde. Die langen Züge mit den unzähligen Tankwagen transportieren die dafür notwendige Schwefelsäure durch die staubige Einsamkeit und durch armselige Dörfer.

Vielfältige Landschaft in der Atacama-Wüste Vielfältige Landschaft in der Atacama-Wüste © 2000-2016 Bernd Runde

Hier oben dreht sich alles um die Kupfergewinnung. Umweltschutz kennt man nicht, die Wüste ist so lebensfeindlich, dass einige …zigtausend Tonnen offen auf die alten Abraumhalden geschüttete Schwefelsäure ‘für Niemanden eine Gefährdung darstellen’. Wir besuchen ein Relikt aus der ersten wirtschaftlichen Blüte Chiles, die alte Salpeter-Ruinenstadt Humperstone. Diese Geisterstadt als Relikt aus der großen Salpeterzeit, gehört zwangsläufig zum Programm aller Atacama-Besucher, verbindet sich mit ihr doch die Erinnerung an die unselige Pinochet-Diktatur - sie diente damals jahrelang als Konzentrationslager.

Zum Mittag erreichen wir Calama, schmutziges Zentrum der wirtschaftlichen Blüte dieser Region. Hier, in der ‘Metropole’ des Kupferbergbaus, rauchen die Schlote. Umweltschutz scheint völlig unbekannt, ‘gibt es doch keine zu schützende Umwelt’ erklärt man uns auf Rückfragen. Einigermaßen lebenswert erscheint nur das Ambiente der großen Hotels.

Oase und Reste früherer Inka-Besiedlung Oase und Reste früherer Inka-Besiedlung © 2000-2016 Bernd Runde

Dass in dieser scheinbar lebensfeindlichen Umgebung seit Jahrhunderten Menschen gelebt haben und heute noch leben, ohne zu den künstlichen Gebilden der Bergbausiedlungen zu gehören, erleben wir am Rande der Atacama. Eindrucksvoll wird das dokumentiert beim Besuchen des Dorfes Chui Chui und in einer Oase, in einem von einem unterirdischen Fluss gespeisten grünen Tal in der Nähe. Dass diese unwirtliche Region auch den Inkas nicht unbekannt war, zeigen eindrucksvoll die Reste der riesigen Festungsanlage ‘Pukará del Lasana’.

Die Nachfahren der Ureinwohner dieser unwirtlichen Region - die Atacamenos - genießen heute einige Sonderrechte, sind sie doch die einzigen Menschen, die auf Dauer dem mörderischen Klima standhalten können. Wer sonst will hier schon leben. Heute leben im Tal eine Handvoll Menschen, die für die Museumsverwaltung Restaurationsarbeiten verrichten. In der kleinen Schule lernen einige Kinder die Sprache ihrer Vorfahren.

Eine bedrückende Atmosphäre. Wovon kann man in dieser Einöde bloß existieren? Bäume, Sträucher? Fehlanzeige. Bretter für Türen und Zäune werden aus Kakteenholz gefertigt, aber selbst die Kakteen sind inzwischen rar geworden. In den wenigen Dörfern begegnet man nur wenigen Menschen. Flimmernde Hitze liegt über der Hochebene.

Faszinierende Wüste Faszinierende Wüste © 2000-2016 Bernd Runde

Als touristische Attraktion wird der Besuch des ‘Valle de la Luna’, des Mondtales, gepriesen. Faszinierende Eindrücke von der Wildheit, aber auch von der Trostlosigkeit dieser einmaligen Landschaft vermitteln allerdings auch andere Stellen, wie wir bei einer Wanderung durchs ‘Tal des Todes’ feststellen. Wie Skulpturen von einem anderen Stern türmen sich zerklüftete Felsen auf. Durch die engen Schluchten pfeift der heiße Wind. Nirgends ist auch nur ein Anzeichen von Leben zu entdecken. Eine zweite Fußwanderung in der glühenden Mittagshitze unternehmen einige Wagemutige, als der Bus uns kurz vor ‘San Pedro de Atacama’ vor dem ‘Valle de Diabolos’ absetzt und nach einer Stunde am anderen Ende des Tals wieder einsammelt. Trostloser kann es auch auf dem Mond nicht sein. Der heiße Wind wirbelt roten Staub durch die engen Schluchten und türmt ihn anderswo zu hohen Wanderdünen wieder auf. Ein wahrlich lebensfeindliches Klima.

Man spürt die Gluthitze förmlich Man spürt die Gluthitze förmlich © 2000-2016 Bernd Runde

Nur in einem Ort herrscht rege Betriebsamkeit, in ‘San Pedro de Atacama’, dem touristischen Zentrum der Atacama. Aber auch der, allerdings ganz auf Touristen eingestellte, sonnendurchflutete Markt mit seinem bunten Nebeneinander von Kitsch und Tand, ist einen Bummel wert. Als besondere Touristen-Attraktionen gelten die kleine Dorfkirche ‘San Pedro’ mit ihrem aus Kakteenholz gezimmerten Dachstuhl und das Archäologische Museum des Padre Gustavo Le Paige.

Der Markt in San Pedro de Atacama Der Markt in San Pedro de Atacama © 2000-2016 Bernd Runde

Natürlich gehört zu diesem Wüstentrip auch ein Besuch des Atacama-Salzsees. In einer exklusiven Hostellerie in San Padro de Atacama kehren wir aber zunächst zum Mittagessen ein, bevor wir weiter ziehen. In der heißen Luft stehen Windhosen, als wir von Toconao aus den Atacama Salzsee (Salar de Atacama) erreichen. Für uns sicher der lebensfeindlichste Landstrich, den man sich vorstellen kann. Nicht so für Flamingos und andere Vögel, die in dem nahrhaften Brakwasser der ‘Laguna de Chaxa’ nach Nahrung ‘schnäbeln’.

Flamingo auf Nahrungssuche in der Laguna de Chaxa Flamingo auf Nahrungssuche in der Laguna de Chaxa © 2000-2016 Bernd Runde

Vom Mond in die Hölle. Um 05:00 Uhr morgens - es ist noch stockdunkle Nacht - verlassen wir die Hochebene und brechen zu einer halsbrecherischen Fahrt in die höheren Regionen der Anden auf. Auf Schotterpisten ohne Wegmarkierung, teilweise in halsbrecherischen Serpentinen, geht die Fahrt immer höher hinauf in die Anden-Kordilleren. Pünktlich zum Sonnenaufgang erreichen wir auf 4.280 Meter Höhe den Krater des Tatio-Vulkans. Im riesigen Rund des Vulkankraters zischt kochendes Wasser und heißer Dampf aus unzähligen Ritzen und Löchern in den Morgenhimmel. Geysire schießen ihre Wasserfontänen in die klare Luft des frühen Morgens. Ein schauerlich schöner Anblick. Es ist eiskalt, Wasserlöcher und Pfützen sind von Eis bedeckt. Der Sauerstoffmangel treibt unsere Pumpe zu verstärkter Tätigkeit an. Die Einzigartigkeit der Landschaft lässt aber solche Nebensächlichkeiten in den Hintergrund treten. Ein unvergessliches Bild berauscht unsere Sinne.

Hitze und Dampf am Tatio-Vulkan Hitze und Dampf am Tatio-Vulkan © 2000-2016 Bernd Runde

In der Ferne sind einige Vikunjas zu sehen, die einen riesigen Fluchtabstand halten. Auf der Rückfahrt, nachdem die Sonne schon hoch am Himmel steht, haben wir ein Auge für die in dieser Höhe lebenden Alpacas, die domestizierten größeren Verwandten der Guanakos, und die wilden Chinchillas.

Eine Windhose tobt über die Atacama Eine Windhose tobt über die Atacama © 2000-2016 Bernd Runde

Nach der Rückkehr versammeln wir uns zum Abschiedsessen in Calama, bevor der nächste Flug uns in die chilenische Hauptstadt nach Santiago de Chile bringt.

Chiles Hauptstadt ‘Santiago de Chile’

Welch ein Schock, als wir aus der klaren Bergluft am Tatiovulkan kommend, in das Meer der Häuser und Wolkenkratzer der Metropole Santiago de Chile eintauchen, die man vom ‘Cerro San Cristóbal’, dem 300 Meter hohen Hausberg der Stadt, gut übersehen kann.

Santiago de Chile vom Cerro San Cristóbal Santiago de Chile vom Cerro San Cristóbal © 2000-2016 Bernd Runde

Der zentrale Platz von Santiago ist der ‘Plaza de Armas’, eine kleine Oase in der hektischen Betriebsamkeit der Innenstadt. Zu der herrlichen alten Bausubstanz rings um den Platz gehören die Gebäude der Post aus dem 19. Jahrhundert und die Kathedrale von 1789. Aber ohne moderne Wolkenkratzer kommt heute keine Weltmetropole mehr aus, und die ‘bereichern’ das historische Gesamtbild.

Zu den modernen Errungenschaften der Stadt gehört natürlich auch eine - im Gegensatz zu der von Buenos Aires - gepflegte U-Bahn, mit der man dem oberirdischen Verkehrschaos ausweichen kann. Wir benutzen sie, um den riesigen überdachten Markt der Hauptstadt zu besuchen. Alles aus Garten und Meer, es gibt wohl nichts, was es hier nicht gibt. Gemüse, Obst, Fisch und alles andere essbare Getier aus dem nahen Meer werden unter dem riesigen eisernen Dach der Markthalle feilgeboten. Allein der Augenschmaus ist den Gang durch die riesige Halle wert. Man kann sich allerdings die fangfrischen Köstlichkeiten auch im Marktrestaurant sofort servieren lassen.

In der überdachten Markthalle von Santiago de Chile In der überdachten Markthalle von Santiago de Chile © 2000-2016 Bernd Runde

Auf einer Stadtrundfahrt erfahren wir einiges über Vergangenheit und Aufbruchstimmung der chilenischen Metropole. Den Nachmittag nutzen wir, um etwas zu entspannen und uns auf die letzte Etappe der Reise einzustimmen. Gemütlich lassen wir uns im Hotel-Restaurant ein ausgiebiges Abendessen schmecken. Der Abend im Dachgarten unseres Hotels beendet den Besuch der chilenischen Hauptstadt. Alles geht einmal zu Ende, und so heißt es auch für uns, Abschied nehmen von unserem einzigartigen Reiseleiter Erko und einem faszinierenden Chile.

Tosende Iguassu-Wasserfälle

Noch einmal heißt es früh ‘raus. Schon um 06:00 Uhr werden wir abgeholt und treten den Flug nach Buenos Aires an. Ein letztes Mal grüßen bei diesem Flug die Eisfelder und Schneeberge der Anden zu uns herauf, als wir im Flugzeug Richtung Osten Südamerika überqueren.

Schneebedeckte Gipfel der Anden Schneebedeckte Gipfel der Anden © 2000-2016 Bernd Runde

In Buenos Aires erwartet uns Monika, die örtliche Reiseleiterin, für die Fahrt zum Inlandsflughafen ‘La Plata’. Ein waghalsiges Unterfangen, da in Buenos Aires seit 12 Stunden ein Generalstreik läuft. Mit privat organisierten Pkw versuchen die Reiseveranstalter ihre Gäste zu betreuen.

Wohlbehalten erreichen wir den Inlandsflughafen ‘La Plata’. Dann sitzen wir aber wohlbehalten im Flugzeug nach Iguazu und starten in den äußersten Norden des Landes. Nach knapp 3 Stunden setzt die Maschine im dichten Regenwald des Dreiländerecks Argentinien/Brasilien/Paraguay zur Landung an. Mit Petty, unserer achten (8) lokalen Reiseleiterin, passieren wir bald die Grenze nach Brasilien.

Buntes Leben im Urwald Buntes Leben im Urwald © 2000-2016 Bernd Runde

Die faszinierende Natur lenkt ab von den klimatischen Verhältnissen. Es ist heiß und schwül. Um uns herum bunte Vögel und Schmetterlinge. Aus der Ferne ist ein lautes Donnern zu vernehmen. Ohne langwierige Formalitäten passieren wir die Grenze nach Brasilien und beziehen Quartier im Hotel ‘Las Cataratas’. Dieser vielversprechende Name bezieht sich auf die Lage des Hauses unmittelbar oberhalb der größten amerikanischen Wasserfälle.

Im tropischen Regenwald Im tropischen Regenwald © 2000-2016 Bernd Runde

Es ist wirklich beeindruckend, gegen dieses Naturschauspiel sind die Niagarafälle ein müdes Rinnsal. Besonders auffallend ist aber der Reiz der tropischen Umgebung, keine Autokolonnen und Abgaswolken, nein, Schmetterlinge und kreischende Vögel sind die Akteure in dieser einzigartigen Kulisse.

Die Wassermassen des Iguazu stürzen zu Tal Die Wassermassen des Iguazu stürzen zu Tal © 2000-2016 Bernd Runde

Durch die ständigen Klimawechsel und vermutlich auch die bakterienverseuchten Klimaanlagen der Reisebusse haben wir uns eine Erkältung eingefangen. Obwohl wir uns wahrlich nicht sehr unternehmungslustig fühlen, brechen wir zu einer Tagestour auf. Durch den dichten Urwald wandern wir auf der brasilianischen Seite der Fälle die Promenade am Steilufer entlang. Herrliche Aussichten auf die malerische Kulisse der donnernden Wasserfälle. Am Ende stehen wir unmittelbar unterhalb der tosenden Wassermassen des in die Tiefe stürzenden Iguazu. Mit dem Fahrstuhl geht es auf die obere Plattform.

Einzigartige Kulisse Einzigartige Kulisse © 2000-2016 Bernd Runde

Bei einem Tagesausflug passieren wir noch einmal die Grenze zurück nach Argentinien. Mitten im Dschungel liegen kleine Aluminium-Boote, die uns zum Rand des sogenannten Teufelschlunds bringen sollen. Also geht es zunächst hinaus aufs Wasser, zum eigentlichen Ursprung der Fälle. Ruhig und harmlos strömt er behäbig durch den Urwald, der Rio Iguazu, ehe er unvermittelt auf einer Front von fast 3 Kilometern über eine Felskante bis zu 70 Meter in die Tiefe stürzt. Bei dieser kurzen Bootsfahrt - früher konnte man die Stelle zu Fuß erreichen, aber der eiserne Steg wurde beim letzten Hochwasser weggespült - kommen wir bis zum Teufelsschlund, wohl der spektakulärsten Stelle der Fälle. Erklärungen sind hier draußen überflüssig, wären aber auch zwecklos, das Tosen der Wassermassen übertönt so wie so alle anderen Geräusche.

Wassermassen stürzen in die Schlucht Wassermassen stürzen in die Schlucht © 2000-2016 Bernd Runde

Der Nationalpark ‘Iguazu’ ist der Versuch Argentiniens, die Fälle und die sie umgebende Natur von negativen Umwelteinflüssen und vor Zerstörung zu schützen. Noch ist der Einfluss des üblichen Touristikrummels sehr gering. Eine Künstlerin vermarktet hier ohne Verkaufsstand ihre Fertigkeit, Teller und Fliesen mit den Fingern zu bemalen.

Stundenlang wandern wir auf verschlungenen Wegen durch den Regenwald oberhalb der Fälle und steigen langsam hinab in die Zonen, wo die Wassermassen über die Felskante herabstürzen. Bald stehen wir mitten in der Gischt, die tosenden Fälle über uns und die gurgelnden Wasser des abfließenden Iguazu-Flusses unter uns. Farbenfrohe Regenbogen zaubert die Mittagssonne in die aufstäubende Gischt.

Welche Wassermengen dieses grandiose Naturschauspiel bilden, sieht man allerdings am besten von der brasilianischen Seite aus. Je nach Wasserstand des Flusses sind es 1.700 bis 7.000 Kubikmeter pro Minute, das ist in 3 bis 5 Stunden so viel Wasser, wie die Bewohner von Hann. Münden in einem Jahr verbrauchen.

Ein Tukan versetzt die Vogelkolonie in Aufruhr Ein Tukan versetzt die Vogelkolonie in Aufruhr © 2000-2016 Bernd Runde

Webervogel hat den Nesträuber immer im Auge Webervogel hat den Nesträuber immer im Auge © 2000-2016 Bernd Runde

Um den Augen wieder etwas Entspannung zu bieten, werfen wir noch einen Blick in die Natur und den Regenwald. In einer Palme haben Webervögel eine Kolonie gegründet. Es herrscht reges Treiben in und um die im Baum hängenden Nester. Für helle Aufregung sorgt ein Tukan, der sich mit seinem langen Schnabel zum Nestplünderer entwickelt hat. Unter den Bäumen huschen Nasenbären auf Nahrungssuche durch den Wald.

Nasenbär auf Nahrungssuche Nasenbär auf Nahrungssuche © 2000-2016 Bernd Runde

Ein solcher Tag voller ungewohnter Eindrücke verlangt nach Abwechslung, um die Sinnesorgane wieder auf ‘normal’ einzustellen. Den Abend verbringen wir mit einem ausgiebigen Abendessen im Hotel. Bei brasilianischem Espresso und den wohltuenden Klängen eines Klaviers in der Hotelbar halten wir innere Einkehr und lassen die Bilder des Tages noch einmal Revue passieren.

Wie heißt es so schön, “Wenn es am Schönsten ist, sollte man Schluss machen”. Wie gut, dass wir diesen Abstecher mit ins Programm genommen haben. Es war ein wirklicher Höhepunkt. Auf dem Weg zum Flughafen bummeln wir am Vormittag des nächsten Tages noch durch einen nahegelegenen Vogelpark. Über Sao Paulo, mit mehrstündigem Aufenthalt, treten wir dann den Heimflug an. Einen Tag später landen wir mittags wohlbehalten in Frankfurt.